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Leben

Jeder hat Probleme, die Wurzeln dafür liegen oft im eigenen Selbst. Buddhistisches Geistestraining ist ein Weg, die eigene Egozentrik zu überwinden. Das Ziel heißt Gelassenheit.

Würde man Menschen fragen, worum es im Leben geht, dann würden die meisten wohl antworten, dass sie glücklich sein wollen. Das Problem dabei: Meist stehen diesem Ziel Hindernisse im Weg. Konflikte mit anderen zum Beispiel, ein Mangel an Liebe oder Geld, mit zunehmendem Alter Krankheiten, die ein sorgenfreies Dasein verhindern.

Äußere Faktoren als Wurzel allen Unglücks? Wer sich mit buddhistischem Geistestraining befasst, wird schnell erkennen, dass die Gründe für Unzufriedenheit häufig im eigenen Ich begründet sind. Zwar ist der Buddhismus keine Psychotherapie, doch im Grunde geht es in der einen wie der anderen Denkart darum, sich mit dem eigenen Ego auseinanderzusetzen. Meditation, Achtsamkeit und Anstrengung sind der buddhistische Weg.

Unser Egoismus lässt uns leiden.

Während die ersten beiden Begriffe groß in Mode zu sein scheinen, wird auf die Anstrengung gerne vergessen. Anstrengung ist eben anstrengend und daher weniger beliebt. Im buddhistischen Geistestraining gibt es aber noch eine vierte Methode auf dem Weg in ein gutes Leben. Es ist die Untersuchung als Teil der Achtsamkeit.

Aber gehen wir die Sache historisch an: Buddha, so steht es in den Schriften, hat als Ursache allen Leidens drei Dinge erkannt und sie ‚Mara‘ genannt. Es sind Gier, Hass und Wahn. Buddha selbst hat gegen Mara gekämpft, hat gesiegt und wurde dadurch erleuchtet. Im Grunde kann das jeder versuchen.

Erleuchtung ist weder ein Dauerzustand noch eine Auszeichnung.

Weniger traditionell ausgedrückt sind die drei Wurzeln des Unglücks unser Begehren, unser Ablehnen und die Illusion, in der wir leben, indem wir die Tatsachen des Lebens, die sogenannten Daseinsmerkmale, nicht erkennen. Noch einfacher ausgedrückt ist es also unser Egoismus, der uns leiden lässt. Ayya Khema, die verstorbene deutsche buddhistische Nonne, hat daher einmal den schönen Satz geprägt: „Ohne mich ist das Leben ganz einfach.“ Wollte man es noch etwas pointierter ausdrücken, ist das ‚Ich ein Luder‘. Wir selbst sind unser größtes Problem.

Die Beschäftigung mit dem Ich und seiner Heilung bildet wohl die Nähe zur Psychotherapie und doch sind beide Methoden, Therapie und Geistestraining, kaum vergleichbar. Es sind allerdings viele buddhistische Methoden in westliche Psychotherapie-Schulen eingesickert. Wo liegt der gedankliche Unterschied? Psychotherapie beschäftigt sich damit, aus einem neurotischen ein gesundes Ich zu machen, und Buddhismus damit, sich von diesem gesunden Ich zu lösen. Um noch präziser zu sein, geht es darum, sich von der Illusion zu lösen, es gäbe überhaupt ein unveränderliches Ich, also ein Ich, das wir scheinbar täglich erleben. Das Ziel des Buddhismus ist es, sich von dieser Identifikation zu lösen, denn es gibt zwar ein Ich-Erleben, aber kein Ich.

Die Crux: Es klingt einfach, das Ich aufzugeben, aber in Wirklichkeit ist es eben vertrackt schwierig. Das Ich wehrt sich gegen seinen eigenen Untergang, dabei müsste es das gar nicht tun, wüsste es, dass es ohnehin nicht existiert. Buddha selbst hat seinen Weg und seine Methode schon als so schwierig beschrieben, dass er, nachdem er das Ziel erreicht hatte, für sich beschloss, darüber gar nicht zu sprechen. Ein paar zufällig herumfliegende Engel haben ihn, der Legende nach, vom Gegenteil überzeugt und so kam es, dass er zu lehren begonnen hat.

