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Zeit ist das, was man aus ihr macht. Das merke ich gerade deutlich, denn momentan wünsche ich mir wieder ein paar Stunden mehr am Tag. Wie soll das nur werden, wenn der Corona-Urlaub vorbei ist!

Im März hatte ich mich für eine Ausbildung angemeldet, weil ich mit dem Gefühl aus Kapstadt zurück gekommen war, dass es wieder Zeit für Download ist. Doch dann kam das C-Wort dazwischen und meine Ausbildung wurde verschoben. Ob sie nun später oder im Internet stattfinden wird, ist noch unklar. Die für mich wichtige Erkenntnis war allerdings die, dass ich wieder lernen wollte. Und bereit dafür war, weil ich wusste, wohin ich meinen Weg lenken möchte. Begonnen habe ich allerdings mit etwas Unkonventionellem, vielleicht sogar vermeintlich Spiritistischem. Meine Wahl fiel auf etwas, was mir Spass machte, aber trotzdem Subtext lieferte. Ich belegte einen Online-Kurs, der sich mit Kartenlegen als Coaching-Instrument beschäftigte. Noch bin ich nicht ganz durch damit, weil mich neben dem Coaching sehr faszinierte, wie man mit Tarot- und Orakelkarten Geschichten erzählen kann. Mit einem fertigen und drei halben Romanmanuskripten in der Schublade hat das die Autorin in mir sehr gefesselt.

Und weil ich gerade an der Zusammenstellung des dritten „Voll Fünfzig“-Buches mit ausgewählten Beiträgen meiner FREITAG-Kolumnen und an ausgedehnten Zusatzangeboten arbeite, dachte ich mir, dass mein Wissen über Social Media-Marketing durchaus noch ausbaufähig wäre. Also habe ich auch dazu einen Online-Kurs gebucht. Und siehe da, ich habe einen Berg von Arbeit vor mir, auf den ich mich unglaublich freue. Teil dieser Zusatzangebote werden Schreibseminare sein, doch keiner von uns weiß, wie es sich damit künftig verhalten wird. Präsenzworkshops mussten abgesagt werden, und jeder überlegt sich nun, wie er seine Inhalte ins Netz bringen kann, damit ein Miteinander weiterhin möglich ist – neunormal halt. Gesagt. Getan. Wenn ich den aktuellen Kurs zum Online-Lehren abgeschlossen habe, warten schon zwei Aufträge auf mich, die ich ohne das C-Wort bestimmt nicht bekommen hätte. Hurrrrrra!

Doch nicht nur ich lerne. Am positivsten überrascht war ich in den vergangenen Wochen von der Lernbereitschaft und -willigkeit meiner Eltern. Nachdem sie in Tirol beheimatet sind und dort unter Hausarrest gebeten worden waren, hatte ich die Befürchtung, dass vor allem meiner superrege Mutter irgendwann einmal mit nassen Taschentuch und gerauften Haaren beim Videochat gegenübersitzen würde. Weil sie vor Langeweile den Lebensmut verloren hat. Doch mitnichten. Sie kanalisierte endlich wieder ihre Kreativität und begann – früh wie selten – mit origineller Weihnachtsdekoration. Und sie stieg ins Maskennäh-Business ein, was für eine gelernte Schneidermeisterin ja ein Klacks ist. Für meinen pragmatismusdurchdrungenen Vater war die Situation ohnehin kein Problem; alles, was er gerne tut, konnte er weiterhin ohne Einschränkungen machen. Reisen ausgenommen. Unsere Schottlandreise im Juni fällt mit großer Wahrscheinlichkeit in den Ärmelkanal. Ach, reden wir nicht davon.

kreativ

Trotz aller Gelassenheit mit der Tiroler Situation wollte ich meine Eltern zu etwas Neuem inspirieren und habe eine Haiku-Challenge ausgerufen. Zur Erklärung: Ein Haiku ist ein japanisches Kurzgedicht, das aus drei Zeilen besteht. Die erste besteht aus fünf Silben, die zweite aus sieben und die dritte wieder aus fünf Silben. Jeden Tag gibt es ein Thema, demgemäß im Laufe des Tages von uns dreien ein Haiku samt Bild in die Familiengruppe gestellt wird. Sollten Sie nun fragen, was der Sinn hinter dem Ganzen ist, darf ich Ihnen folgendes antworten: Gerade die jetzige Zeit ist wie gemacht dafür, Dinge zu entdecken, die keinem unmittelbaren Nutzen oder Zweck zugeführt werden können. Sondern die einfach nur Freude machen und Verbundenheit schaffen. Das haben meine Eltern verstanden, und ich bin unglaublich stolz auf sie. Abgesehen von einem Tag – O-Ton meines Vaters: „Ich will heute nicht nachdenken.“ - haben wir bislang 48 Gedichte geschrieben. Unser heutiges Thema war beispielsweise „Haustier“. Hier kommen die Ergebnisse:

Mein Lieblingsplatz ist
im Schatten, niemand sieht mich,
ich sehe alles.

Eine Katze als
Haustier kuschelt besonders
auf dem Bauch gerne.

Meine Augen sind
geschlossen, deshalb sehe
ich die Welt auch nicht.

Ich bin überzeugt, Sie können sich die Bilder dazu vorstellen.

Starten Sie doch auch eine kleine Challenge mit Ihren Lieben, fordern Sie sie ruhig ein bisschen! Auch wenn wir jetzt wieder verstärkt shoppen gehen können – ist das wirklich erfüllender als gelebte Kreativität? Bleiben Sie kreativ und gesund!

Weitere Beiträge von Claudia Dabringer finden Sie hier.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Klaus 2020-04-17 08:29
Gut dass Ihre Eltern da so mitmachen! Meine (mit Haus, Garten, Haustieren) beklagen sich fast alltäglich - obwohl sie normal weiterarbeiten dürfen. Das einzige was sich verändert hat, ist die soziale Ebene. Aber jeder nimmt es wohl anders wahr.
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# magclaudiadabringer 2020-05-12 21:55
lieber klaus, meine mutter wundert sich selbst über ihre gelassenheit;-) etwas als chance zu betrachten und das zu schaetzen, was sich vor der eigenen nase tut, ist bei manchen menschen nicht nur eine entscheidung, sondern auch ein prozess - moege er bei ihren eltern auch gelingen!
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