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Leben

Eine Kommunikationsexpertin, eine Achtsamkeitstrainerin und ein buddhistischer Lehrer schauen, was man für gelingende Gespräche braucht.

Was zeichnet gute Kommunikation aus?

Fred von Allmen: Gute Kommunikation bedingt Gewahrsein, das darauf achtet, dass sie ehrlich, nicht verleumderisch und nicht verletzend ist und einem heilsamen Zweck dient.  

Tatjana Lackner: Knapp 300 Milliarden E-Mails werden jeden Tag versandt. Millionen Besprechungen finden live und online statt. Überall auf der Welt wird permanent geredet. Sprache zentriert unser Leben. Dabei ist es mit der Sprache wie mit der Ernährung: Die Menschen reden zu viel, zu fett und zu wahllos. Brillante Gedanken, sprachliche Bilder und klar artikulierte Verstehzusammenhänge samt Zuhörernutzen zeichnen gute Kommunikation aus.

Maren Schneider: Für mich ist es ein wertschätzender, wahrnehmender und bewusster Umgang miteinander, auch jenseits der Worte. Gute Kommunikation bedeutet für mich, sich vollkommen aufeinander einzulassen. Sie ist begleitet von dem Wunsch, wirklich zu verstehen, zu fühlen und an der Welt des Gegenübers teilzunehmen sowie den Gesprächspartner an meiner Welt teilhaben zu lassen.

Wie wichtig ist Zuhören für gelingende Beziehungen?

Von Allmen: Aufmerksames Zuhören ist ein zentrales Element in jedem Kommunikationsprozess. Es ist eine Voraussetzung, damit sich Beziehungen jeder Art entfalten und langfristig lebendig bleiben können.

Lackner: Zuhören ist wichtig. Doch nicht um jeden Preis! Niemand sollte Dampfplauderern unbegrenzt lange lauschen. Zu Recht erwarten wir von Politikern, Trainern, Anwälten, Speakern und Gurus, dass wir mit Erkenntnis belohnt werden, wenn wir ihnen zuhören. Redezeit ist Lebenszeit!

Schneider: Ohne Zuhören, keine Verbindung. Wir leben und reden oft aneinander vorbei. Wirkliches Zuhören ist für mich, wirklich beieinander zu sein, miteinander zu sein, teilzunehmen, wach zu sein, zu fühlen, zu hören. In wirklicher Verbindung zu sein, stärkt die Beziehung.

Gespräche

Welche Rolle spielt das Nonverbale in einem Gespräch?

Von Allmen: Nonverbale Kommunikation hat eine starke Wirkung, die oft gar nicht wahrgenommen wird. Es ist sinnvoll, achtsam zu beobachten, welche Gesichtsausdrücke und Gesten wir benutzen und welche Körperhaltungen wir und die anderen bei Gesprächen einnehmen. Sie verraten Wesentliches über die Motivation hinter den jeweiligen Aussagen.

Lackner: Unsere Körpersprache spricht Bände! Das Weiße Haus und viele andere Regierungen beschäftigen aus gutem Grund Körpersprache-Experten, Profiler und Psychologen. Sie analysieren andere Staatsoberhäupter. Sofort wird erlebbar, wofür sich jemand hält, wie viel Raum er oder sie beansprucht und welche Energie ins Gespräch kommt. Es gibt Menschen, die uns nerven, obwohl sie noch kein Wort gesagt haben.  

Schneider: Wir sprechen mit unserem ganzen Sein, unserer Energie, unserem Körper- und Stimmausdruck. Wir nehmen wahr, ob jemand anwesend oder abwesend, freudig oder niedergeschlagen ist. Worte können lügen. Das Nonverbale ist der Wahrheit meist näher.

Achtsam sprechen, wie geht das?

Von Allmen: Es ist sehr unterstützend, wenn wir beim Sprechen einen Anker für die Achtsamkeit etablieren. Gewahrsein der während der Kommunikation entstehenden Gefühle, in Kontakt mit den entsprechenden Körperempfindungen können uns helfen, präsent zu bleiben.  

Lackner: Immer geht es um WORT-WERT-WAHRHEIT: Jedes Wort hat einen klaren Wert und damit verbunden ist eine gewisse Wahrheit. In der Kommunikation reden wir von der „Semantischen Dichte“: Es braucht richtige Artikulation, gute Atemtechnik, Sinnbetonung und stimmliche Modulation, um achtsam und wirkungsvoll zu sprechen.

Schneider: „Erst denken, dann sprechen“, sagte meine Oma immer. Darin liegt viel Weisheit. Denn erst+ wenn wir die Worte bewusst wählen und sie zusammen mit Wertschätzung, Ruhe und Zugewandtheit verwenden, ist es achtsames Sprechen.

Gespräche

Es geht nicht immer ohne Streit aus. Worauf sollte man bei Konflikten achten?

Von Allmen: Achtsamkeit, die stark genug ist, weg vom Inhalt eines Streitgespräches zum Kontakt mit den unmittelbaren Gefühlen zu gelangen, kann eine Eskalation verhindern. Die unangenehmen Gefühle müssen ausgehalten werden, bis sie verklingen und die Angelegenheit losgelassen werden kann, ohne noch irgendwie nachtragend zu sein. 

Lackner: Die gewaltfreie Attitüde wirkt bemüht, aber die Welt ist nicht gewaltfrei. Gute Streitkultur ist deshalb essenziell. Wer zwischen der Killerphrase und dem Konflikt gelernt hat zu unterscheiden, der reagiert gelassener. Sympathie ist Trumpf, nicht Moral und Pathos!

Schneider: Für mich ist der Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation dabei sehr hilfreich. Ich-Botschaften, Beobachtungen teilen ohne Interpretationen und der Verzicht auf Unterstellungen und Vorwürfe. Emotionen, die da sind, annehmen und akzeptieren.


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 115: „Rede mit mir!"

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Fred von Allmen praktiziert und lehrt seit über vierzig Jahren buddhistische Meditation und ist als Autor tätig. Er ist Mitbegründer und im Stiftungsrat des Meditations­zentrums Beatenberg. www.fredvonallmen.ch

Dr. Tatjana Lackner ist Kommunikationsstrategin, Sprecherin, Kolumnistin, Autorin und betreibt einen Podcast mit dem Titel „Talk mit Tatjana“. Vor knapp dreißig Jahren hat sie „DIE SCHULE DES SPRECHENS“ in Wien gegründet. Dort arbeiten heute 46 Trainer. www.sprechen.com

Maren Schneider, praktiziert seit 1997 Achtsamkeitsmeditation und tibetischen Buddhismus. Als Heilpraktikerin für Psychotherapie, MBSR-/MBCT-Lehrerin und Buchautorin lebt und arbeitet sie in Düsseldorf. www.achtsamkeit-online-akademie.de

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Redaktion Ursache\Wirkung

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Hier finden Sie Beiträge, die das Ergebniss einer gemeinsamen Arbeit sind. Die Redaktion von Ursache\Wirkung hat hier zusammengearbeitet und diese Texte gemeinsam realisiert. 
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