Das Leben ist nicht immer einfach. Aber mit Humor geht vieles besser. Ein Plädoyer für die Leichtigkeit.
Mag sein, dass in Zeiten der Pandemie Buddhas Wahrheit vom Leben als Leiden der einen oder dem anderen noch mal in den Sinn kam. Vielleicht sogar mit einem Seufzer: „Wie wahr, wie wahr!“ Dabei ist es das gewiss nicht, was der Buddha mit seiner zentralen These sagen wollte: dass Menschen leiden sollen.
Es wird zwar erlebt, dieses Leiden, wenn man sich der Einsicht in die Vergänglichkeit von allem verweigert. Es wird erlebt, wenn gedacht wird, dass man sich doch auf irgendwas verlassen können muss: den Staat, den Lebenspartner oder der doch recht robusten Gesundheit. Und dann das! Aua. Andererseits zwingt einen niemand, solche Verdrängung einer universellen Wahrheit auf Dauer fortzusetzen. Der Mensch ist zur Einsicht fähig. Einsicht kann keine Schicksalsschläge wegzaubern, aber sie kann das Leiden daran minimieren. Eine der mir liebsten Methoden zur Minimierung des Leidens ist der Humor.
Zum Allerheiligsten, über das man keine Witze macht, gehört für viele Menschen die Religion. Für dem Buddhismus Nahestehende ist eher die Liebe das Allerheiligste. Auch Weisheit und Bewusstheit, kombiniert mit Empathie kandidieren für das Heilige. Das wird ernst genommen. Vor allem die Liebe ist für einen Großteil der säkularen ebenso wie der religiös gebundenen Menschen das Wichtigste im Leben.
Insbesondere gilt das für die Fans von Blockbuster-Filmen und Bestseller-Romanen über die große Liebe. Nach der habe ich so lange gesucht, nun endlich habe ich sie doch hoffentlich in dir gefunden! Wer bei diesen Worten eine Krise wittert, liegt nicht ganz falsch. Das zeigt die Erfahrung. Denn je ernster man die Liebe nimmt, desto mehr geht die Leichtigkeit dabei verloren. Auch die Freude, das Spielerische, die Erotik, das Knistern der Atmosphäre und das zarte Flattern der Schmetterlinge im Bauch, die auch in langjährigen Beziehungen sich manchmal nicht neu verpuppt haben, bleiben irgendwann auf der Strecke.
Ich darf inmitten einer sich wandelnden Welt fröhlich sein.
Kontaktanzeigen erbitten sich zwar „nur ernst gemeinte Zuschriften“, was durch sie gesucht wird, ist jedoch ein Partner mit Humor. Wie schafft mensch diese Quadratur des Kreises? Vielleicht so: Sei zuverlässig in dem, was du mit anderen Menschen vereinbarst, sei dabei aber spielerisch mit deiner Identität, mit dem, wer du bist. Und auch mit dem, was du dir von deinen Liebsten erwartest. Das heißt, welche Bandbreite an Schillern du ihrer Persönlichkeit erlaubst, ohne dass du ausrastest.
In Zeiten persönlicher Krisen und Rückschläge ist man eher geneigt, die vier edlen Wahrheiten des Buddha für wahr und wesentlich zu nehmen. Vor allem die erste ist in solchen Zeiten Balsam für unsere Seelen und Wasser auf die Mühlen unseres Selbstmitleids: An Geburt, Altern, Tod und Krankheit leidet man, und auch an Kummer, Lamentieren, Schmerz und Verzweiflung, an Gesellschaft mit dem Ungeliebten und Entbehren des Geliebten, sprach Buddha in seiner ersten Lehrrede in Sarnath. Hat sich diese Wahrheit nicht in Zeiten von Corona und den Lockdowns mehr denn je bewahrheitet? Vielleicht hat Buddha seine vier Wahrheiten gerade für jetzt ausformuliert? Ja, würde ich sagen. Vielleicht hat er sie gerade für diese schreckliche Coronazeit so formuliert? Nein, würde ich sagen.
