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Leben

Der bekannte deutsche Glücksforscher Karlheinz Ruckriegel über Glück, Glücksfaktoren und wie sie unser Wohlbefinden steigern können.

Womit beschäftigt sich die Glücksforschung?

In der Glücksforschung beschäftigt man sich mit Glück im Sinne des Glücklichseins, also mit dem subjektiven Wohlbefinden und nicht mit dem ‚Glückhaben', also dem Zufallsglück, wie etwa der Wahrscheinlichkeit eines Lottogewinns.

Was verstehen Sie unter subjektivem Wohlbefinden?

Es gibt zwei Ausprägungen des subjektiven Wohlbefindens. ‚Emotionales Wohlbefinden', das ist die Gefühlslage im Moment, wobei es im Wesentlichen auf das Verhältnis zwischen positiven und negativen Gefühlen im Tagesdurchschnitt ankommt. Hier geht es um das Wohlbefinden, das Menschen erleben, während sie ihr Leben leben.
‚Kognitives Wohlbefinden' ist der Grad der ‚Zufriedenheit' mit dem Leben. Hier findet eine Abwägung statt zwischen dem, was man will, beispielsweise den Zielen, Erwartungen, Wünschen, und dem, was man hat. Es geht also um das Urteil, das Menschen fällen, wenn sie ihr Leben bewerten, wobei es hier entscheidend auf die Ziele ankommt, die Menschen sich setzen. Eine glückliche Person erfreut sich häufig positiver Gefühle und erfährt seltener negative Gefühle im Hier und Jetzt. Sie sieht einen Sinn in ihrem Leben, verfolgt also sinnvolle (Lebens-)Ziele.

Welche Faktoren beeinflussen unser Wohlbefinden?

Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den sogenannten Glücksfaktoren, die die Quelle des subjektiven Wohlbefindens sind. Im Einzelnen wurden von der Glücksforschung einige Faktoren identifiziert, die für das subjektive Wohlbefinden wichtig sind. Dazu gehören gelingende und liebevolle soziale Beziehungen, also Partnerschaft, Familie, Freunde, Kollegen und Nachbarn.
Wichtig ist auch die physische und psychische Gesundheit. Einen Einfluss hat auch das Erwerbsleben oder das Nichterwerbsleben und wie befriedigend es ausfällt. Die innere Haltung eines Menschen im Hinblick auf Lebensziele und Prioritäten sowie Dankbarkeit, Optimismus, Vermeidung von sozialen Vergleichen oder Emotionsmanagement tragen auch zum subjektiven Wohlbefinden bei. Auch die Lebensphilosophie, etwa die Spiritualität, also die persönliche Suche nach dem Sinn des Lebens beziehungsweise die Religiosität einer Person, hat einen entscheidenden Einfluss. Und zuletzt sind auch die Mittel zur Befriedigung der materiellen Bedürfnisse und die finanzielle Sicherheit entscheidend. Die größte Bedeutung jedoch haben die sozialen Kontakte.Glück

Bin ich für mein Wohlbefinden selbst verantwortlich?

Wer etwas dafür tut, glücklicher zu werden, fühlt sich nicht nur subjektiv besser, sondern hat auch mehr Energie und ist kreativer. Er stärkt sein Immunsystem, festigt seine Beziehungen, arbeitet produktiver und erhöht seine Lebenserwartung. Die bekannte amerikanische Psychologin Sonja Lyubomirsky spricht hier von der lohnendsten Anstrengung im Leben.

In welchem Zusammenhang stehen Glück, Zufriedenheit und Wirtschaftswachstum?

Im großen Stil betriebene weltweite Umfragen zur Zufriedenheit seit den 1960er Jahren haben gezeigt, dass es in den westlichen Industrieländern kaum einen Zusammenhang mehr zwischen einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf und der Lebenszufriedenheit, dem ‚kognitiven Wohlbefinden', gibt.
Zum einen passen sich die Ansprüche und Ziele an die tatsächliche Entwicklung an, das heißt, mit steigendem Einkommen steigen auch die Ansprüche, so dass daraus keine größere Zufriedenheit erwächst – die sogenannte hedonistische Tretmühle. Zum anderen ist – sofern die materielle Existenz gesichert ist – weniger das absolute Einkommen, sondern vielmehr das relative Einkommen – das eigene Einkommen im Vergleich zu anderen – für den Einzelnen entscheidend.

