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Wir machen es uns einfach nicht bewusst: wie sehr die Welt unsere Langsamkeit – im besten Sinne verstanden – braucht.

Da wir die Welt sind, nicht als Ausdruck von Größenwahn und heroischer Einsamkeit, sondern im Wissen um unsere tiefe Zugehörigkeit zum Netz des Lebens, brauchen wir sie auch, diese aufmerksame Langsamkeit, eine Geschwindigkeit, in der Babys und alte Menschen sich wohlfühlen, ein Tempo, das uns Käfer und Grashalme wahrnehmen lässt.

Um das Heilsame zu erfahren, müssen wir Menschenwesen innehalten, und dies am besten regelmäßig. Heute früh fand ich die Gehmeditation, die ich betont langsam machte, da mein Körper noch schlaftrunken und steif war. Dieser genoss diese Extraportion an liebevoller Achtsamkeit, Achtsamkeit auf das Aufsetzen und Abrollen der linken Fußsohle, auf die völlige Verlagerung des Gewichts auf die linke Körperseite, durch die ein mächtiges Fließen geht, bis weit in die Erde hinein. Und dann fließen die Säfte empor, in den rechten Fuß hinein, woher sollte sonst die Kraft für diesen nächsten Schritt kommen, der uns in Bewegung hält, denn früher oder später bewegen wir uns auf etwas zu, von etwas weg. Oder wir bewegen unsere Hände, unsere Arme auf etwas zu, hier ist es die Tastatur des Computers, und meine Finger tanzen nach einer vorgegebenen Choreografie.
Ich halte inne und spüre diesem Bild nach. Lege die Hände in meinem Schoß zusammen, während ich an einem niedrigen Tisch knie, auf dem Meditationskissen. Jetzt bewegt mich der Atem, der mich immer bewegt, er bewegt mich, weil ich ihn wahrnehme, ich möchte die Arme, Hände und Finger entspannen und die Köstlichkeit des noch frischen Morgens in meinem Meditationsraum, dem „Kleinen Tempel“, erfahren. Ein freudvolles Sinken der Schultern pflanzt sich entspannend durch den Körper fort, und ich denke dankbar an die Morgenmeditation zurück, mit zwei Frauen, die mich virtuell besuchten, heute von 7 bis 8:30 Uhr. Eine musste absagen, weil ihre kleinen Kinder krank seien, schrieb sie. Wir anderen drei schlossen sie mit ein in unser Sitzen, unseren Kreis, unsere Gebete.

Welt
Viertel vor zehn läutet die Nikolaikirche in Kessenich durch die geöffnete Dachluke. Kirchenglocken strukturierten den Alltag unserer Vorfahren. Die Jahreszeiten und die Gezeiten unseres Lebens halfen und helfen uns immer noch dabei, unseren Weg zu gehen in ein bedeutsames Mit-uns-und-anderen und In-der-Welt-sein. Doch wie schwer ist es geworden, Augusthitze hinzunehmen und uns zu verlangsamen, uns an den Früchten des Feldes zu erfreuen und in Gedanken und Taten schon für Herbst und Winter vorauszudenken.

Auch wenn die Temperaturen unerträglich sind und scheinen: Sie waren es immer mal wieder, im Juli und August besonders. Gibt es etwas zu lernen, etwas zu genießen darin? Das Licht, das Vitamin D, die leichte Kleidung, die frischen Regentropfen, das Vorhandensein von Wasser zum Trinken und Duschen, nackte Füße auf kühlem Steinboden, auf Holz, im Gras? Zeit zu lesen, zu ruhen, für manche von uns, in den Stunden verlängerter Siesta? Können wir Menschen vielleicht besser verstehen, die seit jeher in manchmal brennend heißen Regionen dieser Erde lebten? Wie sie sich kleiden, Behausungen bauen, wie sie sich ernähren und wie sie sich vor der sengenden Hitze schützen? Viele von ihnen fliehen genau davor, was wir auch fürchten und fürchten müssen als verwundbare Menschen: vor Hitze, Dürre, Wassermangel, Überflutungen, Seuchen und Krankheiten, unzureichendem Essen, noch größer werdender Armut. Aus Kriegsregionen fliehen sie natürlich auch, wer würde das nicht tun, solange seine Füße noch tragen.

Ob wir wollen oder nicht: Es wird wohl stets darum gehen, diesem einen Tag, dem jetzigen, ein Maximum an Sinn und Bedeutung zu geben. Und an andere zu denken, die vielleicht unsere Hilfe brauchen oder wir brauchen sie. Ein Danke sage ich und ein Ja.

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Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
Kommentare  
# Fabienne Moser 2020-08-19 09:06
Waaas, da schätzt jemand " meine " Langsamkeit?!?
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