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Leben

Wie finde ich heraus, wer ich bin? Gibt es Tests, die uns dabei unterstützen können? Der österreichische Wirtschaftspsychologe Dr. Othmar Hill über Sinn und Nutzen von Persönlichkeitstests. 

Wie kann ich – psychologisch betrachtet – herausfinden, wer ich bin?
Es gibt mehrere Bereiche, die von entscheidender Bedeutung sind; der wichtigste ist jedoch die Persönlichkeit und woraus sie sich zusammensetzt. Dazu gibt es viele Theorien, die landläufigste ist, dass sich jede Persönlichkeit aus einigen prägnanten Zügen zusammensetzt. Wir haben dafür ein eigenes Kompetenzanalyse-System, die HILL Kompetenzanalyse©, erarbeitet, die die drei wichtigsten Bereiche behandelt: Handlungsdynamik, soziale Kompetenz, psychische Konsistenz und jeweils vier bzw. drei Merkmale abfragt.

Dr. Othmar HillWarum sind gerade diese Komponenten so wichtig?
Es stellt sich die Frage, was ein Mensch in oder aus seinem Leben machen möchte. Hierfür bieten sich sogenannte Berufsinteressenstests an, mit denen wir herausfinden können, ob jemand einen flexiblen oder geregelten Arbeitsplatz, ob er leiten oder unterstellt sein möchte, ob ihn innovative oder konservative Werte ausmachen. Aus diesen Bereichen lässt sich dann das Berufsumfeld ‚ausfindig machen'. Danach kommt die Frage, wo er arbeiten möchte. Wir unterscheiden zwischen sechs Bereichen: Wirtschaft, Technik, Umwelt, Kunst/Kultur, Soziales und Politisches – denn das sind die Basisinteressen.

Ist die Intelligenzausprägung ein ausschlaggebender Faktor in der Berufswahl?
Das ist genau der große Denkfehler, der in der Gesellschaft gerne gemacht wird. Die meisten universitären Studien können ab einem Intelligenzquotienten (IQ) von 90 bewältigt werden. Für das Medizin- und Jus-Studium ist – um ehrlich zu sein – ‚nur' ein gutes Gedächtnis vonnöten. In der westlichen Welt wird alles über die Leistung definiert, das ist aber ein Irrweg. Es ist schon klar, dass jemand, der ein Buchhalter werden möchte, kein Legastheniker sein sollte und bei Technischer Chemie geht es unter einem IQ von 120 auch nicht. Bei uns wird immer die Eignung über die Leistung definiert anstatt über die Neigung. Das ist aber falsch, denn die Neigung ist zu 80 Prozent ausschlaggebend, um im Berufs- oder auch im Privatleben Erfolg zu haben. Bei der Frage „Wer bin ich?" geht es auch immer um die Fragen „Wohin bin ich geneigt?" und „Wofür brennt mein Herz?"

Und was ist, wenn man für keinen der Bereiche brennt?
Dann würde ich eine Psychotherapie vorschlagen, denn dann muss die Seele verstopft sein.

Was hat die Suche nach mir selbst mit meiner Herkunftsgeschichte zu tun?
Die Herkunftsfamilie prägt einfach, unser kultureller und sozialer Background kann nicht ungeschehen gemacht werden.

Was genau versuchen Sie, mit dem Persönlichkeitstest herauszufinden?
Mit einem Persönlichkeitstest lässt sich eruieren, wie eine Person tickt, wie sie konstruiert ist und ob die Person im Vergleich zum Beispiel zu einem bestimmten Berufsbild passend ist. Jemand, der schüchtern ist, sollte sich zum Beispiel eine Schutzzone suchen. Oft geht es ja gar nicht um den Job, sondern jemand möchte einfach wissen, wo er seine Zelte aufstellen soll. Manchmal braucht man dazu eine objektive Analyse. Dies gilt im Übrigen auch für die Partnerwahl. Viele Menschen befinden sich in einem so unglaublich oberflächlichen Modus im Umgang mit sich selbst und mit anderen und merken gar nicht, dass sie sich ‚verrannt' haben. Dies beginnt bei der Wahl des falschen Studiums und hört bei der Wahl des Beziehungspartners auf.

