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Leben

Über das Reinkarnationssystem der Dalai Lamas und seinen Einfluss auf das politische Schicksal Tibets.

Wer heute an Buddhismus denkt, dem fallen dazu vermutlich zuerst Meditation, Reinkarnation oder der gegenwärtige 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso ein. Dieser soll kundgetan haben, dass ihm die ‚Vorstellung der Wiedergeburt' eigentlich recht gut gefalle. „... dann habe ich nicht das Gefühl, ich muss den Weg in einem Leben vollenden. Dann habe ich nochmals eine Chance", so seine Begründung. Der Friedensnobelpreisträger hat als überaus populäre spirituelle Persönlichkeit wesentlich zur im Westen herrschenden Faszination für den tibetischen Buddhismus und zur Solidarisierung mit seinem Volk beigetragen.UW80SCHW Die Wiedergeburt des

Als Resultat eines Machtkampfes gelang es im 17. Jahrhundert der Gelugpa-Schule unter der Führung der Dalai Lamas, die politische Macht in Tibet zu übernehmen. Gegründet wurde die Gelugpa von Meister Tsong Khapa (1357-1419). Wegen der Farbe ihrer Kopfbedeckung ‚Gelbhüte' genannt, verdanken deren Anhänger ihre Vormachtstellung insbesondere dem dritten Oberhaupt, Sönam Gyatso (1543-1588), der sich an den Hof des mongolischen Herrschers Altan Khan wandte, um eine Patronatsbeziehung mit ihm einzugehen. Von ihm erhielt Sönam Gyatso den Ehrentitel ‚Dalai Lama'. Das mongolische Wort ‚dalai' bedeutet ‚Meer, Ozean' und steht für umfassendes Wissen und Weisheit. Als ‚Lama' wird in Tibet traditionell einfach ein religiöser Lehrer bezeichnet, unabhängig von dessen Schulenzugehörigkeit.

Sönam Gyatso forderte zudem erfolgreich die Ernennung seines Lehrers Gendün Gyatso und von dessen Lehrer Tsong Khapa zum Dalai Lama, weshalb er selbst als dritter von bis heute insgesamt vierzehn Dalai Lamas in die Geschichte Tibets einging. Als Sönam Gyatsos Reinkarnation wurde ein Junge aus der Familie des Altan Khan identifiziert, wodurch der Gelugpa-Schule langfristig die Unterstützung vonseiten der Mongolen gewiss war. Dieser vierte Dalai Lama erhielt den Ordinationsnamen Yönden Gyatso (1589-1617) und lebte in einer Zeit heftiger Kämpfe um die weltliche und religiöse Macht in Tibet. Er wurde nur 27 Jahre alt. Gerüchte kursierten, er sei vergiftet worden.UW80SCHW Die Wiedergeburt des2

Erst seinem Nachfolger, dem ‚Großen Fünften' Dalai Lama Ngawang Lobsang Gyatso (1617-1682), gelang es, Tibet erstmals seit der Königszeit wieder unter einer zentralen Herrschaft zu vereinigen. Er gilt als der politisch einflussreichste unter den frühen Dalai Lamas und war ein herausragender Gelehrter, Yogi und Autor. Lhasa avancierte unter ihm zur kosmopolitischen Hauptstadt Tibets und zu einem bedeutenden Handelszentrum innerhalb Zentralasiens. Er wurde einerseits als die Reinkarnation seiner Vorgänger angesehen, vereinigte in seiner Person aber zusätzlich erstmals noch eine zweite Form der Reinkarnation, nämlich jene nach dem Tulku-Konzept. Konkret soll es die des tibetischen Schutzpatrons Avalokiteshvara gewesen sein.

