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Leben

Wie die drei Geistesgifte Verblendung, Gier und Hass sich als Geld, Profitstreben und Konkurrenz zeigen.

In den vom griechischen Dichter Anakreon zusammengestellten anonymen Liedern heißt es: „Von Adel hält die Liebe nichts, tritt Weisheit, Lebensart mit Füßen. Aufs Geld allein blickt sie. Verflucht sei, wer als erster das Geld einst liebgewonnen! (…) Es vernichtet uns, die wir wahrhaft lieben!“ Man kann zahllose weitere Zitate finden, die nur ein Thema haben: Die zerstörerische Wirkung des Geldes. Das Geld ist wie ein Magnet. Es zieht alle anderen Dinge, auch die Liebe, magisch an und lenkt unser Streben nur auf das Eine. Es ist dieses Streben, diese magnetische Wirkung, die in ihrem Windschatten immer wieder Geldnöte hervorruft.
Geld ist vergänglich. Es funktioniert nur, wenn man es ausgibt. Doch gerade dadurch wird es weniger und wir müssen uns erneut bemühen, an Geld zu gelangen. Aus einer buddhistischen Perspektive ist das allerdings gar kein unbekannter Prozess: Die Welt wird regiert durch drei Geistesgifte: Unwissenheit, Gier und Hass. Das Geld ist die verkörperte Unwissenheit. Unsere gegenseitige Abhängigkeit organisieren wir nicht durch Vernunft und Dialog, sondern wir handeln vereinzelt und streben nach Geld, das durch Kauf und Verkauf unsere Handlungen und Wünsche blind verknüpft. Das Streben nach Geld wird zur Geldgier, die in ihrer Vielfalt aufeinandertrifft und in der Konkurrenz Hass und Abneigung hervorbringt. Die drei Geistesgifte Verblendung, Gier und Hass erscheinen als Geld, Profitstreben und Konkurrenz. Und wir sind mittendrin, sollen uns darin zurechtfinden.
Um ein Leben in der globalen Geldwirtschaft zu bewältigen, ist es vor allem wichtig, dieses Wesen des Geldes zu verstehen. Kein Geld zu haben ist nicht etwas, das auf eigenes Verschulden zurückgeht. Es gehört zur Natur des Geldes, dass viele nur wenig davon haben. Einige haben allerdings kaum Bedenken und setzen alle erdenklichen Mittel ein, um an Geld zu gelangen. Das Geld ist abstrakt. Wer seine Herkunft ethisch beurteilt, hat schon verloren. Es macht gleichgültig. Um Gewinn zu maximieren, sind Skrupel hinderlich: die Skrupel, Leute zu entlassen, Standorte zu verlagern, Beamte zu bestechen, Testergebnisse zu fälschen. Die Medien sind voll davon. Gleichgültig, ob es um Sport oder Autos, Limonade oder Waffen geht, jedes Mittel, jedes Produkt ist recht, sofern sich dadurch eine hohe Rendite erzielen lässt. Die Finanzmärkte haben sich wie ein Krebsgeschwür über all diese Prozesse gelegt, um sie mit vielfältigen Betrugsmanövern – Leerverkäufe, Robotrading, Derivate, um nur einige zu nennen – in einem abgehobenen System der Geldtitel auszusaugen. Die Politik begünstigt diesen Prozess und möchte nun auch die Wirtschaft in Europa dem US-Finanzsystem durch völlige Liberalisierung der Märkte, wie etwa durch die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), zur noch leichteren Beherrschung überantworten.
Warum diese düstere Diagnose? Man muss zuerst wissen, wie die Welt aussieht, in der man sich bewegt und darin seine Probleme zu bewältigen versucht, ohne sich dabei in Geldnöten schuldig zu fühlen. Die erste Erkenntnis lautet: Es gibt in der Welt kein Bleiben, am allerwenigsten in der Geld- und Finanzwelt. Die zweite Erkenntnis, eng damit verknüpft: Geld ist keine dauerhafte Substanz. Sein Wert beruht auf dem Glauben aller, dass dieses Papier einen Wert hat, um dann auf der Grundlage dieses Glaubens zu kaufen und zu verkaufen. Und weil es alle tun, hat Papier vorübergehend einen Wert. Eher kurzlebig an den Börsen, länger dauernd, aber gewiss nicht ewig, als Währung (Dollar, Euro, Yuan, Yen). Geld ist eine Illusion mit beschränkter Haltbarkeit. Sie platzt regelmäßig an den Börsen, gelegentlich in ganzen Nationen. Dagegen gibt es kein Mittel. Niemand kann eine Illusion in eine dauerhafte Substanz verwandeln.