Wie aussagekräftig ist das Ergebnis eines Persönlichkeitstests und wie ganzheitlich wird ein Mensch begutachtet?
Absolviere ich einen Persönlichkeitstest, so ist das Ergebnis um ungefähr 20 Prozent besser, als es ohne Test gewesen wäre. Befragt man Menschen zur eigenen Person, bekommt man nicht mehr als 50 Prozent Wahrheitsgehalt oder objektive Antworten. Nach einer Testsituation sind es immerhin 70 Prozent. Das ist doch ein enormer Vorteil, wenn man bedenkt, dass Lebensentscheidungen – sowohl beruflich als auch privat – oft aufgrund solcher Erkenntnisse getroffen werden.

Dr. Othmar Hill

Was halten Sie von Selbsttests und Checklisten, die sich oft in Zeitschriften und Magazinen befinden?
Gar nichts. Bei uns, müssen Sie sich vorstellen, werden Hunderte Fragen gestellt und die Antworten werden nach wissenschaftlichen Kriterien in einer Analyse mit 1000 Leuten verglichen. Das Ergebnis ist eine mächtige Ortung, nämlich, wo ich bin, was ich bin und wer ich bin.

Was sind die existenziellen Fragen oder Eckpfeiler, die Sie in den Tests abfragen?
Mittels unserer Fragen vergleichen wir immer zwischen Verhalten und Stimmung. Warum? Es ist von enormer Wichtigkeit für jeden Einzelnen herauszufinden, ob er sich verhält, wie er sich fühlt oder nicht. Zweiteres spricht für eine eher unreife Persönlichkeit, die noch einen Reifungsschub notwendig hat. Klaffen also Verhalten und die tatsächliche Stimmung auseinander, macht sich der Betroffene etwas vor und kann deshalb auch keine gesunde bzw. richtige Entscheidung für sein Leben treffen. Das Wichtigste – wie gesagt – ist, dass ein Mensch kongruent agiert und das in jedem Sozialbezug, ob zu Hause mit der Familie oder mit den Kollegen in der Arbeit.

Was raten Sie Menschen, die nicht wissen, wer sie sind und was sie mit ihrem Leben anfangen sollen?
Die Antwort ist leicht: Gehen Sie zu einem Spezialisten und schauen Sie sich das Problem diagnostisch an. Auch ein Coaching, einmal pro Monat, das bei wichtigen Entscheidungen helfen kann, wäre anzudenken.

Wer sind Sie?
Ich bin ein Individuum mit Historie, Gegenwart und Sehnsüchten. Diese müssen in Einklang gebracht werden – je besser ich mich kenne, desto besser kann ich herausfinden, wohin meine ‚Lebens-Reise' geht.

 

Dr. Othmar Hill, geboren, 1948, ist Wirtschafts- und Arbeitspsychologe. Er ist Gründer und Geschäftsführer des renommierten Management-Beratungsunternehmens „HILL International" (mit 40 Büros in rund 30 Ländern) und ist tätig in der Forschung und Entwicklung sowie der Lehre und dem Training. Er unterrichtet in in- und ausländischen Ausbildungsstätten, beteiligt sich publizistisch im fachlichen Diskurs und ist Berater in der UN

 

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Christina Klebl

Christina Klebl

Christina Klebl, 1979, ist ehemalige Chefredakteurin von Ursache\Wirkung. Sie hat Psychologie an der Universität Wien studiert, leitet das Seminarzentrum im Mandalahof und ist Geschäftsführerin des Radiologieinstitut  Bellaria.
Kommentare  
# Albert 2019-03-18 16:10
Ich bin wer ich bin - Meine Vergangenheit prägt mich, aber meine Zukunft entscheide ich.
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# Marianne 2019-03-18 16:11
Meine Taten machen mich zu der Person die ich bin.
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