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Das entschleunigte Dasein hat mich wieder – und ich das entschleunigte Dasein. Erstaunlich, wie schnell man sich daran gewöhnen kann, obwohl die andere Seite (der Welt) auch ihre Vorteile hat.

Vom Frühling in den Herbst zu reisen, scheint vielleicht keine besonders gute Idee zu sein, selbst wenn wir einen richtigen Frühling gehabt hätten. Doch vielleicht findet er ja gerade jetzt statt, während ich den südafrikanischen Herbst genieße? Zu wünschen wäre es allen, denn wenn selbst die Robustesten unter den Wetterfühligen schon Anflüge von Depression erleiden, wird es wirklich Zeit, dass irgendjemand an den maßgeblichen Regen- und Kältestellen mit den Menschen in der nördlichen Hemisphäre ein Einsehen hat.

Obwohl ich seit acht Jahren ziemlich regelmäßig nach Südafrika reise, war mir die Vorstellung, quasi vom Regen in die Traufe zu kommen, eine nur beschränkt angenehme. Noch dazu sprach mein Partner stets vom Winter, was mein Kofferpack-Ich leicht bis mittelschwer gestresst hat. Schließlich wollte es auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, bei gleichzeitigem Wissen, dass alles in einen mittelgroßen Koffer passen musste. In Situationen wie diesen merke ich, dass ich doch noch ein Ünzchen Kontrollfreak in mir habe, der am liebsten die letzte Schleierwolke hin- und herschieben möchte. Andererseits: Erkenntnis ist der erste Weg zur Besserung, die mir schlussendlich auch gelang. Schließlich gibt es auch im Süden Geschäfte, wo ich mir zur Not einen Pulli kaufen kann. Diese Pullis sind hier wie dort meist Sweatshirts, doch lassen Sie uns nicht über Modestil reden. Das ist eine ganz andere Geschichte.

Am Ende der Reise war natürlich alles ganz anders. Die Sonne schien mir ins Gesicht, das Turnschuhdasein wurde von Barfüßigkeit abgelöst, das Arbeiten findet nach wie vor in der Wärme statt – die glücklicherweise nicht mehr ganz so stechend ist wie im Januar. Und der Alltag ist wieder geprägt von den Stromabschaltungen, die ich auch im Herbst zu nutzen weiß. Die Morgenstunden ohne Elektrizität gehören meinen üblichen Routinen, für die ich auch zu Hause wenig Strom brauche. Und die musikalische Untermalung aus dem Internet kann ich ebenso mal weglassen, wenn die Vögel zwitschern. Die Stromabschaltungen am Nachmittag ermöglichen mir Strandspaziergänge, die ich unter sommerlichen Umständen nur um den Preis eines Sonnenbrands absolvieren könnte. Und dazwischen? Fokussierung auf das Wichtige.

Frühling

Schon mein Zuhause ist eine einzige Ablenkung, da muss ich noch nicht einmal mit jemandem in Kontakt treten. Überall Bücher, die ich lesen möchte, in denen ich etwas nachschauen kann, die mich unterhalten. Vor und hinter der Türe Arbeiten, die getan werden müssen – Haus und Garten sind eine neverending story, wenn es um Beschäftigung geht. Und das Wichtige findet dann statt, wenn mich die Muse küsst. An dem Ort, wo ich jetzt bin, kann ich die Muse einladen, mich zu küssen. Hier habe ich die Zeit, einfach einmal ruhig zu sein. Meine Arbeit zu tun, mich um mein körperliches Wohlergehen zu kümmern, in mich hineinzuhören, was ich gerade brauche. Und das alles in einer Umgebung, die das hat, was nötig ist, und mir bewusst macht, was alles unnötig ist.

Dass ich seit fast 16 Monaten eine Fernbeziehung führe, hat vor allem einen Vorteil: Auch mein soziales Umfeld hat begriffen, was alles möglich ist, um Verbundenheit aufrechtzuerhalten. Und deshalb darf ich auch aus 9.000 Kilometer Entfernung teilhaben an dem Leben der Menschen, die mir am Herzen liegen. Das ist die gute Seite des Internets, die ich nicht genug loben kann. Die mir aber auch bewusst macht, dass Licht und Schatten auch virtuell miteinander verknüpft sind. Doch auch das ist eine andere Geschichte, von der ich nicht weiß, ob ich sie wirklich erzählen mag. Dafür scheint die südafrikanische Sonne momentan zu warm.

Weitere Beiträge von Claudia Dabringer finden Sie hier.

Bilder © Pixabay

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Ida Amalia 2023-05-12 23:53
DU hilfst mir recht. ICH hab lieber das Kühle.
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