Meditation ist mehr, als nur gemütlich zu sitzen und die Augen zu schließen. Anfänger spüren dies oft schneller, als ihnen lieb ist. Widerstände sind zu erwarten – wichtig ist der Wille, diese zu überwinden.
Meditation bedeutet für die meisten Menschen, zumindest am Anfang, konsequente Übung und ist mit Anstrengung und Disziplin verbunden.
Dinge, die uns Mühe abverlangen, geben wir oft bald wieder auf. Das ist schade, denn die Überwindung der Anfangsschwierigkeiten führt den Praktizierenden nicht nur in Stadien tieferer Meditation, sondern auch in ein befreites und glückliches Leben. Zwischen Meditation und dem alltäglichen Leben bestehen nämlich gesetzmäßige Zusammenhänge, die eben in der Überwindung dieser Widerstände liegen. Jene Meditationsform, die der Buddha unter dem Bodhi-Baum geübt hat, nennen wir die Vipassana- oder Einsichtsmeditation, bei der man im stillen Sitzen den Atem betrachtet und den Geist untersucht. Sie kann als die Basis aller Meditationsformen betrachtet werden. In ihr werden klassischerweise fünf verschiedene Widerstände beschrieben, die in unterschiedlichem Ausmaß bei allen Übenden auftreten. Diese fünf Widerstände finden sich auch in unserem Alltag. Sie hindern uns daran, befreit und erfüllt zu sein. Werden diese Widerstände in der Meditation überwunden, kehrt nicht nur Ruhe und Friede am Sitzkissen ein, sondern im gesamten Leben. Daher ist es außerordentlich wichtig, sich von den Schwierigkeiten nicht entmutigen zu lassen, sondern sich nach und nach von ihnen zu lösen.
1. Müdigkeit und Mattigkeit
2. Unruhe
3. Skeptischer Zweifel
4. Ablehnung und Aversion
5. Sinnenbegehren
1. Widerstand: Müdigkeit und Mattigkeit
Müdigkeit ist, wie wir im Alltag oft merken, nicht ausschließlich körperlich bedingt. Sie tritt nicht nur auf, wenn man tatsächlich wenig geschlafen hat, sondern vor allem in Situationen, die einem uninteressant erscheinen, gegen die man Ablehnung empfindet oder denen man sich – häufig unbewusst – entziehen möchte. Wenn man die Meditation im Sitzen länger übt, kommen alle Menschen an einen Punkt, an dem sie sehr müde werden. Manchen passiert das nur gelegentlich, manche kämpfen jahrelang mit diesem Phänomen. Häufig fällt es schwer, dagegen anzugehen. Eine günstige Methode kann sein, immer wieder einen neuen Entschluss zu fassen: „Ich meditiere jetzt fünf Minuten ganz konzentriert." Falls man dann wieder einschläft, fasst man neuerlich den Entschluss. Das kann sehr anstrengend und kräfteraubend sein – manchmal muss man die Zähne einfach zusammenbeißen. Die Müdigkeit letztendlich zu überwinden heißt auch, sich auf neue Dinge und Sichtweisen einzulassen.
2. Widerstand: Unruhe
Unruhe kann ebenfalls sehr unangenehm sein und in verschiedenen Formen auftreten: Stressende Gedanken schießen einem plötzlich und scheinbar unvermeidbar durch den Kopf: „Das ist Zeitverschwendung." Oder: „Wie soll ich meine Pflichten für diese Woche nur schaffen?" Oder man macht sich Sorgen um die Kinder oder Menschen, die einem nahestehen. Sich zu sorgen bedeutet, mangelndes Vertrauen zu haben. Ganz gleich, ob Sorgen berechtigt oder unberechtigt sind, das ‚Sorgenmachen' an sich bringt nie etwas, ist man doch selbst der Verursacher. Wenn man einen Ausweg aus einer schwierigen Situation weiß, braucht man sich nicht zu sorgen. Sieht man hingegen keinen Ausweg, bringt es erst recht nichts, sich mit derlei zu belasten. In der Meditation kann man diese Mechanismen immer und immer wieder beobachten, bis man eines Tages nicht nur mit dem Denken, sondern mit durchdringender Klarheit erkennt, dass es völlig sinnlos ist, sich zu sorgen.
