Um es gleich vorauszuschicken: Ich schreibe diese Zeilen nicht, weil ich von Ihnen eine Stellungnahme möchte. Doch über Stellungnahmen freue ich mich trotzdem. Denn es geht heute um Sie und mich.
Seit meinem 100. Blogbeitrag habe ich das Gefühl, dass sich bei meinen wöchentlichen Themen etwas ändert. Und weil ich nicht immer von der schnellen Truppe bin, hatte ich mir vorgenommen, dieses Gefühl zu beobachten. Nicht irgendwie etwas zu erzwingen oder zu forcieren, sondern einfach zu schauen, was daher kommt. Und es kamen eher die scheinbar kleinen Dinge. Jene, die jetzt für eine Frau meines Alters - wie ich sie sehe – nur beschränkt neu, spektakulär oder abgründig waren. Und immer wieder fragte ich mich, ob es das wirklich wert ist, nach außen getragen zu werden.
Nun hatte ich in den vergangenen Tagen zwei Rückmeldungen, die mich darin bestärkten. Eine meinte, dass ich mir etwas Neues einfallen lassen soll, weil sich die Themen dann doch wiederholen. Es folgten Tipps, was man aus dieser Möglichkeit machen könnte. Ich war dankbar dafür, denn oft genug wird man kritisiert, ohne konstruktiv sein zu wollen. Die zweite Rückmeldung bestätigte das Gefühl ebenfalls, meinte aber, dass es doch mit dem Nach-außen-tragen meiner Befindlichkeit jetzt einmal gut sein und ich mich auf andere Projekte konzentrieren sollte. Auch hier sehr wertschätzend und fürsorglich, die Worte. Beide Menschen lesen mehr oder weniger regelmäßig meinen Blog und haben meinen Wandel in den wöchentlichen Zeilen bemerkt.
Dieser Wandel, ja. Es ist immer schwierig, ihn zu beschreiben, denn man weiß nur, was man spürt. Man weiß nicht, wo er einen hinführt, aber man weiß, dass es keinen Weg zurück gibt. Das verunsichert, weil man sich ein wenig wie im luftleeren Raum fühlt. Meine Tarotkarten werfen mir mit überdurchschnittlicher Häufigkeit die „Leere“-Karte auf, die mich am Anfang ängstigte, jetzt aber zeigt, dass eben alles möglich ist. Doch was? Und mit welcher Notwendigkeit sollten Sie sich diese Unbestimmtheit Woche für Woche „reinziehen“? Da können Sie genauso gut Nachrichten schauen und Zeitung lesen.
Und dann war da noch eine andere Rückmeldung. Die besagte, dass dieser Mensch durch das Lesen meiner Zeilen zur Ruhe komme und oft über das Gelesene nachdenke. Mein Ex meinte, dass jeder aus seiner persönlichen Lebenssituation heraus auf meine Frage nach dem Weitermachen oder Loslassen reagiere. Und das stimmt natürlich. Vielleicht „bedienen“ meine Zeilen immer weniger diejenigen, die auf eine actiongeladene 53jährige hoffen, dafür aber Leserinnen und Leser, die sich nach Sammlung sehnen. Und sich im eigenen Wandel begleitet fühlen.
Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Selbst nach dem Lesen der Statistiken nicht, die sagen, dass „FREITAG“ der meistgesuchte Begriff auf der Website ist. Dass der Großteil meiner Leser zwischen 25 und 44 Jahre alt ist, dass die Leserschaft zu zwei Dritteln aus Frauen und einem Drittel aus Männern besteht. „This indecision's bugging me“, singen The Clash. Und ich kann es selbst bei Blog 154 immer noch nicht entscheiden, ob ich für Ihr Leben einen Mehrwert darstelle. Denn am Ende des Tages bin ich ja doch Journalistin, die auf ihre Leser schaut und das nicht zum Selbstzweck macht. Auch wenn jemand kürzlich kommentierte, dass ich mich verkaufe. Auch hier gelten die Worte meines Ex, dass jeder aus seiner persönlichen Lebenssituation heraus reagiert – worauf auch immer.
Während dem Schreiben meiner Morgenseiten heute kam mir dann der Gedanke, den ich zwar sehr oft als Leitlinie anführe, aber offensichtlich in den passenden Momenten dann doch verdränge. Und der mir sehr hilft, weil er mich aus dem Gedankenkarussell rausholt. Er stammt aus dem „Kurs in Wundern“ und sagt: „Wenn Du Dich nicht entscheiden kannst, dann entscheide nichts.“ Und insofern gibt es eben auch diese Woche „FREITAG“. Ich habe in den vergangenen Jahren so viele meiner Zweifel mit Ihnen geteilt, dass ich Ihnen diesen nicht verheimlichen wollte. Auch das fühlt sich sehr nach Wandel an, finden Sie nicht?
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