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Über Komplimente lässt sich trefflich streiten. Und eigentlich auch wieder nicht. Denn selbst wenn sie mit einem Hintergedanken ausgesprochen werden, kann man sich trotzdem darüber freuen.

Am Wochenende habe ich in meinem bevorzugten Café beobachtet, wie zwei Frauen sich von Tisch zu Tisch Komplimente zugeworfen haben. Und nein, es machte nicht den Anschein, als würden sie sich kennen. Das ist ja auch nicht notwendig, zumindest nicht in meiner Welt. Denn was mir vordringlich im Verhältnis von Frau zu Frau scheint: Es wird Zeit, dass wir die Stutenbissigkeit hinter uns lassen und endlich freundlich miteinander umgehen.

Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich damit angefangen habe, Menschen Komplimente zu machen. Vermutlich eines Tages an der Supermarktkasse, als dort wieder ein griesgrämiger Mensch saß, dessen Laune wohl buchstäblich runtergepiepst worden war. Ich könnte das auch nur schwer aushalten, weshalb ich meinen Teil dazu beitragen wollte, dass er sich zumindest gesehen fühlt. „Random act of kindness“ würde das wohl eine Freundin von mir nennen, die ebenfalls eine Spezialistin darin ist, andere Frauen aufzubauen. Und selbst viele Möglichkeiten anbietet, um sie zu komplimentieren.

Vor Jahren hatte ich eine Diskussion mit meinem Ex, der Komplimente weder machte noch aushielt. Fürs Protokoll: Inzwischen hat sich das ein wenig geändert, zumindest was die Wortspenden angeht. Doch damals konnte ihn niemand davon abbringen, dass ein Kompliment immer auch eine versuchte Manipulation sei. Und vielleicht mag das ja auch ab und an stimmen, vor allem im Geschlechterkontext. Doch wie mir scheint, ist der Grad zwischen Kompliment und Anmache oder gar sexueller Belästigung heutzutage sehr individuell und äußerst fließend, was die Geschlechteranbahnung in unseren Breiten nicht gerade einfacher macht. Doch das ist ein anderes Thema.

Komplimente

Wenn ich recht darüber nachdenke, ist ein Kompliment tatsächlich eine Art versuchter Beeinflussung. Manipulation hingegen nicht – zumindest nicht in meiner Welt. Denn ich persönlich habe gar nichts davon, wenn ich einer anderen Frau etwas Nettes sage. Außer dass sich vielleicht die positive Energie dieses Planeten erhöht, doch wissenschaftlich gemessen werden kann das vermutlich (noch) nicht. Wenn ich Komplimente verteile, dann deshalb, weil ich möchte, dass sich mein Gegenüber ihrer Pracht und ihrer Persönlichkeit bewusst wird. Denn das vergessen wir Frauen nur allzu gerne zwischen Alltagsorganisation, Beziehungsarbeit und Beruf. Was dann stets passiert, ist, dass ein Lächeln auftaucht zwischen den Sorgenfalten, mit denen wir vielfach unter die Leute gehen. Dass ein Glanz unter den Lidern aufblitzt, die zwar oft sorgfältig geschminkt sind, doch viel zu häufig strahlenden Augen den Weg verstellen.

Das Kompliment am Wochenende galt einer Frau, die sich in fortgeschrittenem Alter zu einer sehr außergewöhnlichen Frisur ermutigt hatte. Als „normal“ wird in diesem Alter manchen Frauen nur ein pfiffiger Kurzhaarschnitt zugestanden, im besten Fall in irgendeiner Haarfarbe, die nicht die ihre ist. Diese Frau hatte kurze und lange Haare, trug eine Brille mit roter Fassung und orangefarbene, lange Fingernägel. Als sie das Lokal verließ, entdeckte ich an ihren Füßen High Heels, mit denen ich keinen einzigen Schritt machen könnte. Beeindruckend! Nicht dass ich eine Verfechterin von farbigen Fingerenden oder füßeplagendem Schuhwerk wäre – es ging mir um die Haltung. Und die war eine, aus der Vorbildwirkung strahlt. Nämlich dergestalt, dass man auch in fortgeschrittenem Alter tun und lassen kann, was man will. Weil es den anderen wurscht zu sein hat. Und genau das ist vielfach eine Attitüde, die zu Komplimenten reizt.

Wir alle wollen tun und lassen, was uns in den Sinn kommt. Doch vielen fehlt das Bewusstsein, der Mut und/oder die innere Unabhängigkeit. Und genau das möchte ich mit meinen positiven Aussagen stärken. Und sollte mir jemand vorwerfen, dass ich mich auf Äußerlichkeiten fokussiere: Oft bleibt nicht die Zeit, um einen faszinierenden Menschen kennenzulernen. Sollte mich das abhalten, ihm oder ihr trotzdem ein gutes Gefühl zu schenken? Nein. Wenn wir jemanden in unser Leben lassen, arbeiten wir uns meistens von außen nach innen. Eine meiner Lehrerinnen sagte immer: „Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.“ Und diesen ersten Eindruck möchte ich auf angenehme und freundliche Art spiegeln. Wenn man durch die äußeren Schichten durchgedrungen ist, werden die Komplimente natürlich vielfältiger und damit auch der Strauß an Möglichkeiten, Frauen zu stärken. Denn wenn wir uns ehrlich sind: Frauen schauen zwar nach Männern, aber im Grunde viel mehr nach Frauen. Und dort Wertschätzung zu streuen, ist für mich essenzieller Teil meines Alltags. Versuchen Sie es mal!

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Bilder © Pixabay

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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