Was bedeutet das praktisch für uns, die wir in diesem Irrsinn leben müssen? Erstens ist keine Geldform ‚sicher‘. Lebensversicherungen versprachen Verzinsung; doch die Rettungsversuche der Zentralbanken für das Banksystem und um die Aktionäre zu erfreuen haben langfristige Papiere immer wertloser gemacht. Pleiten sind absehbar. Die Rentenversicherungen stehen vor demselben Problem. Wer Schulden macht, weil die Zinsen niedrig sind, freut sich noch über niedrige Zinskosten. Doch beim nächsten Crash, wie etwa schon 2007, werden die Bankzinsen ungeachtet der Maßnahmen der Zentralbanken steigen, Kredite immer teurer und irgendwann unbezahlbar. Bargeld zu horten wird bald unmöglich gemacht, denn Geldscheine sollen abgeschafft werden. Man kann versuchen, auf elektronische Währungen ohne Banken auszuweichen, zum Beispiel Bitcoins. Doch deren Kurse schwanken rapide und erzeugen nur noch mehr Unsicherheit.
Also auf das Geld als Geld zu vertrauen, erzeugt nur noch mehr Leiden. Aber wie steht es um ‚reale Werte‘? Reflexartig ruft man hier nach ‚Immobilien‘. Nun, die Krise 2008 wurde durch den Zusammenbruch des Immobilienmarktes ausgelöst. Viele Häuser wurden völlig wertlos und stehen teilweise immer noch leer. Auch die Bausubstanz ist – buddhistisch gesprochen – ‚leer‘, bietet also keine Sicherheit. Die manipulativen Geschäftspraktiken, beherrscht von den Finanzmärkten, haben auch die ‚Realwirtschaft‘ immer mehr in Mitleidenschaft gezogen. Deutschland und Österreich sind hier noch relativ glücklich dran. Die USA haben es vorgemacht, viele Menschen entlassen und die Produktion nach China oder Mexiko verlagert, wo nur Niedriglöhne bezahlt werden. Der ‚Job‘ ist also alles andere als sicher als Folge dieser Geldprozesse. Was die USA vorgemacht haben, könnte – nicht zuletzt durch TTIP – Europa bald heimsuchen, nicht nur in Griechenland und Italien.
Wie kann man in diesem Wirbelsturm – von größeren Krisen und Kriegen einmal ganz abgesehen – eigentlich noch vernünftig, ganz zu schweigen von glücklich leben? Die erste Regel für den Umgang mit Geld lautet schlicht: Die Bedürfnisse immer ein klein wenig geringer halten, als Einkommen zur Verfügung steht. Ich weiß, das klingt irgendwann zynisch – wenn man sich der Armutsgrenze nähert. Aber davon sind viele in Europa noch ein gutes Stück entfernt. Zweitens darf man nicht auf die Sprüche der Anlageberater hereinfallen, die gerne von ‚langfristigen‘ Anlagen sprechen – Lebensversicherungen, Aktienpakete, Immobilienfonds und Ähnliches. Die alte Börsenregel, Aktien kaufen, sich schlafen legen und einfach jährlich die Dividende kassieren, dürfen wir im Umfeld heutiger globaler Finanzmärkte vergessen. Ein Aktienpaket ist schneller entwertet, als es die hysterischen Kommentatoren im Internet bemerken. Drittens – vor allem – die Verlockungen der Konsumwelt konsequent meiden. Die hier geweckten Begierden haben nie Befriedigung und Glück zum Ziel, sondern immer nur die Kreditkarte der Kunden im Blick. Hier hilft die Erkenntnis, dass wir nicht aus Neid und Aggression gegeneinander kämpfen müssen, sondern nur durch Verbundenheit, durch Mitgefühl Glück erlangen. Wer dem Geld vertraut, der wird es bald lieben, seinen Mangel, die Geldnot, hassen. Und solch falsche Liebe, wie der eingangs zitierte Dichter sagte, vernichtet uns, genauer unser eigentliches Wesen: Liebe und Mitgefühl.
Wir alle müssen noch am Markt teilnehmen, das heißt, immer auch wieder an Geld als Eintrittskarte gelangen. Doch das kann und darf nicht der zentrale Fokus eines Lebens sein. Es gilt zu erkennen, dass wir uns durch den Konsum nur in berechnende Geldsubjekte verwandeln. Das ist – buddhistisch gesagt – eine Verblendung zweiter Ordnung. Nur wer sein Leben konsequent außerhalb der Geldbeziehungen definiert, kann noch Glück finden, das den Namen verdient. Mitgefühl und Vernunft sind hierzu das Mittel. Deshalb mein Tipp zum Geld: Möglichst vieles darum herum meiden. Hier nur tun, was unbedingt sein muss. Wenig Geld zu haben ist keine Schuld, eher eine Tugend, wenn man sich selbst dazu entscheidet. Und wer genug davon hat, kann ja etwas abgeben. Auch darin liegt ein Glück. Vor allem aber: Man darf die Entscheidungen über das Geld nicht denen überlassen, die es bereits kontrollieren. Die Politik kann – bei aller Macht der Finanzmärkte – hier doch einiges bewirken. Der Massenprotest gegen TTIP und die Banken lässt hoffen.

