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Maries Metta-Morphosen

Zu Tagesbeginn lese ich gerne etwas Inspirierendes. In mir entsteht dann ganz von selbst ein inneres Gespräch mit den Autoren.

Ich empfange Anregung, Gedanken zündeln, verlocken zum Aufbruch. Im Reflektieren fühle ich mich ermuntert, über meinen Horizont hinauszureichen. Und es macht mir auch Freude, mich mit anderen darüber auszutauschen, woher wir unsere geistige Nahrung beziehen.

Vor ein paar Tagen unterhielten wir uns im Freundeskreis über Bücher, die wir immer wieder zur Hand nehmen, weil sie uns in allen Lebenslagen Trost und Anregung schenken. Es gibt Bücher, die uns seit Jahrzehnten begleiten, bei denen uns das Herz aufgeht, die uns besänftigen und bereichern, ermutigen und nähren. Und es gibt auch Bücher, die wir gerade frisch entdeckt haben, die in dieser Lebensphase genau auf den Punkt treffen. „Man hat ja nicht dauernd eine Lehrerin neben sich – um die Übung zu erneuern, brauchst du geistige Nahrung, die hole ich mir jeden Tag aus Büchern, das öffnet meinen geistigen Horizont, dadurch verlieren die Verwicklungen im Alltag ihre Dominanz“, meinte eine Freundin, und ihr Ehemann fügte hinzu: „Beim Lesen erfahre ich eine Feinjustierung. Lesen ist ein Türöffner, Texte geben Impulse, in bestimmte Richtungen zu schauen, diese Kontemplationen vervollständigen sich dann selbst, lösen sich vom Text, bekommen ihr Eigenleben. Lesen hebt mich auf die Metaebene zu meiner Erfahrung.“

Inspirierendes

 Im buddhistischen Sinne ist Sprache eine Form des Handelns. Sprache ist Saat. Sprache prägt. Wo und wie erfahre ich von einem geistigen Weg? Ist es Fügung, Schicksal? Kommt der Weg zu uns, wir zu ihm? Mit welchen Worten? Wie oft hört man jemanden sagen: „... und dann fiel mir genau im richtigen Moment das entscheidende Buch in die Hand. ‚Siddharta‘ hat mich auf den Weg gebracht. Das war die Initialzündung.“ Oder es waren Carlos Castaneda, Ram Das, Nisargadatta, Thich Nhat Hanh, Jack Kornfield, Pedro Almodovar. Es ist stets wie ein großes inneres Aufatmen, beim Lesen neue Denkzugänge zu gewinnen. Wir sehnen uns danach, mit Menschen im gleichen Geist verbunden zu sein; wir möchten uns austauschen über das, was wir denken, was wir für sinnvoll halten.

Ein inspirierendes Buch

 Gerade liegt ein soeben erschienenes Buch neben mir, das in dieser Woche meine Morgenpraxis begleitet. Die beiden Berliner Theologen Helga und Thomas Ulrich sind Weggefährten von mir. Sie praktizieren seit vier Jahrzehnten ihre Achtsamkeitsmeditation aus christlicher Perspektive. Mit großer geistiger Weite kontemplieren sie Gott und das Gebet und eine spirituelle Lebenspraxis in heutiger Zeit. Dank ihrer Anregung stimme ich mich nun Tag für Tag auf das Empfangen ein, auf das Daseinsgeschenk, das im Atem, mit der aufgehenden Sonne, der ersten WhatsApp-Message, den Radionachrichten zu mir kommt und entsprechend gewürdigt werden möchte. Ich verneige mich innerlich mit einem leisen Schmunzeln. Dank an Helga und Thomas für diesen Ausblick auf den Tag!


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 120: „Lebendiger Buddhismus"

UW120


 Bild Teaser und Header © Pixabay

Marie Mannschatz

Marie Mannschatz

Marie Mannschatz hat mehr als zwei Jahrzehnte in freier Praxis als Gestalt- und Körpertherapeutin gearbeitet. Sie praktiziert Vipassana-Meditation seit 1978 und wurde in den neunziger Jahren von Jack Kornfield zur Lehrerin ausgebildet.Marie Mannschatz lebt in Schleswig-Holstein und lehrt in Europa ...
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