Der Theologe und Philosoph Christoph Quarch hat sich voll und ganz der Aufgabe verschrieben, Philosophie und Spiritualität zu einer ‚erotischen Lebenskunst' zu verschmelzen. Ein kühnes Projekt, das bereits in der Antike von Platon in Angriff genommen worden ist.
Von ihm wurde nicht ganz zu Unrecht behauptet, dass die europäische Philosophietradition als eine Reihe von ‚Fußnoten zu Platon' gelesen werden kann. Platons überaus lesenswertes ‚Symposion' ist eine reizvolle Auseinandersetzung mit Eros, dieser golden geflügelten Liebesgottheit, verfasst im Zuge einer Klimax von sechs Lobreden. Und so verwundert es auch nicht, wenn Quarch in ‚hin & weg' regelmäßig auf diesen antiken Klassiker rekurriert. Für ihn ist es der bedeutsamste Beitrag zur philosophischen Lebenskunst. Bereits in der Schulzeit weckte Platon den philosophischen Eros in ihm, mit weitreichenden Folgen. Eine davon trägt den Titel ‚hin & weg'. Das Werk kann unmissverständlich als eine Aufforderung gelesen werden, sich inspiriert durch die Philosophie ins Leben mit all seinen Höhen und Tiefen zu verlieben und es im Namen des Eros zu feiern. Die Stärke des Autors besteht zweifelsfrei darin, seine Lebenserfahrungen, Reflexionen sowie Erlesenes in einem auffallend persönlich gehaltenen Buch zu verarbeiten. Der persönliche Ton ergibt sich insbesondere dadurch, dass Quarch sich mit seinen Worten direkt an zentrale Figuren aus seinem Leben richtet. So schreibt er mit großer Offenheit an seine frühere Geliebte, einen philosophischen Freund, eine Freundin, seine Ehefrau sowie an die Eltern. Dabei verheimlicht er seine christlichen Wurzeln nicht, etwa wenn es gegen Ende heißt, dass Christsein für ihn bedeutet, ‚sich ins Leben verlieben' und es ‚mit Haut und Haar, mit Leib und Seele, mit Sex und Spiritualität' anzunehmen. Unser Autor spricht sich explizit gegen eine seelenlose Entkopplung von Liebe und Sex aus und für das Leben in festen Partnerschaften. Er betont aber auch, dass es bei einiger ‚erotischer Reife' möglich ist, mit mehr als nur einem Menschen in Liebe verbunden zu sein. Quarch gerät erfreulicherweise nicht ins Abseits des Moralisierens, denn Sex ohne Liebe sei in seinen Augen nichts Verwerfliches, sondern vielmehr ‚traurig, tragisch'. Also ein Plädoyer für ‚Seele & Ich & Sex', wider ‚Ego & Sex'. „Wo Ego war, soll Eros werden!", formuliert er in Anlehnung an Sigmund Freud und konstatiert drei Wege, die den Menschen aus leidhaften Zuständen führen können: der spirituelle, der psychologisch-therapeutische sowie der erotische, welcher laut Quarch ganz besonders die Lebensenergie zu entfachen vermag. Auch Zeitkritisches findet sich in seinen Ausführungen, primär verfasst gegen die Erosion des Eros. So stoßen wir im Zuge der Lektüre auf Sätze wie diesen: „Wir können der fatalen Pornographisierung, Kommerzialisierung und Trivialisierung der Sexualität in unserer Welt nur Einhalt gebieten, wenn wir ihr Mysterium wiederentdecken und sie als ein heiliges, spirituelles Geschehen feiern." Summa summarum eine erbauliche Lektüre, kurzweilig und inspirierend, verfasst von einem modernen Denker mit großem Herzen und authentischem Wirken.
Hommage
Kamphausen 2011
260 Seiten
Rezensent: Christian Rieder
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