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Warum predigt ein Geistlicher Hass und unterstützt einen Krieg, statt zu versuchen, Frieden zu schaffen? Ich denke hier an den Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Kirche Kyrill I.

Statt Friedensbotschaften predigt Patriarch Kyrill Loyalität und Hass auf den Westen. Zum Beispiel sagte er in einer Predigt wenige Wochen nach Kriegsbeginn, Russland wolle doch nur die Menschen in der Ostukraine vor Schwulenparaden schützen.

MoonHee beantwortet hier Fragen des alltäglichen Lebens oder Fragen, die ihr schon immer einmal stellen wolltet. In ihrem ersten Beitrag „Wie geht es dir heute? Danke, gut!“ findet ihr mehr Informationen dazu.

Antwort MoonHee:


Da es einfacher ist, schwach als zu stark zu sein, ist es auch einfacher, schlecht als gut zu sein. Wer kennt das nicht? Ganz gleich, welchen Anschein es haben mag: Alles Schlechte resultiert aus Schwäche, Angst und Kleinmütigkeit. Hass oder Böses entfalten sich dort, wo es an wahrer Stärke, Klugheit, Einsicht und Weitsicht fehlt. Der wesentliche Unterschied zwischen Gut und Schlecht ist, dass das Gute nicht auf sich selbst verweist. Im idealsten Fall weiß das Gute nichts von Gutem. Im Matthäus-Evangelium lesen wir: „Lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut.“

Wird das Gute jedoch als solches thematisiert oder besonders herausgestellt, ist es nur noch in der Abgrenzung zum Schlechten gut. Nicht mehr eins mit sich selbst, wandelt sich das Gute jetzt in einen Gegensatz von Richtig und Falsch. Doch wo Gegensätze sind, kann es kein Richtig geben. Die Natur des Gegensätzlichen ist Widersprüchlichkeit, und es liegt in der Natur des Menschen, Widersprüchliches zu bekämpfen oder zu negieren, indem die eine Seite erhöht, die andere erniedrigt wird. Je weniger wir mit uns selbst nicht im Guten bzw. im Reinen sind, desto größer die Gefahr, in Extreme zu fallen. Die Folgen von Radikalität sind Gewalt und Fanatismus.

Die völlige Verblendung und Verdrehung objektiver Tatsachen zugunsten der eigenen Ich-Wahrnehmung ist eine narzisstische Störung. Sicherlich schlummert in uns allen der Wunsch nach Bewunderung, doch gepaart mit Selbsterhöhung, Überempfindlichkeit gegen Kritik und Mangel an Empathie ist das Resultat ein Mensch, der ungeachtet von Gut und Böse – um zu sein – nach Macht und Dominanz strebt. Nach dem Motto Der Staat oder das Gesetz bin ich, ist das gut und richtig, was er als gut und richtig bestimmt. Der Größenwahn liegt darin, dass er davon überzeugt ist, zum Wohle aller zu handeln. In der Annahme, die Menschen vor sich selbst zu retten, gebührt ihm auch alle Ehre. Diesem Heilsretter nicht zu huldigen, kommt einem Affront gleich, der mit allen Mitteln unterdrückt werden darf und muss.

Krieg

Fanatiker sind deshalb so gefährlich, weil sie den Bezug zur Wirklichkeit verloren haben. Sie kämpfen nicht – wie sie glauben – heroisch gegen äußere Dämonen, sondern gegen innere. Da Narzissten auf sich selbst fokussiert sind, stellt der Narzissmus eine Beziehungsstörung dar. Die einzige Beziehung, die der Narzisst kennt, ist die zu sich selbst. In dieser ist er aber nicht Herr seiner selbst. Vielmehr ist er gefangen und verschlossen in sich selbst, wo er weder frei zu fühlen, zu denken noch zu handeln vermag. Getrieben von Zwängen und Ängsten, besonders und außergewöhnlich zu sein, ist ihm jegliche Selbstbestimmung fremd. Selbst nicht frei, unterdrückt und tyrannisiert er ganz selbstverständlich seine Umwelt. In seiner Ich-Bezogenheit erkennt er nicht, dass Freiheit keine Sache von Macht oder Abkapselung im Sinne einer Selbsterhöhung ist, sondern durch Verbindlichkeit – von selbst – geschieht. Freiheit kann nicht erzwungen werden – dennoch ist sie nur durch Verbundenheit möglich. Indem ich aus freien Stücken in Beziehung zu anderen trete und ein gleichwertiges Mit- und Füreinander fördere, erfahre ich wahre Freiheit. Gleichheit und die Fähigkeit zum Dialog sind Bedingungen der Freiheit. In dem Maße, wie ich zu Austausch, Kommunikation und Anteilnahme fähig bin, bin ich frei. Je unfreier ich bin, desto mehr unterliege ich Zwängen. Und wo Zwänge sind, ist immer auch Angst. Da die Angst klein und schwach hält, ist sie ein schlechter Lebensbegleiter und ein noch schlechterer Berater.

„Sieg brütet Hass aus; die Besiegten leben in Not. Die Friedfertigen leben glücklich, indem sie Sieg und Niederlage aufgeben.“ (Dhammapada) Allein der innerlich Starke kann von Sieg und Niederlage loslassen, und allein der Freie erkennt, was wahrhaftig richtig oder falsch ist.

Weitere Fragen & Antworten von MoonHee Fischer finden Sie hier.

Sie haben eine Frage? Schreiben Sie an m.fischer@ursachewirkung.com

Bilder Teaser und Text© Pexel
Bild Header © Sigurd Döppel 

Dr. phil. MoonHee Fischer

Dr. phil. MoonHee Fischer

„Was eines ist, ist eines. Was nicht eines ist, ist ebenfalls eines.“ (Zhuangzi) Jenseits eines dualistischen Denkens, im Nichtgeist, gibt es weder das Eine noch ein Anderes. Wo das Eine sich von einem Zweiten abgrenzt, ist keine Einheit, sondern Zweiheit. Die Erfah-rung des Einen – ich bin al...
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