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Leben

Roland Nyanabodhi erzählt über seine tiefe Auseinandersetzung mit dem Buddhismus sowohl als Mönch als auch als Laie.

U\W: Wie sind Sie zum Buddhismus gekommen?

Roland Nyanabodhi: Über meinen Bruder und einen Freund. Sie hatten die buddhistische Nonne Ayya Khema während einer Asienreise auf Bali kennengelernt. Sie waren sehr inspiriert. Zu der Zeit meditierte ich schon, und so nahmen sie mich zum nächsten Retreat von Ayya Khema in Österreich mit. Dort bin ich zum ersten Mal tiefer mit dem Buddhismus im Kontakt gekommen. Ihr pragmatischer Ansatz hat mich sehr angesprochen. Man hat ganz genau gesagt bekommen, was zu tun ist und was das Ergebnis sein wird. Sie gab auch sehr klare Erklärungen zur Meditation und unterstrich immer die Selbstverantwortung.

Wie hat Ihr Leben zu der Zeit ausgesehen?

Ich war 29 Jahre und hatte ein Studium der Innenarchitektur abgeschlossen. Mit Freunden, die alle meditierten, war ich in einer Firma als Landschaftsgärtner tätig. So konnte ich Beruf und spirituellen Austausch verbinden.

Wie ging es weiter?

Ich habe immer wieder Kurse bei Ayya Khema besucht, und als sie beschloss, statt dem ständigen Reisen ein Zentrum zu gründen, war ich sofort mit dabei. So entstand das Buddha-Haus, in dem 1989 das Kursprogramm begann. Ich habe dort an der Seite von Ayya Khema gewohnt und sie in allem unterstützt.

Mönch

Foto © Schule des Herzens

Wann haben Sie beschlossen, Mönch zu werden?

Ayya Khema war an Krebs erkrankt, und als es ihr Ende 1992 immer schlechter ging und sie sich zu einer Operation entschloss, wussten wir nicht, wie lange sie noch zu leben hatte. Ich spielte damals schon längere Zeit mit dem Gedanken, Mönch zu werden. Mein größter Wunsch war, dass meine Lehrerin die Ordination durchführt. So musste es zeitnah geschehen. Für die Ordination brauchten wir auch einen Mönch, da es die Tradition so verlangt. Durch Zufall kam Bhante Sanghasena aus Ladakh nach Deutschland und suchte Ayya Khema auf, denn er wollte sie für sein neu eröffnetes Meditationszentrum gewinnen. Er erklärte sich bereit, mich gemeinsam mit Ayya Khema zu ordinieren. Am 24. Januar 1993 war es dann so weit und ich wurde zum Samanera in der Theravada-Tradition ordiniert.

Hat sich Ihr Leben danach geändert?

Nicht so dramatisch, mein Commitment war vorher auch schon sehr groß. Es war vielleicht ein weiterer Schritt, meinen Weg noch etwas konsequenter zu gehen.

Mönch

Sie lebten weiter im Buddha-Haus?

Anfangs schon. Später wollten wir neben dem Kurshaus noch einen neuen Ort schaffen, eine neue Art von Kloster, die dem westlichen Kulturkreis und der heutigen Zeit entsprechen sollte. Im Jahr 1995 haben wir im Allgäu dafür einen Platz gefunden, und die „Metta Vihara“ wurde im Sommer 1997 eröffnet. Im November 1997 ist Ayya Khema verstorben. So stand ich plötzlich als ihr Nachfolger mit unserer gemeinsamen Idee allein da. Es war eine große Herausforderung und nicht so einfach, für alles verantwortlich zu sein. Der Platz hat sich aber trotzdem ganz gut entwickelt. Allerdings entstand nie eine größere ordinierte Sangha. Ich lebte dort mit unterschiedlichen Besetzungen von Mönchen.

Dann kam ein großer Wandel?

Ja, im Jahr 2020. Die beiden Mönche, die dort mit mir gewohnt hatten, begannen jeweils einen neuen Lebensabschnitt. Da kam die Frage auf, wie es bei mir weitergehen sollte. Der Beginn der Coronapandemie war ebenfalls zu dieser Zeit, mit der eigenartigen Energie des ersten Lockdowns, in dem plötzlich alles stillstand. Da wurde mir auf einmal klar: Es ist was Neues angesagt, ein neuer Lebensabschnitt – und den wollte ich zusammen mit meiner jetzigen Partnerin beschreiten.

