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Wenn es um das Kennenlernen von Menschen geht, bin ich hoffnungslos altmodisch. Denn nichts ist besser, als in jemanden hineinzulaufen oder ihn zufällig zu treffen. Doch heutzutage läuft es anders.

„Habt ihr euch auf einer Dating-Plattform kennengelernt?“ Mit dieser Frage wurden mein Partner und ich kürzlich konfrontiert, und ich musste lachen, aus vielerlei Gründen. Nicht dass ich etwas gegen die Existenz von Dating-Plattformen hätte – schließlich gibt es solche Institutionen auch für Einkaufen, Reisen und Lernen. Etwas zu bündeln, entspricht meinem Sinn für Effizienz, ähnlich wie Einkaufszentren, obwohl ich den Branchenmix vielfach als fragwürdig empfinde. Doch das ist ein ganz anderes Thema. Oder vielleicht doch nicht?

Wenn ich mir so anhöre, was Freundinnen über den Mix auf Dating-Plattformen erzählen, kommt mir schon das kalte Grausen. Und das ist jetzt nicht einmal auf das Äußere des Angebots gemünzt, denn über die Äußerlichkeiten wird dabei kaum gesprochen. Im Grunde wird es erst dann ein Thema, wenn frau auf die richtige Seite gewischt hat und ich dann natürlich neugierig bin, wie das entsprechende Match aussieht. Und meine Freundinnen haben alle einen guten Geschmack, muss ich sagen. Doch das Äußere ist eben oft nur die halbe Wahrheit, um ehrlich zu sein, nur ein Achtel der Wahrheit – höchstens. Denn es sind am Ende des Tages doch immer die Taten, die zählen. Oder eben nicht.

Natürlich wird immer wieder davon gesprochen, dass es auf Dating-Plattformen im Grunde um Sex geht. Doch in meiner Welt sollte selbst das sorgfältig vorbereitet werden, denn es geht um Energieaustausch. Und wenn ein Mann die Frau kleinredet, sie zwischenzeitlich ghostet oder sie dreimal hintereinander während eines Dates stehen lässt, bietet das nun einmal keinen geschützten Rahmen, innerhalb dessen eine Frau sich öffnen kann. Und das meine ich jetzt nicht physisch, sondern mental und seelisch. Denn das ist die Voraussetzung für das Physische. Doch möglicherweise ist das in der Männerwelt noch nicht angekommen.

Dating

Auf Instagram folge ich einem Mann, der sich dem gesunden Verhältnis zwischen Mann und Frau verschrieben hat. Und der hat kürzlich das Dating-Profil eines Mannes analysiert. Zeile für Zeile. Zu „Bin neu in der Gegend“ sagte er, dass das eine Einladung für die Frau wäre, aktiv zu werden. Was geschickt sein mag, wenn man sich nicht als zu bedürftig darstellen möchte. Der Punkt ist: Er könnte sagen, woran er an einem neuen Ort interessiert ist. An welcher Art von Begegnung zum Beispiel. Doch das lässt er offen, weil er im Grunde nicht weiß, was er will. Und nach den ersten Angeboten vermutlich vor allem, was er nicht will. Zweite Zeile: „Möchte mich mit jemandem unterhalten und mit dem Flow gehen.“ Was nichts anderes bedeutet als: Ich weiß nicht, was mich erwartet, aber ich entscheide, was ich mit dem mache, was mir geboten wird. Und die letzte Zeile: „Frag mich, was Du willst.“ Auch hier liegt wieder alles in den Händen der Frau, weil er den Anschein erweckt, dass er sich nicht traut, seinerseits ein Angebot zu machen, das frau nicht ablehnen kann. Eine Jägerin würde sich von so einem Profil angesprochen fühlen, eine Frau, die nach Bereicherung sucht, wohl eher nicht. Denn sie möchte entscheiden und nicht darauf warten, bis der Mann sich entscheidet. Idealerweise für sie.

Nein, mein Partner und ich haben uns nicht auf einer Dating-Plattform kennengelernt. Es hätte auch gar keinen Sinn – soweit ich die Vorgangsweise erzählt bekommen habe -, einen Radius von 9.000 Kilometern bei Tinder und Co. einzugeben. So etwas sucht man sich nicht freiwillig aus, höchstens wenn man nicht wirklich an einer Beziehung, sondern eher an der modernen Art einer Brieffreundschaft interessiert ist. Doch so ist das Leben, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist: Man trifft sich. Tatsächlich. In 3-D. Und man kann ziemlich schnell entscheiden, ob das Gegenüber das Potenzial hat, das eigene Leben zu bereichern. Ob sich das Gegenüber einer respektvoll entgegentritt. Ob in der tatsächlichen Realität ein Angebot gemacht wird, das frau nicht ablehnen kann. Ob die Chemie und der Humor passen. Und sollte nichts davon geschehen, bleibt frau freundlich, aber ablehnend. Denn schließlich will auch ein wie immer gearteter Mann sein Gesicht wahren. Geschenkt.

Manchmal verspüre ich die Lust, ebenfalls auf eine Dating-Plattform zu gehen, um herauszufinden, wie sich Männer in bestimmten Situationen verhalten. Rein, um ihr Kommunikationsverhalten zu studieren. Quasi einen Feldversuch zu starten. Denn bei allem, was mir erzählt wird, kann ich kaum glauben, dass die Identitätskrise so groß ist bei vielen Männern. Andererseits: Der Feldversuch würde schon deswegen an mangelnder Ernsthaftigkeit scheitern, weil mein Partner inkognito an der Bar sitzen und mein Tinder-Date im Auge behalten würde. Könnte ich dabei anders reagieren als permanent schmunzeln? Vermutlich nicht. Die Analyse des männlichen Kommunikationsverhaltens während eines Dates muss also wohl jemand anderer machen.

 

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Bilder © Pixabay

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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