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Buddha ist der Erwachte und wir, die wir nicht erwacht sind, schlafen noch. Die Lösung liegt somit im Erwachen. Das Ziel ist die Leidfreiheit. Leidfrei ist man, wenn man wie ein Buddha ist. Ein Buddha lebt ausschließlich in vier emotionalen Zuständen, die ‚Brahmaviharas‘ genannt werden: Er ist immer liebevoll, mitfühlend, mitfreudig und gleichmütig. Er ist nie zornig, nie ärgerlich, braucht nichts, zweifelt nicht, ist voll Energie und hat keine Angst: Er ist erleuchtet. Die buddhistischen Heilsziele liegen mitten im Leben. Es handelt sich nicht um höhere, spirituelle Wahrheiten, die man nicht überprüfen, sondern nur glauben kann, im Buddhismus muss man, ja soll man nichts glauben, sondern alles überprüfen, was man gehört hat.

Wenn das Problem im Ich liegt, muss man, um es zu finden, auch dort suchen. Was einen am Finden hindert, ist das Schlafen. Wenn man schläft, ist man zwar nicht völlig unbewusst, aber viel unbewusster als im Wachzustand. Es geht also um das Bewusster-Werden. Wie wird man bewusster und wacher? Indem man sich besser konzentriert. Meditation ist die Übung der Konzentration und somit die erste der vier Methoden des buddhistischen Geistestrainings.

Diese Konzentration ermöglicht eine ganz neue Innenschau, der buddhistische Fachausdruck ist Achtsamkeit. Achtsamkeit übt man anfänglich nur, indem man seine Aufmerksamkeit auf den Körper richtet. Erst wenn man sie besser beherrscht, beginnt man damit, sie auf innere, geistige Zustände und Vorgänge, auf das eigene Denken und Fühlen auszudehnen.

Man wird bald erkennen: Da tut sich ganz schön viel im eigenen Geist, dort herrscht ein ziemliches Durcheinander. Also schaltet man das dritte Glied des Geistestrainings dazu, die Untersuchung. Mit ihr beginnt man, das Durcheinander zu ordnen. Man erreicht das, indem man sich mit dem eigenen Denken, Fühlen und Handeln beschäftigt, wie uns das Buddha in seiner ‚Bedingten Entstehung‘ gelehrt hat. Jede Untersuchung erfolgt wertfrei. Man beobachtet, stellt fest, was ist, lernt zwischen Tatsachen und Vorurteilen zu unterscheiden. Und mit der Zeit weiß jeder Mensch selbst, was er tun muss, um gelassener zu werden. Man hört auf, die Ursachen außerhalb zu verorten.

Tatsache ist das, was ist, nicht, was sein sollte. Der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein sagt dazu sehr treffend in seinem ‚Tractatus Logico-Philosophicus‘: „Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.“

Wenn man so weit gekommen ist, sich durch die Übung der Meditation besser konzentrieren zu können und sich nicht ständig vom eigenen Zentrum ablenken muss, dann beginnt man achtsam zu sein. Man hört auf zu werten und zu urteilen, beobachtet sein Ich und eines Tages lichtet sich das Chaos in einem. Und dann kommt eine weitere Feststellung: Es gibt eine ganze Menge Schwierigkeiten und Hindernisse gegen eine klare und wertfreie Innenschau und eine ruhige Meditation. Und wenn man noch genauer schaut, wird man herausfinden, dass es die gleichen Schwierigkeiten sind, die einen daran hindern, ein Leben in Gelassenheit und Frieden zu führen. Buddha hat diese Hindernisse beschrieben und fünf Gruppen von Hindernissen erkannt: Es sind Süchte, Ärger, Zweifel, Energielosigkeit und Angst.

Und genau dann kommt die Anstrengung ins Spiel. Mit ihr versucht man, die fünf Hindernisse fallenzulassen. Man strengt sich an, allfälligen Ärger gar nicht erst entstehen zu lassen, und Ärger, der da ist, fallenzulassen. Man bemüht sich, Liebe, die noch nicht da ist, entstehen zu lassen, und Liebe, die da ist, zu erhalten. Das alles kann man üben. Wem all das gelingt, der ist schließlich erleuchtet. Der Ärger hört auf, die Gelassenheit kommt.

Doch Erleuchtung ist weder ein Dauerzustand noch eine Auszeichnung. Es sind die vielen aufblitzenden Erkenntnismomente, die allmählich in ein ruhigeres Fahrwasser führen. In diesem Prozess wird das eigene Ich immer wieder ein Luder sein. Es ist hartnäckig, deshalb muss man es sich täglich bewusstmachen und an seiner Überwindung arbeiten. Wie Buddha.

Möge die Übung gelingen!