Nach wie vielen Jahren als Mönch war das?

… nach 27 Jahren. Für mich war es der richtige Schritt, und ich habe ihn mit Vertrauen und Mut gemacht. Diese neue Erfahrung ist für mich sehr wertvoll und wichtig. Gleichzeitig waren die 27 Jahre als Mönch eine sehr bereichernde Zeit, die ich nicht missen möchte. Ein großer Erfahrungsschatz, für den ich sehr dankbar bin.

Wie hat Ihre Umgebung auf Ihren Schritt reagiert?

Die Menschen, die mir nahe sind und mich lange begleiteten, fanden diesen Schritt sehr stimmig, auch wenn es für manche vielleicht etwas überraschend kam. Ich wirke, laut Rückmeldungen, jetzt entspannter und auch natürlicher als vorher. Für mich ist es wichtig, auf die eigene Praxis und die Tiefe meines Commitments zu schauen. Ich habe nicht das Gefühl, durch diesen Schritt meinen Weg weniger konsequent zu beschreiten als zuvor. Eine Veränderung hat stattgefunden, aber das Dharma steht weiterhin im Mittelpunkt meines Lebens.

Was waren die Herausforderungen dieser Veränderungen?

Schwierig war, dass manche den Schritt vom Mönch zum „Laien“ als Rückschritt betrachteten und die Projektionsfläche, die ich als „heiliger Mönch“ darstellte, für manche zusammenbrach. Auch, dass die Idee beendet war, ein Waldkloster für die heutige Zeit und unseren Kulturkreis zu schaffen, wurde nicht von allen positiv aufgenommen. Jetzt ist die Metta Vihara ein Retreatzentrum und nach wie vor ein wunderbarer Naturplatz zum Vertiefen des Dharma. Spirituell betreut wird sie von Lehrenden aus der Tradition von Ayya Khema, zu denen ich auch gehöre. Noch eine Veränderung, die stattgefunden hat, ist mein Blick auf die samsarische Welt.

Wie meinen Sie das?

Meine Haltung gegenüber der samsarischen Welt hat sich verändert: Ja, sie ist voller Leid, aber ich sehe sie auch als wunderbares Geschenk, durch das wir unendlich viele Erfahrungen machen können und auch ein ganz tiefes Verstehen möglich wird. Ich würde sagen, meine Haltung ist jetzt positiver und bejahender dem Leben gegenüber. Ich will nicht mehr mit aller Gewalt raus aus der samsarischen Welt, sondern die Schönheit allen Seins erleben, ohne darin verhaftet zu sein – ein großes Übungsfeld.

Hat sich Ihre Praxis geändert?

Das kommt darauf an, was man unter Praxis versteht. Momentan liegt der Fokus meiner Praxis darin, zusammen mit meiner Partnerin Tanja „Die Schule des Herzens“ aufzubauen. Es ist eine alte Idee, welche ich schon mit Ayya Khema hatte. Da fließt momentan viel Energie und Freude hinein. Der Schwerpunkt des Projekts liegt auf der Entfaltung des Herzens, einer Kraft, die momentan am allerdringendsten in der Welt gebraucht wird.   

Wenn wir Herz und Geist wieder in Einklang bringen, entsteht eine neue Balance, und damit ein heilsames Energiefeld, mit dem wir wieder in Harmonie mit allem Leben sein können. Das ist Freiheit und Frieden, nach denen wir uns alle sehnen.


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 120: „Lebendiger Buddhismus"

UW120


Roland Nyanabodhi, Meditations- und Dharma-Lehrer. Weitere Informationen zur Schule des Herzens: www.nyanabodhi.de

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Ester Platzer

Ester Platzer

Ester Platzer, lebt in Wien und ist Mitglied der Chefredaktion bei Ursache\Wirkung. Davor lebte und arbeitete sie viele Jahre in Ostafrika. Ester absolvierte ihr Magisterstudium in internationaler Entwicklung an der Universität Wien.
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