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Ein Kreis. Einfach nur ein Kreis. Es ist ein Kreis und nichts sonst. Abseits aller Symbolik und sonstiger metaphysischer Zuschreibungen ist es einfach ein Kreis.

Auf die Frage an einen Weggefährten, woran man einen Briefträger des Absoluten erkenne, antwortete dieser: „Er hat nichts in seiner Tasche.“ Wie wunderbar. Was aber, wenn dieser nun dennoch an der Tür klingelt? Anstelle des Gefragten gleich selbst geantwortet: „Ich nähme ihm die Tasche auch noch weg.“
Was macht ein Briefträger ohne auszutragende Briefe und ohne Tasche, in der er sie zu den Adressen transportieren könnte. Wäre er noch ein Briefträger? Vielleicht sähen wir einfach den Menschen, der er ist.
Dem Ensō alles wegnehmen, was ihm bisher zugeschrieben wurde. Ebenso den Stempel – Zeugnis der Urheberschaft –, sodass nurmehr der Kreis bleibt. Ist es möglich, diesen Kreis ohne diese „Briefe“, die Botschaften, ohne die „Tasche“ anzusehen? Besonders wenn der Kreis so ausgeführt wurde wie dieser oben. Die Geschichten, die Mitteilungen, die Botschaften und geheimen Bedeutungen, die dieser Kreis mit dem kryptischen Namen Ensō uns bisher erzählte, können wir das alles beiseitelegen? Und sei es auch nur für einen Moment. Können und wollen wir überhaupt? Wir würden zu so etwas wie einem metaphysisch Obdachlosen.

enso

Ensō


Wenn es uns jedoch gelänge, diesen Kreis anzuschauen, wie er ist, einfach als einen Kreis, dann kann es innen ganz still werden. Es wird ganz still und friedlich, nur das Blut rauscht leise in den Ohren. Die Schultern sinken herab, innen wird es plötzlich ganz weit und offen, ohne Horizont.
Wenn alles abgelegt ist, dann ist es, als würde der Kreis, wie er ist, zum ersten Mal erblickt werden. Es gibt nichts Wunderbareres, als wenn das innere Unbekannte plötzlich zur Welt erwacht und zum „ganzen Menschen“ wird.
Ohne Angst – mit ganzem Herzen, in der jeweils gegebenen Situation ist alles an seinem Platz.
Als ich meinen Lehrer einmal fragte, was denn – zusammengefasst – die Essenz seines Zen-Lebens sei, sagte er: „Setz dich hin und gib a‘ Ruh.

> Einmal Zen ohne alles, bitte <

Henry Vorpagel

Henry Vorpagel

Geburtsjahr 1949  in Deutschland. Übersiedlung nach Österreich 1973. 1975 Beginn der Zazen Praxis. Die nächsten 10 Jahre Aufbau meines Lebensmittelpunktes in Österreich. Zazen als Rückgrat meines Lebens. Ausbildung zum Sozialpädagogen. Arbeit mit verhaltensbehinderten Jugendlichen. ...
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