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Danke, dass Sie sich kurz Zeit nehmen für diesen (fiktiven) Brief. Es ist ja nicht so, dass buddhistische Lehrende frei sind von unheilsamen Entscheidungen und entsprechenden Taten.

Wir wissen zwar, dass Gier, Aversion und Unwissenheit die drei großen Quellen des Leidens sind, doch wenn es zu persönlichen Befindlichkeiten, Geltungsbedürfnissen oder den Wünschen nach Ausdehnung der eigenen Sache kommt, sind wir oft genug selber blind.

Wir können also nicht davon ausgehen, dass die Machthabenden viel weiser sind und Geschichte ist auch eine Aneinanderreihung von wechselnden Machtansprüchen und damit verbundenen Kriegen. Deswegen sind die Vier Edlen Wahrheiten des Buddha nicht weniger wahr. Dass Sie, Herr Putin, Träume von einem eurasischen Großreich haben, ist in der Weltgeschichte nicht einzigartig. Doch hat sich stets gezeigt, dass die gewaltsame Unterdrückung jeglicher Meinungsfreiheit hin bis zur gewaltsamen Unterwerfung ganzer Völker niemals von langer Dauer war. Das Leid von Millionen war hingegen stets der Preis, den die Völker für die Machtgier einiger weniger zu zahlen hatten.
Würden wir im Kleinen und die Machthabenden im Großen einen Moment innehalten und wirklich tief schauen, würden wir erkennen, dass uns das Mitgefühl abhandengekommen ist. In solchen Momenten sehen wir nur noch uns selbst und unsere Ziele und verlieren den Kontakt nicht nur zu anderen Menschen, sondern zu allen Lebewesen, die direkt oder indirekt von unserem Handeln betroffen sind. Dies einzugestehen wäre ein Boden für Transformation, für Friede und gegenseitigem Respekt.
Mögen Mitgefühl und tiefe Einsicht immer wieder neu erblühen!
PutinMarcel Geisser, Zen-Meister in der Linji-(Rinzai-)Zen-Tradition

Dieser Beitrag ist Teil einer Sammlung an Statements buddhistischer Lehrerenden für den Frieden in der Ukraine.

Bild Marcel Geisser © Haus Tao
Bild Header und Teaser © Unsplash

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