Über die Angst

Angst sitzt im Kopf. Auszug aus dem neuen Buch von Peter Riedl ‚Schlüssel zur Gelassenheit‘.

Angst ist ein Schutzmechanismus und bietet Schutz vor dem Unbekannten, das einem schaden kann. Gesunde Angst ist jene vor realen Gefahren, wie etwa Feuer, Krieg oder wilden Tieren. Da diese Gefahren für die meisten Menschen nicht real sind, fürchten wir uns auch nicht vor ihnen.

Wir fürchten uns vor Unglück, Alter, Krankheit und Tod. Zwar können und sollen wir versuchen, sie in der Gegenwart zu vermeiden, zu lindern, hinauszuzögern. Aber wir brauchen uns vor ihnen nicht zu fürchten, denn diese Ereignisse kommen ohnehin. Wir fürchten uns aber trotzdem vor ihnen. Das macht keinen Sinn. Sämtliches in die Zukunft gerichtete, sorgenvolle Denken, Sich-Sorgen-Machen, alle Angsterkrankungen und Panikattacken zählen dazu.

Angst gibt es, man muss sie ernst nehmen und die verschiedenen Formen der Angst anschauen, insbesondere Therapeuten und Ärzte müssen das, und sie müssen die richtigen Gegenmittel verschreiben und sich um Abhilfe bemühen.

Angst ist immer Denken, und zwar Denken in der Zeit. Sie ist auf die Zukunft gerichtet. Angst äußert sich in den Gedanken, dass dieses und jenes unmittelbar, morgen oder später, eintreten wird. Wir haben keine Angst, wenn wir uns verbrannt haben, arbeitslos oder krank sind. Dann haben wir Schmerzen, sind traurig oder deprimiert. Wird gleichzeitig Angst empfunden, hat sie nichts damit zu tun, dass wir uns verbrannt haben, arbeitslos oder krank sind, sondern damit, dass wir uns sorgen, die Schmerzen könnten nicht vergehen, und uns fragen, wie es morgen sein wird. Ohne zu denken, gibt es keine psychologische Angst.

Angst hat immer einen Inhalt. Weil wir ständig denken, wissen wir das nicht. Es ist gut, wenn man aufhört, über Angst nachzudenken. Das ist zwar nicht leicht, lohnt sich aber. Wir ziehen gar nicht in Betracht, das Denken beenden oder unterbrechen zu wollen, weil wir es nicht können. Dabei muss man sich nur konzentrieren, etwa auf das Gehen oder das Atmen. Wenn man dann noch immer denkt, kann man zu einem Hilfsmittel greifen und sich sagen: „Gehen – gehen – gehen.“ Oder: „Atmen – atmen – atmen.“ Das sind natürlich immer noch Worte und somit auch Gedanken, aber zumindest zum gegenwärtigen Tun und nicht mehr als illusionäres Denken an irgendetwas. Wenn man die Meditation mit solchen Hilfsmitteln übt, kann es relativ einfach werden, das Denken für einen kürzeren oder längeren Zeitabschnitt zu beenden.

Den Gedankenstrom zu unterbrechen kann man auch in Mantra- oder Gebetsrezitationen üben. Wenn man das öfter tut, wird man merken, wie trickreich das Denken und das Ich sind. Man kann Mantras oder Gebete in Gedanken rezitieren und gleichzeitig immer an andere Dinge denken. Daher wird in vielen Meditationsschulen das Tempo der Rezitationen erhöht. Das soll das gleichzeitige Denken verhindern.

Bei der Übung der Meditation können auch Ängste auftreten. Angst kann entstehen, wenn das Unbewusste quasi merkt, dass etwas Neues aus der Tiefe auftaucht und das kontrollierende Ich noch den Deckel draufhält.
Viele Meditationsformen sind auch Übungen zur Aufgabe der Kontrolle. Manche Menschen versuchen das mit Alkohol und Drogen. Das sind Sackgassen. Dagegen kann die Meditationserfahrung, das Denken beenden zu können, sehr angenehm sein.

Um Ängste zu überwinden, gibt es viele therapeutische Methoden.
In der spirituellen Übung überwindet man Angst, indem man sie zulässt, sie anschaut, untersucht und loslässt. Das gelingt nur durch Übung. Ängste sind Gedanken im Kopf. Wenn es nicht gelingt, sie loszulassen, kann man sie auch überwinden, indem man sich auf den Körper konzentriert, sich erdet. Man kann in den Wald gehen, Sport treiben, ein Bad nehmen oder sich ins Bett legen und den Körper im Bett liegen spüren.

