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Seit dem 19. Jahrhundert gibt es nun schon den Buddhismus im deutschsprachigen Europa, in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Offizielle Schätzungen sprechen von zusammen rund 160.000 westlichen Buddhisten in diesen Ländern.

Das sind etwa 1,6 Promille der Bevölkerung. Die tatsächliche Anzahl westlicher Konvertiten dürfte allerdings deutlich unter den offiziellen Schätzungen liegen – auch wenn insgesamt eine breite Sympathie für den Buddhismus herrscht. Selbst wenn die Schätzungen stimmen, ist das nach 150 Jahren eine äußerst magere Bilanz.

Buddhistisches hat es dennoch in die Mitte unserer Gesellschaft geschafft – in Form der von Buddhisten oft geschmähten MBSR, der achtsamkeitsbasierten Stressreduktion: „Mindfulness-Based Stress Reduction“. Man muss heute niemandem mehr erklären, was das ist. Nach Auskunft des deutschen MBSR-MBCT Verband e. V. in Berlin gibt es derzeit allein 1.026 durch diesen Verband zertifizierte MBSR-Lehrende in Deutschland. Im letzten Jahr wurden über sie mehr als 2.000 MBSR-Kurse durchgeführt – pandemiebedingt online. Geschätzt nahmen 30.000 Menschen an diesen Kursen teil. Hinzu kommen Kurse von MBSR-Lehrenden anderer Verbände sowie Anwendungen im klinischen Bereich. Während also eine Methode, die Teil des Kerns buddhistischer Lehre ist, Karriere macht und mittlerweile wohl millionenfach praktiziert wird, dümpelt der Buddhismus selbst so vor sich hin. Woran liegt das?

Buddhismus

Die bittere Wahrheit ist: Der Buddhismus im Westen agiert an den tatsächlichen Nöten und Bedürfnissen der Menschen völlig vorbei. Fragt man einen Buddhisten, was es mit Buddhismus auf sich hat, erhält man oft einen langen Vortrag über die „Vier Edlen Wahrheiten“. Man müsse verstehen, dass das Leben Leiden bedeute und so weiter. Mancher verbringt Jahre damit, diese vor zwei Jahrtausenden erdachte Systematisierung buddhistischer Weisheit zu verstehen. Hinzu kommt das äußerst komplizierte Geäst unterschiedlichster buddhistischer Traditionen. Das Ganze ist unübersichtlich, voller Folklore, und ein großer Teil der buddhistischen Angebote ist religiöser Natur und kulturfremd. Das erschwert Suchenden den Zugang enorm. MBSR benötigt dagegen lediglich eine Rosine, um einen Weg zu einer heilenden Methode zu zeigen: mit der sogenannten Rosinenübung, in der eine getrocknete Weinbeere mit allen Sinnen erforscht wird. Klingt merkwürdig, funktioniert aber trefflich.


Dieser Blog erschien in der Ursache\Wirkung №. 116: „Leben, lieben, lachen"

uw116 Cover


Ich befürchte, der Buddhismus im Westen wird sich direkt von seiner derzeitigen Bedeutungslosigkeit in einen Sterbefall verwandeln, wenn er sich nicht konsequent modernisiert. Er muss die Nöte und Bedürfnisse der Menschen ernst nehmen und sich auf seinen Kern besinnen: Buddhismus ist ein Pfad zur Befreiung und keine religiöse Folkloregruppe zur scholastischen Selbstvergewisserung.

Ihr Hendrik Hortz

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Hendrik Hortz

Hendrik Hortz

Frank Hendrik Hortz, Jahrgang ‘65, im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, Religionswissenschaftler (studierter ev. Theologe und Philosoph), Journalist und Unternehmer. Erste Meditationserfahrungen vor fast 40 Jahren, Buddhist seit mehr als 10 Jahren. Herausgeber und Chefredakteur der Ursache\Wirk...
Kommentare  
# Isolde Schnorbach 2022-08-01 11:51
Aus meiner Sicht fehlt vielen (ZEN-)Buddhisten (bin selbst eine) Herzenswärme, die die Nöte der Menschen ernst nimmt anstatt kopflastige Belehrungen zu geben.
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# Ellviral 2022-08-21 10:10
Du hast sehr genau beschrieben, was mich von Buddhismus trennt. Er ist Leid erzeugend, das Leid des festhalten an Texten und deren Bedeutung für die Lehre. Die Lehre des Buddha wird außerhalb des Buddhismus gelebt und das macht ihn zu einer sterbenden Form einer nur Religion im Westen.
LG Helmut
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