Es wird langsam, auch weil mir ein Teil der Schnupfenlast genommen wurde – leider! Bei manchen Menschen geht es eben nicht ohne Rudelkuscheln.
Auch wenn ich vorsichtig war: Sie sind dann doch übergesprungen, diese Schnupfenschlümpfe. Und deshalb ist das Paket mit all den Hilfsmitteln, die ich letzte Woche an dieser Stelle ausgebreitet habe, schon halb gepackt. Nein, nicht mit meiner gebrauchten Nasendusche – das schlechte Gewissen hat mich eine neue kaufen lassen. Außerdem benötige ich meine ja noch, denn die vierzehn Tage sind ja noch nicht vorüber. Allerdings kann ich wieder gut schlafen, ich jage weniger Meersalzlösung über meine Schleimhäute, und der herabschauende Hund geht auch schon wieder, ohne dass sich währenddessen die Nase in Blitzgeschwindigkeit verschließt. Also alles gut!
Und im Grund sogar supergut, denn ich war seit sieben Jahren wieder beim Blutabnehmen. Nicht dass ich so besonders neugierig darauf gewesen wäre, aber mein Hausarzt verabschiedet sich in die Pension, und ich wollte ihn vorher noch einmal sehen. Zumindest zur Hälfte, denn mein Angebot, uns frisch getestet ohne Mundschutz zu begegnen, hat er abgelehnt. Verständlich, denn wer möchte denn den Ruhestand mit einem Virenkrönchen beginnen? Er bestimmt nicht. Wie ich überhaupt im Grunde immer schon das Gefühl hatte, dass er ganz gut auf sich achten, sprich sich ganz gut von den Irrungen und Wirrungen der (medizinischen) Welt, wahlweise seiner Patienten, distanzieren kann. Und ich mochte auch die heitere Gelassenheit, mit der er mir stets begegnet ist. Ich habe ja durchaus kreative Erklärungen für manche Krankheiten, mit denen ich auch nicht hinter dem Berg gehalten habe, wenn er vor mir saß. Nachdem mein Vater als gesundheitstechnologischer Sparringspartner irgendwann einmal ausgefallen war, musste mein Hausarzt herhalten. Und irgendwie hatte ich oft das Gefühl, dass ihn meine Theorien auch amüsiert haben – als Ausgleich zu den sonstigen Menschen, die er tagtäglich gesehen hat. Wusste er, dass ich bestimmt wieder mit einer Abstrusität daherkommen würde, war mir klar, dass er jedes Zipperlein mit dem Rauchen argumentieren würde. Vergessen werde ich ihm nie, dass er mir eine schulmedizinische Erklärung für den Leberhusten geliefert hat. Leider habe ich sie schon wieder vergessen, aber ich weiß jetzt, dass es eine gibt. Hilft auch schon.
Wir gehen auseinander mit – abgesehen von schnupfenbedingt erhöhten Leukozyten – dem besten Blutbefund seit Jahrzehnten. Und jetzt geht für mich die Suche nach einer medizinischen Fachkraft wieder los, die mit mir kompatibel ist. Mein Hausarzt meinte zwar, dass das überbewertet werde, aber er hat ja auch leicht reden – wir haben uns wirklich von Anfang an gut verstanden. Für mich ist das wichtig, weil ich einerseits wenig zum Reichtum eines Arztes oder einer Ärztin beitrage – da will ich wenigstens ein Lichtblick sein können. Andererseits kann ich als Patientin eine Plage sein, weil ich nur schwer etwas Schulmedizinisches widerspruchslos akzeptiere. Ich erinnere mich an den Besuch bei einem Orthopäden, der irgendwann einmal sagte: „Ich glaube, Sie nehmen mich nicht ernst.“ Eine medizinische Fachkraft zu finden, die so in sich ruht, dass sie alternative Sichtweisen akzeptiert, wird wohl eine Herausforderung werden.
Mein Hausarzt hat mir die Tochter eines Kollegen empfohlen, die die Praxis übernommen hat. Und vielleicht ist die Zeit jetzt wirklich reif dafür, meine Gesundheit in die Hände einer Frau zu legen. Einfach nur, um zu schauen, ob sie durch ihr Alter eine andere Herangehensweise an das Thema Gesundheitserhaltung hat. Oder von ihrem Vater und den medizinischen Prägungen die Krankheitssicht auf den Menschen übernommen hat. Ob sie auf das Gesamtsystem schaut oder eher an Reparaturarbeiten interessiert ist. Ich traue jungen Menschen gerne viel zu, und sie haben mich selten bis nie enttäuscht. Dass die vermutlich neue Hausärztin ein Diplom in psychosomatischer Medizin hat, klingt schon einmal gut.
Weitere Beiträge von Claudia Dabringer finden Sie hier.
Bilder © Pixabay