Wie wichtig ist eine Work-Life-Balance?

Die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf, Glück und Zufriedenheit sind nicht teilbar. Denn ohne eine hinreichende Work-Life-Balance lässt sich nachhaltig keine Zufriedenheit erzielen. Darunter leiden letztlich auch die Arbeitsergebnisse.

Welchen Einfluss hat die Arbeitsplatzgestaltung auf die Zufriedenheit einer Person?

Im Idealfall sollte die Arbeit weniger Job und mehr Berufung sein. Das Unternehmen kann die Voraussetzungen dafür schaffen, dass eine Arbeit als Berufung begriffen wird und es zu Flow-Erlebnissen kommt. Zu beachten sind die Arbeitsanforderungen, diese müssen quantitativ und qualitativ bewältigbar sein, es geht darum, Über- und Unterforderung zu vermeiden.

Das heißt, die Mitarbeiter gestalten selbst mit?

Die MitarbeiterInnen müssen einen gewissen Einfluss auf den Arbeitsablauf haben. Die Arbeit soll eine Vielzahl von Talenten und Fertigkeiten erfordern. MitarbeiterInnen müssen eine bestimmte Aufgabe ganz, also vom Anfang bis zum Ende, erledigen können und sollen das Gefühl haben, dass ihre Arbeit für andere Menschen eine Bedeutung hat, etwa durch Qualität und Nützlichkeit der Produkte, Umweltverträglichkeit, Unterstützung gesellschaftlicher Projekte im sozialen, wissenschaftlichen und kulturellen Bereich.


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 91: „Mit Buddha zum Glück"

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Was sind Flow-Aktivitäten?

Flow-Aktivitäten sind im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass es sich um herausfordernde Tätigkeiten handelt, für die man besondere Geschicklichkeit braucht und die die Aufmerksamkeit vollständig zu fesseln vermögen. Die Ziele sind deutlich umrissen und es erfolgt eine unmittelbare Rückmeldung. Man kann im Flow alle unangenehmen Aspekte des Lebens vergessen, man geht voll in dieser Tätigkeit auf und die Zeit spielt keine Rolle.

Wie sehen die zentralen Aspekte der Mitarbeiterführung aus?

Mitarbeiterführung ohne soziale Kompetenz geht nicht. Gute Mitarbeiterführung ist von zentraler Bedeutung, um glückliche MitarbeiterInnen zu haben. Wichtig ist es, Interesse am Wohlergehen zu zeigen, sich um die MitarbeiterInnen zu kümmern. Man muss sie und ihre Anliegen ernst nehmen, höflich sein und auf Höflichkeit innerhalb des Teams Wert legen und dies auch durchsetzen. Es gibt noch eine Vielzahl von Punkten, wie etwa Leistungs-Feedback und Anerkennung zeigen oder Weiterbildungsmaßnahmen. Den MitarbeiterInnen Entscheidungsspielräume geben. Als wichtig erachte ich auch die Vorbildfunktion der Führungskräfte sowie Teamarbeit und ein gutes Arbeitsklima. Wie Sie sehen, kommt es also insbesondere auf sozial kompetente Führungskräfte an.

Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel, geboren 1957, studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth. Derzeit lehrt er an der Technischen Universität Nürnberg. Seine Themenschwerpunkte sind VWL, insbesondere Makroökonomie, Behavioral Economics und interdisziplinäre Glücksforschung für Politik, Unternehmen und Organisationen. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe ‚Zufriedenheit' des Denkwerk Zukunft (Prof. Miegel). www.ruckriegel.org
Bilder © Pixabay
Ester Platzer

Ester Platzer

Ester Platzer, 1979, lebt in Wien und ist Mitglied der Chefredaktion bei Ursache\Wirkung. Davor lebte und arbeitete sie viele Jahre in Ostafrika. Ester absolvierte ihr Magisterstudium in internationaler Entwicklung an der Universität Wien.
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