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Buddhismus wird als Religion, Philosophie oder Psychologie bezeichnet. Was denn jetzt? Kann das bitte mal jemand klären?

Religion ist der Glaube an etwas. Dabei geht es um die Anerkennung einer höheren, meist unsichtbaren Macht, die irgendwie mit dem Entstehen der Dinge zu tun hat und ihren Lauf kontrolliert. Religion kommt vom lateinischen „religio“ und „relegere“. Gemeint ist „die gewissenhafte Sorgfalt in der Beachtung von Vorschriften“. Diese Vorschriften sind in der Regel moralischer und ritueller Natur: „Du darfst nicht ... Du musst ...“ Da Buddhismus die Existenz einer solchen Macht nicht kennt, Rituale nicht durchgängig betont und buddhistische Ethik eine völlig andere Größe ist als die stumpfe Befolgung von beliebigen Sittlichkeitsregeln, ist es falsch, Buddhismus als Religion zu bezeichnen, meine ich.

In der Philosophie, „philosophia“, wörtlich „Liebe zur Weisheit“, geht es darum, die Welt und die menschliche Existenz zu ergründen, zu deuten und zu verstehen. An dieser Stelle kommen wir Buddhismus schon näher. Westliche Philosophie kennt im Grunde zwei Denkrichtungen: Metaphysik und Phänomenologie. Metaphysik ist die Lehre von den Ursachen und vom Zweck des Seins: Wo kommen wir her, und was hat das alles für einen Sinn? Phänomenologie schert sich nicht darum, was sein könnte, sondern studiert die Dinge, wie sie uns erscheinen. Buddhismus ist in diesem Sinne philosophische Phänomenologie.

Religion

Psychologie ist das Studium des Geistes und der mentalen Zustände. Wie Philosophie hat sie zwei Grundaspekte – die reine Psychologie, die das allgemeine und theoretische Studium mentaler Phänomene ist, sowie die Psychotherapie oder angewandte Psychologie. Es geht dann um Heilung von Krankheit und Störung sowie um Anpassung. Angewandte Psychologie oder Psychotherapie ist eine Untersuchung des Geistes und der mentalen Zustände, die sich auf die Phänomene konzentriert, um uns auf den Weg zu geistigem Wohlergehen zu helfen.

Wir können klar erkennen, dass der phänomenologische Aspekt der Philosophie und der therapeutische Aspekt der Psychologie zum Verständnis der Buddha-Lehre am nützlichsten sind. Wir dürfen aber nicht den Fehler machen, Buddhismus auf diese Aspekte zu reduzieren. Wir müssen neben ihnen noch den Begriff der Transzendenz einführen. Jedoch nicht im herkömmlichen Sinne als eine Dimension, die der normalen Sinneswahrnehmung verschlossen bleibt. Denn dann landen wir wieder bei der Metaphysik. Vielmehr setzen wir auf den Transzendenzbegriff des Philosophen und Existenzialisten Jean-Paul Sartre. Der Franzose sah in der Transzendenz die Überschreitung des menschlichen Egos zu einem All-Einen, die jedem Menschen bereits innewohne.


Dieser Blog erschien in der Ursache\Wirkung №. 115: „Rede mit mir!"

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Buddhismus kann also als philosophische Phänomenologie, therapeutische Psychologie und Transzendenz, wie sie uns in den Überlegungen Sartres begegnet, verstanden werden. Nicht jedoch als Religion. Geht doch.

Ihr Hendrik Hortz

Frank Hendrik Hortz, Jahrgang ‘65, im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, Religionswissenschaftler (studierter ev. Theologe und Philosoph), Journalist und Unternehmer. Erste Meditationserfahrungen vor fast 40 Jahren, Buddhist seit etwa 10 Jahren. Herausgeber und Chefredakteur der Ursache\Wirkung.

Hendrik Hortz

Hendrik Hortz

Frank Hendrik Hortz, Jahrgang ‘65, im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, Religionswissenschaftler (studierter ev. Theologe und Philosoph), Journalist und Unternehmer. Erste Meditationserfahrungen vor fast 40 Jahren, Buddhist seit etwa 10 Jahren. Herausgeber und Chefredakteur der Ursache\Wirkung.
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