In Zentralindien, etwa 600 Kilometer südöstlich von Neu-Delhi, liegt eine ausgedehnte Tempelanlage mit dem Namen „Khajuraho“.
Dabei handelt es sich um 25 Einzelgebäude. Die Hindu- und Jain-Tempel sind ein Überbleibsel einer noch viel größeren Anlage. Einst umfasste sie 85 Heiligtümer auf einem über zwanzig Quadratkilometer großen Areal. Die Tempelanlage wurde im 10. Jahrhundert innerhalb eines Zeitraums von ungefähr 160 Jahren errichtet. Sie ist UNESCO-Weltkulturerbe und berühmt für ihre erotischen Skulpturen. Dass in Khajuraho Hindu- neben Jain-Tempeln standen, weist auf eine Tradition der Akzeptanz und des Respekts für verschiedene religiöse Ansichten unter Hindus und Jains in der Region hin. Bis ins 15. Jahrhundert kam es dann immer wieder zu Zerstörungen, bis die Tempelanlage vergessen wurde und überwucherte.
Erst im 19. Jahrhundert entdeckte ein britischer Landvermesser die Tempel neu und machte sie der Weltöffentlichkeit bekannt. Die Tempel sind mit mehreren Tausend Skulpturen geschmückt. Etwa zehn Prozent von ihnen widmen sich sexueller Themen: sich windende Nymphen mit breiten Hüften und prallen Brüsten, ineinander verschlungene Liebespaare und ganze Gruppen, die sich der Lust hingeben. Insgesamt stellen die Skulpturen die verschiedenen Aspekte des spirituellen und profanen Lebens dar. Die engen Umarmungen der Liebenden stehen dabei auch symbolisch für die Wiedervereinigung gegensätzlicher Prinzipien.
Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 116: „Leben, lieben, lachen"
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