Es gibt da nämlich noch einen Zusatz, und das ist die Wahrheit von den Anhaftungen. Wenn man an etwas haftet, ist man nicht frei davon, und dann entsteht Leid. Das gilt für Unglück ebenso wie für Glück. An beidem kann man haften, und dann leidet man sogar unter dem Glück, weil man will, dass es nicht vorübergeht.
Ich kann meine Persönlichkeit in vielen bunten Farben schillern lassen.
Mein Trick mit dem Humor ist folgender: So gut ich kann, hafte ich nicht an meiner persönlichen Identität. So gut ich kann, halte ich mich nicht an dem fest, wofür andere und ich selbst mich halten. Ich bin zwar dieser da, von dem du denkst, dass ich so bin, aber ich bin auch ein anderer. Sogar viele andere bin ich auch noch, von denen du das nicht vermuten würdest, und vielleicht auch ich selbst nicht. Wo ich Verlässlichkeit bieten muss, bin ich immer derselbe, so gut ich das eben hinkriege. Aber nicht überall muss ich verlässlich immer derselbe sein! Auch in Liebes- und Arbeitsbeziehungen kommen Abwechslung und Innovation zuweilen gut an. Sie machen das Leben spannender, das sonst in Routinen erstarren würde. Wie weit kann ich dabei gehen? Gute Frage. Die nächste bitte.
Nein, ich denke, dass sich diese Frage durchaus beantworten lässt. Damit Humor mehr ist als nur eine schlechte Ausrede für Unzuverlässigkeit – „War nur ein Scherz, habs nicht so gemeint“ – braucht es Selbsterkenntnis und Taktgefühl für Ort und Art der Anwendung. Das Verspotten anderer wird ja oft mit Humor verwechselt, aber es bleibt nur Spott. Es tut den Verspotteten weh und ist meist kein Zeichen von Selbstkenntnis, sondern eher eine besserwisserische Ausgrenzung. So was wie Onkel Nolte es in Wilhelm Buschs Bildergeschichte „Die fromme Helene“ sagt: „Ei, ja! – Da bin ich wirklich froh! / Denn, Gott sei Dank! Ich bin nicht so!“ In Wirklichkeit ist man aber genau so; gerade die Spottenden weisen damit gerne etwas von sich, was sie in sich haben, dort aber nicht haben wollen.
Mit Humor geht vieles besser
Um die Selbsterkenntnis kommt man deshalb nicht herum. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute ist, dass sich Humor und Weisheit bei einem hohen Maß von Selbsterforschung und der damit einhergehenden Bescheidenheit, vielleicht sogar Demut, fast von selbst einstellen. Dabei hilft auch die Einsicht, dass ich als Buddhist nicht als eine Inkarnation der edlen Wahrheit vom Leiden herumlaufen muss, um aller Welt zu zeigen, wie sehr Buddha recht hatte. Statt auf die edle Wahrheit von meinem eigenen Jammer zu verweisen, darf ich inmitten einer sich wandelnden Welt fröhlich sein.
Ich kann mich ethisch korrekt verhalten. Das kommt ja auch mir selbst zugute. Und ich kann dabei zugleich meine Persönlichkeit in vielen bunten Farben schillern lassen. Meine Beziehungsdramen müssen keine Tragödien sein, keine Neuinszenierungen von Romeo und Julia. Ich kann an ihnen das Komische erkennen. Ich kann humorvoll lieben und mit den Verrücktheiten meiner Kinder mitgehen, ohne sie gleich zurechtzuweisen. Ich darf auch mir selbst einige Verrücktheiten erlauben.
Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 116: „Leben, lieben, lachen"
Wir verlangen so oft voneinander, ernst genommen zu werden. Ja, einerseits ist es wichtig. Aber wir brauchen auch das Gegenteil: die Freiheit, unernst sein zu dürfen. Sogar, was das Allerheiligste anbelangt. Wenn man etwas hochnimmt, es auf die Schippe nimmt, wird es doch erhöht! So kann es besser gesehen werden – was für eine Form von Respekt! Diesen kann man einander geben. Das ist dann die edle Wahrheit vom Humor.
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