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Offenbar war ich schon als Baby am Meer, und das war wohl der Beginn einer lebenslangen unstillbaren Liebe zu diesem Element, die nur durch die zur Musik übertroffen wird.

Am vergangenen Wochenende habe ich noch einmal getankt - Meer getankt. Denn auch wenn ich hier nur zehn Gehminuten vom Strand entfernt arbeite, bedeutet das nicht, dass ich jeden Tag die Wellen sehe oder höre. Umso wichtiger ist es für mich, wenigstens am Wochenende - so es das Wetter zulässt - meine Zehen in den Sand zu graben und mit diesem gewaltigen Element eins zu werden.

Mir wurde erzählt, dass ich schon als Baby ans Mittelmeer gebracht wurde. Ich erinnere mich an das zweite Mal, vor allem auch, weil ich dort meine erste Portion Spaghetti Vongole gegessen habe - erst mit Skepsis, doch dann mit endloser Begeisterung, die bis zum heutigen Tag anhält. Woran ich mich auch erinnere, ist, dass ich mich ständig gefragt habe, woher diese Liebe zum Meer kommt, warum es einfach mindestens einmal im Jahr sein muss, dass ich die Weite erfahre. Denn früher war ich oft enttäuscht von dem Ausblick. Der Grund dafür war, dass ich in Filmen Ansichten davon bekam, die mit Musik untermalt waren. Und wenn ich dann selbst aufs Meer geschaut habe, war da kein einziger Ton außer dem Wellenrauschen und manchmal auch Menschenstimmen. Dann kam der Walkman und alles danach, was er angestoßen hat. Und plötzlich waren beide großen Lieben wundersam vereint.

Seitdem habe ich meine Musik an viele Strände dieser Welt getragen und durfte nahezu unendliche Momente dieser Vereinigung erleben. Dass ich in einem dieser Momente einen Mann erleben durfte, der sich im Takt zur Musik in meinen Ohren bewegte, ohne sie zu hören, war einer der magischsten Augenblicke in meinem Leben. Neben ihm sitzend aufs Meer zu schauen und auf einmal den Strand auch ohne Musik in mich aufnehmen zu können, zeigt seine persönlichen Qualitäten. Denn er hat auf mich eine ähnliche Wirkung wie das Meer: Beide beruhigen mein Inneres.

Gleichmut

Normalerweise bin ich ständig am Tun und Machen, Nachdenken und Überlegen, Planen und Verwerfen. Das ist meine Natur, weil ich eben glaube, dass ein Leben gestaltet werden will. Und das tue ich mit anhaltender Begeisterung, völlig unabhängig vom Alter. Schließlich gibt es in jeder Lebensphase etwas, was ich gestalten kann. Manchmal allerdings werde auch ich müde, weil das Kreieren ja auch ständige Aufmerksamkeit erfordert, um Chancen erkennen und ausarbeiten zu können, beispielsweise. Und nicht selten verhärtet sich da etwas in meinem Inneren. Das merke ich vor allem daran, dass ich keine Entscheidungen mehr treffen kann, weil Wenn und Aber in meinem Kopf Tango tanzen. Und dann ist es Zeit fürs Meer.

Es ist zum einen die Bewegung am Strand, die mich wieder in den berühmten Flow bringt. Schon allein, dass ich achtsam gehe auf der nachgebenden Unterlage, bringt mich in den Augenblick. Dann die Wellen, die in gleichmäßigem Rhythmus vor- und zurückschwingen, wild und unbändig, aber auch sanft und geduldig. Nichts hält sie davon ab, mit Gleichmut ihrer Wege zu gehen. Und das färbt auf mich ab. Zum einen brechen sie dadurch meine inneren Verkrustungen auf, zum anderen beruhigen sie meine Bedenken, die ich immer wieder gerne in ihre Richtung schicke und mir denke: „Nehmt sie ruhig mit, ich will sie gerade nicht mehr.“ Der Wind trägt das Seinige dazu bei, diesen Prozess zu beschleunigen, und wenn ich dann am anderen Ende des Strands angekommen bin, fühle ich mich leichter, leerer. In einer guten Art und Weise.

Seit vielen Jahren habe ich diesen Traum, einmal am Meer eine Bleibe zu finden, in der ich diese Therapie permanent leben kann. Wichtig ist dabei der Blick aufs Meer, auf dieses Vor und Zurück, das mich und meine Gedanken schaukelt und zur Ruhe bringt. Doch wenn es um die Verwirklichung dieses Traumes geht, tanze ich wieder Tango. Deshalb habe ich jetzt beschlossen, wieder einmal einen Wunschzettel ans Universum zu schreiben mit der Bitte, diesen Ort zu finden und zu erschließen. Bei meinem Mann hat diese Methode nach jahrelangen Gleichmutübungen an den Stränden dieser Welt ja auch geklappt. Ich werde berichten.

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Bilder © Pixabay

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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