Bereits die alten tibetischen Religionskönige galten als Erscheinungsformen des Avalokiteshvara. Nach buddhistischem Verständnis ist Letzterer nicht etwa eine Gottheit, sondern die menschliche Erscheinungsform der barmherzigen Bewusstseinskraft des einen universalen Buddha-Bewusstseins. Wiedergeborene religiöse Lehrer beziehungsweise Lamas werden von den Tibetern als ‚Tulkus' (‚Erscheinungskörper') bezeichnet. In der tibetischen Tradition findet sich eine komplexe Methodik zur Auffindung jenes Kindes, in dem der Tulku wiedergeboren worden ist. Eine eigene Findungskommission wird damit beauftragt, bestimmte Faktoren zu untersuchen: Sprüche von befragten Orakeln, Visionen von Kommissionsmitgliedern, meteorologische Zeichen oder Andeutungen des Lehrers vor seinem Ableben können dabei eine Rolle spielen. Besonders kritisch wird vorgegangen, wenn es um die Suche nach einem neuen Dalai Lama geht.UW80SCHW Die Wiedergeburt des3


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 80: „Dalai Lama"

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Ähnlich wie mit dem fünften Dalai Lama kam mit dem 13. Dalai Lama, Thubten Gyatso (1876-1933), ein Dalai Lama an die Macht, der diese auch auszuüben verstand. Dazwischen drängte sich immer wieder der Eindruck eines Verfalls der Macht der Dalai Lamas auf. Thubten Gyatso bemühte sich jedenfalls um eine umfassende Modernisierung des Staates und der Armee. Nach der chinesischen Revolution 1911 gelang es ihm, die vollständige Unabhängigkeit von China zu erwirken. Es folgte eine Periode der Freiheit in Tibet. Diese fand 1950 ihr Ende, als chinesische Truppen in Tibet einmarschierten, um das Land zu ‚befreien'. Dem damals erst 16-jährigen 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso (geb. 1935), wurde als Reaktion darauf noch im selben Jahr die volle Regierungsautorität übertragen. Während des erfolglosen Aufstandes der Tibeter gegen die chinesische Besatzungsmacht flüchtete der Dalai Lama nach Indien. Tausende Landesgenossen folgten ihm.

Rückblickend führte das Reinkarnationssystem der Dalai Lamas nur in Einzelfällen zu relativ stabilen Regierungszeiten. Wohl nur dem dritten, fünften, 13. und 14. Dalai Lama gelang dies. Ganz besonders heikle Zeiten waren stets jene zwischen dem Tod des alten und der Inthronisation des neuen Dalai Lama gewesen. Der Religionswissenschafter und Buddhismus-Experte Michael von Brück folgert daraus: „Von einer ‚Alleinherrschaft' oder einem absolutistischen ‚Gottkönigtum' der Dalai Lamas kann in der tibetischen Geschichte keine Rede sein." Eine ganze Reihe an Dalai Lamas starb auffallend jung und es drängte sich wiederholt der Verdacht auf, dass sie Mordkomplotten zum Opfer gefallen waren. Von der unheilsamen Verbindung von Religion, Politik und Gewalt blieb auch das geheimnisvolle Land im Himalaya nicht verschont und das Reinkarnationssystem muss wohl als ein Faktor gesehen werden, der sich realpolitisch zumindest phasenweise als unvorteilhaft für Tibet erwiesen hat.

Kommentare  
# Uwe Meisenbacher 2018-01-06 15:35
Das Reinkarnationssystem der Dalai Lamas, sollte abgeschafft werden und durch eine demokratisch ausgeführte Volksabstimmung der Tibeter abgelöst werden.
Darüber hinaus wäre nicht nur eine grundsätzliche Reformierung des tibetischen Buddhismus, sondern
des gesamten Buddhismus erforderlich.
2500 Jahre nach Buddhas ableben, sollten die
Buddhisten die überlieferten buddhistischen Weisheiten auf ihre Wirkung und Tauglichkeit
hin, auf die gegenwärtigen Lebenswirklichkeiten
überprüfen.
Und da gibt es einiges an unheilsamen Dogmen und
Aberglauben, wie, Wiedergeburten, Göttern, Dämonen, Höllenhunden, Gespenstern , Jenseitswelten , unsinnigen Ritualen , leeren Zeremonien , übernatürlichen Kräften , Frauenunterunterdrückungen usw.

Mit freundlichen, aberglaubensfreien, buddhistischen
Grüßen
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# Uwe Meisenbacher 2018-01-06 18:23
# Uwe Meisenbacher

und hier noch eine Anmerkung:
Schon der Buddha betonte, dass auch seine eigene Lehre (wie alle Dinge) dem Wandel unterliegt und stets in der Darstellungsform der jeweiligen Zuhörerschaft und ihrem spezifischen historisch-sozialen Kontext angepasst werden muss.
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