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Über den Ärger

Ärger als ständiger Begleiter. Auszug aus dem neuen Buch von Peter Riedl ‚Schlüssel zur Gelassenheit‘.

Ärger nehmen wir als Widerstand gegen ein zufriedenes Leben gar nicht wirklich wahr. Er scheint dazuzugehören, ein Leben ohne ihn können wir uns nicht vorstellen. Ärger bedroht die Welt. Die einen ärgern sich über ‚links‘, die anderen über ‚rechts‘, die einen über Männer, die anderen über Frauen, die Atheisten über Religiöse, und die ärgern sich übereinander. Es gibt kaum etwas, über das sich niemand ärgert. Das Grundgefühl Ärger kann sich in anderen Emotionen ausdrücken. Alle haben als Ursache das Nicht-haben-Wollen, die Ablehnung, dazu gehören Wut, Hass, Neid, Eifersucht und Missgunst. Sie begegnen uns als Widerstände gegen eine gelingende Meditation und ebenso gegen ein gelingendes Leben. All diese Emotionen verhindern, dass es uns gut geht. Sie stehen gegen unser Glück und unsere Zufriedenheit. Wer sich ärgert, kann nicht gleichzeitig fröhlich sein.

In traditionellen Texten wird die Gruppe dieser Emotionen ‚Übelwollen‘ genannt. Das ist ein guter Ausdruck, der die Sache treffend bezeichnet. Es steckt das ‚Wollen‘ drin, also das Begehren, dass ich anderen oder mir selbst Übles will.

Ärger entsteht und vergeht. Immer. Das mag banal klingen, ist es aber nicht. Wir kennen Ärger nur, wenn er schon da ist. Wenn er nicht anwesend ist, wissen wir, wenn wir uns das bewusstmachen, dass wir uns jetzt nicht ärgern. Was wir nicht wissen, weil wir das nie so genau beobachten, ist, dass Ärger einen ziemlich gleichförmigen Entstehungsprozess aufweist. Er braucht einen äußeren oder inneren Anlass, eine Bemerkung, einen Blick, die Handlung einer anderen Person, aber auch eine eigene Aktion, einen Satz, den ich gesagt habe, einen Gedanken, den ich denke. Er hat somit immer eine geistige Ursache, ist selbst aber ein materielles Geschehen, laufen doch im Gehirn und im Körper Stoffwechselprozesse ab.

Scheinbar ist Ärger gleich in vollem Ausmaß da. In Wirklichkeit entsteht er manches Mal langsam und allmählich, manches Mal sehr rasch. Der Ärger entwickelt sich linear wie die Beschleunigung eines Autos. Doch das fällt uns aus mehreren Gründen nicht auf: Wir sind nicht konzentriert genug, wir sind abgelenkt von der Situation, von dem, was uns ärgert, und wir achten nicht gut genug auf die inneren Vorgänge. Wenn wir Ärger im Entstehen erkennen, können wir ihn noch leicht ‚fallenlassen‘. Das ist wie mit einem Baum. Ganz klein können wir ihn noch ausreißen, ist er groß und mächtig, gelingt das nicht mehr. Sehr oft ist uns gar nicht bewusst, dass wir uns ärgern, und fast immer bemerken wir den Ärger nicht im Augenblick des Entstehens, sondern erst, wenn er intensiv, also groß ist. Das ist wichtig zu wissen, denn dann ist er mächtig wie ein Baum, den auch ein starker Mann nicht mehr ausreißen kann. Jeder Baum hat als kleines Pflänzchen begonnen und der Ärger ist im Augenblick seines Entstehens auch klein. Er kann zwar in Windeseile, in wenigen Sekunden, mächtig anwachsen und trotzdem gibt es kurze Augenblicke, in denen er schwach ist. Um Ärger in der Phase des Entstehens zu bemerken, muss man konzentriert und achtsam sein. Beides übt man in der Meditation.

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 Header © Randy Jacob on Unsplash

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Univ.-Prof. Dr. Peter Riedl

Univ.-Prof. Dr. Peter Riedl

Peter Riedl ist Universitätsprofessor für Radiologie und seit über 30 Jahren Meditations- und Achtsamkeitslehrer. Er ist Gründer und war bis Juni 2019 Herausgeber der Ursache\Wirkung, hat W.I.S.D.O.M., die Wiener Schule der offenen Meditation und das spirituelle Wohnheim Mandalahof gegründet. S...
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