3. Widerstand: Skeptischer Zweifel
Er gehört zu den intensivsten Widerständen und ist mit einer sehr unangenehmen Form des diskursiven Denkens, dem ständigen ‚Hin- und Herdenken', verbunden. Gedanken, ob denn die Meditation überhaupt das Richtige für einen sei oder ob einem ‚das Ganze' überhaupt etwas Positives bringe, sind typisch für diese Phase. Skeptischer Zweifel ist immer ein Zeichen für Ichbezogenheit und muss vom berechtigten konstruktiven Zweifel streng getrennt werden. Durch beständiges Analysieren, Intellektualisieren und kritisches Hinterfragen baut man sich eine eigene Gedankenwand auf, die zu einem kaum bewältigenden Hindernis werden kann und damit vom wirklichen Leben abhält. Zweifel führt zu Hochmut und Überwertigkeit, die immer wieder in Minderwertigkeit kippt und dadurch wiederum Unzufriedenheit hervorruft. Überwinden lässt sich der skeptische Zweifel, wenn man lernt, sich von der Egozentriertheit zu lösen und Freude, vor allem aber Dankbarkeit zu empfinden. Die Überwindung des skeptischen Zweifels erzeugt Vertrauen – ein enorm wichtiger Schritt, der als so bedeutend erachtet wird, dass die endgültige Überwindung des skeptischen Zweifels als sogenannter ‚Stromeintritt' bezeichnet wird. Das bedeutet, dass es bis zur endgültigen Befreiung zwar noch ein weiter Weg ist, dass man aber nie wieder vor diesen Punkt zurückfallen wird.
4. Widerstand: Ablehnung und Aversion
Damit ist jede Art von Ärger und Zorn gemeint, alle hasserfüllten Gedanken, die während der Meditation plötzlich verstärkt auftreten können. In ihnen wünschen wir einem Menschen Schlechtes oder halten stur an eigenen Meinungen fest, weil wir glauben, völlig im Recht zu sein, während der andere es nicht besser verdient hätte. Dann sollte man sich vor Augen halten, dass es die Bewertung ‚gut' und ‚böse' im Buddhismus gar nicht gibt. Niemand will wirklich böse sein. Die sogenannten ‚Bösen' sind lediglich jene, die die Folgen ihrer Taten weder für sich selbst noch für andere erkennen. Sie sind daher also eher unwissend als böse. Möchte man dennoch eine Bewertung abgeben, erscheint es günstiger, eine Einteilung in ‚heilsam' und ‚unheilsam' oder ‚wissend' und ‚unwissend' vorzunehmen und nicht eine in ‚gut' und ‚böse'. Wenn man jemanden nicht mag, hat das viel mit einem selbst zu tun. Oft ärgern wir uns auch nicht über Situationen, in denen uns tatsächlich etwas angetan wurde, sondern schlichtweg über Kleinigkeiten – weil die Ampel rot ist beispielsweise oder weil die falsche Fußballmannschaft gewonnen hat. All das ist Aversion und begleitet uns sehr lange. Manchmal hilft es bereits, die genauen Zusammenhänge des Vorgehens zu untersuchen, immer jedoch ist es hilfreich, mehr Achtsamkeit zu entwickeln.
5. Widerstand: Sinnenbegehren
Dazu zählen alle Leidenschaften und Süchte, vom Rauchen und Trinken über die Arbeitssucht bis zum ‚Zu-viel-Essen' – das Verlangen nach Sinnenfreuden also. Jedoch sind nicht nur diese großen Begierden gemeint, sondern – wie so oft im Buddhismus – auch noch das allerkleinste Begehren. Dazu gehört im subtilen Bereich bereits die Tatsache, dass wir unsere Sinne immer wieder betätigen wollen. Im Buddhismus geht man davon aus, dass der Mensch sechs Sinne hat, der sechste ist das Denken. Diese Sinne will er nun beständig gebrauchen, er will sehen, hören, berühren, schmecken, riechen und denken. Die meisten Menschen nützen ihre Sinne hauptsächlich zum Zweck der Unterhaltung. Dabei ist es weder schlecht noch falsch, einen guten Film sehen zu wollen, ein interessantes Gespräch zu führen oder gut zu essen. Doch dauerhaftes Begehren hält vom eigentlichen Leben ab und bindet viel Energie im Geist. Wir sehnen uns ununterbrochen nach etwas, von dem wir glauben, dass es uns noch glücklicher machen werde. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass wir nicht glücklich sein sollen oder dürfen. Buddhismus ist keine sinnenfeindliche Lehre. Glück und Freude sind sogar höchste Ziele. Schlecht ist es allerdings, wenn wir uns damit vom Augenblick ablenken lassen und ständig an die Zukunft und die Vergangenheit denken, denn das hindert uns daran, den gegenwärtigen Moment bewusst zu erleben.
Das ist es auch, was mit Samsara, dem Kreislauf der Existenz, den immer wieder gleichen Handlungen, gemeint ist. Samsara bringt uns fortlaufend Leid. Der alltägliche Ärger und die Unzufriedenheit – all das kommt aus unserem Wollen, aus dem Begehren. Im Buddhismus wird vor der Anhaftung am Körperlichen gewarnt, weil uns das ständige Verlangen nach Essen, Unterhaltung, Gesundheit davon abhält, jeden Augenblick des Lebens bewusst zu erfahren.
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