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Dr. Karl-Heinz Brodbeck

Dr. Karl-Heinz Brodbeck

Prof. em. Dr. Karl-Heinz Brodbeck war bis 2014 Professor für Wirtschaftswissenschaften an der FH Würzburg und der Hochschule für Politik, München. Er ist Dharma-Praktizierender seit über 40 Jahren, beeinflusst vor allem durch Theorie und Praxis des Mādhyamaka-Systems. Zahlreiche Publikationen,...
Kommentare  
# Hubert Pfeifhofer 2018-01-09 20:44
Die Gier ist der schlimmste Virus-Krankheitserreger der den Planeten Erde befallen hat!!! Leider!!! Ommmmmmmmmmm
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# Uwe Meisenbacher 2019-04-14 15:10
Wird das Wirtschaftssystem wie das zur Zeit global praktizierende, beibehalten,,
in dem starkes Wirtschaftswachstum und Profitmaximierung das bestimmende Element ist;
dann kann der von den Menschen verursachte Klimawandel und die in Zusammenhang stehende Zerstörung der für uns Lebensnotwendigen natürlichen Umwelt (Ökosysteme) nicht gestoppt werden, dann wird sich die Menschheit selbstzerstörerisch abschaffen.
Laut einer UNO Prognose wird die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2100, auf
ca. 11,2 Milliarden wachsen.
Die Überbevölkerungsentwicklung auf der Erde ist natürlich auch ein entscheidender negativer Faktor, für die Zerstörung der globalen Ökosysteme.
Wer hier den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nicht erkennen kann,
der muss schon sehr verblendet sein.
So kann und darf es nicht weiter gehen, wir Menschen müssen
mehr Aktivitäten entwickeln, um solche rücksichtslosen, selbstzerstörerischen Verhaltensweisen zu verändern.


Mit freundlichen, aberglaubensfreien, und frei von Gier nach Profitmaximierung, heilsamen, buddhistischen Grüßen, auf eine bessere Zukunft.
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