Was der Mensch noch vermeiden will, da erfährt sich exakt die Vermeidung – so wie das Unvermeidliche. Auch das Unvermeidliche ist ein ungeliebter Schattenanteil menschlichen Daseins.
Wie fühlt sich das Unvermeidliche, die Hilflosigkeit, die Einflusslosigkeit, die Ratlosigkeit, die Kraftlosigkeit, die Antriebslosigkeit, die Trägheit, die Lähmung, die Machtlosigkeit, die Sinnlosigkeit, die Kontrolllosigkeit, die Ohnmacht oder auch der Schmerz an – alles sind Gefühle, die niemand wirklich will, die aber existieren und angesehen werden wollen, wenn sie sich fühlend aufdrängen.
Sie können abgelehnt und weiter bekämpft oder verstanden und integriert werden. Heilung ist Integration (Ganzwerdung). Heilung setzt die Energie und das Bewusstsein inneren Friedens frei. Dann wird der eigene Blick friedlich und mitfühlend.
Die Menschen spüren ganz bewusst Anteilnahme im Außen – wenn sie selber bewusst im Innern auch die Anteilnahme sind. Sie spüren Mitgefühl, wenn sie selber zu Mitgefühl geworden sind. Vorher erwarten sie Mitgefühl oftmals von anderen statt es selber im Herzen zu sein. Selber geben (sein) macht frei. Erwarten hingegen bedeutet Warten und Abhängigkeit.
Gefühle nicht nur ablehnen, sondern auch vermeiden oder gar leugnen zu wollen ist eine Erfahrung der Leugnung auf dem Weg zur inneren Wahrheit. Erst kommt die Erfahrung des Gefühls, dann der Gedanke darüber. Das ungeliebte Gefühl ist dabei der Schatten alles Geliebten und Beliebten.
Wenn sich Gefühle aufdrängen, etwa in Form von Aggressionen, Depressionen, Gefühlsausbrüchen, Angst- oder Panikattacken, dann kann der Verstand sie nicht mehr vermeiden.
Auch Loslassen funktioniert dann nicht mehr. Loslassen setzt tiefe und bewusste Erfahrungen mit dem polaren Zusammenspiel von vergeblichem Loslassen und süchtigem Anhaften voraus. Loslassen mündet irgendwann in tiefe Akzeptanz und Hingabe. Akzeptanz muss der Mensch dann nicht mehr loslassen. Auch Mitgefühl muss dann nicht mehr losgelassen werden, wenn es ist. Es ist – so wie die Liebe ist.