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Am 4. Mai findet im Higashi Honganji Buddhist Temple in Los Angeles eine weltweite buddhistische Gedenkfeier für die asiatisch-amerikanischen Vorfahren statt. Im Gedenken an die Opfer zweier Jahrhunderte antiasiatischer und antibuddhistischer Gewalt in den USA.

In vielen buddhistischen Traditionen geht man davon aus, dass ein Mensch 49 Tage nach seinem Tod wiedergeboren wird. Am 4. Mai 2021 sind es genau 49 Tage, seit bei einem Amoklauf in der US-amerikanischen Stadt Atlanta sechs asiatisch aussehende Frauen und zwei weitere Menschen von einem 21-jährigen Amokläufer aus rassistischen und frauenfeindlichen Motiven erschossen wurden. Um diesen und weiteren Opfern zweier Jahrhunderte antiasiatischer und antibuddhistischer Gewalt in den USA zu gedenken, haben die Professor*innen Duncan Ryuken Williams und Funie Hsu gemeinsam mit der Autorin Chenxing Han eine neunzigminütige buddhistische Online-Gedenkveranstaltung organisiert. Die Veranstaltung mit dem Namen „May We Gather: A National Buddhist Memorial Ceremony for Asian American Ancestors“ wird von einem breiten Bündnis aus buddhistischen Gruppen, Tempeln und auch Einzelpersonen getragen. Bisher haben sich dem Bündnis 80 asiatisch-amerikanische buddhistische Gruppen und Tempel zusammen mit 120 verbündeten Sanghas und Organisationen sowie zahlreiche Einzelpersonen angeschlossen. „Buddhismus unter dem Regenbogen“, die AG queerer Buddhisten in der DBU, und das buddhistische Magazin Ursache\Wirkung unterstützen das Bündnis als erste buddhistische Vertreter aus dem deutschsprachigen Raum. Weitere Unterstützer können sich auf der Homepage der Veranstaltung eintragen lassen.

Seit Beginn der Pandemie hat die Gewalt gegenüber asiatisch aussehenden Menschen weltweit deutlich zugenommen. Die Organisation „Stop AAPI Hate“ hat für den Zeitraum vom 19. März 2020 bis zum 28. Februar 2021 3.795 Vorfälle rassistischer Gewalt in den USA gezählt. Die Dunkelziffer wird als wesentlich höher eingeschätzt, da die meisten Opfer die Vorfälle nicht anzeigen und sich auch nicht an die Medien wenden. Die Gewalt trifft Menschen jeden Geschlechts und aller Altersklassen, aber besonders häufig sind Frauen und Senioren das Ziel der rassistischen Attacken. Der bisherige Höhepunkt dieser unrühmlichen Entwicklung war der Amoklauf am 16. März in Atlanta.
Auch in Deutschland lässt sich seit Beginn der Pandemie ein Anstieg antiasiatischer Übergriffe verzeichnen, bestätigt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. In den letzten Monaten hat sich die Situation noch einmal verschlimmert. Auch in den sozialen Medien finden sich entsprechende Berichte von asiatisch aussehenden Deutschen und in Deutschland lebenden Asiaten.

Vor buddhistischen Tempeln macht die Gewalt ebenfalls nicht Halt. In nur einem einzigen Monat wurden zum Beispiel Ende letzten Jahres sechs vietnamesisch-amerikanische Tempel in Orange County in Kalifornien demoliert. Vor dem Huong-Tich-Tempel beschmierten Randalierer eine Statue Manjusris mit schwarzer Farbe und sprühten das Wort „Jesus“ auf den Rücken des Bodhisattvas der Weisheit. Im Februar dieses Jahres wurde der Higashi Honganji Buddhist Temple in Los Angeles verwüstet. Der Tempel wurde bereits 1904 gegründet und das aktuelle Gebäude 1976 errichtet.

Gewalt gegen Asiaten hat in den USA eine lange Tradition. Schon die ersten Chinesen, die im 19. Jahrhundert in die USA immigrierten und die die Ersten waren, die den Buddhismus in die neue Welt brachten, waren häufig Gewalt und Pogromen ausgesetzt. Im Jahr 1882 trat dann der Chinese Exclusion Act in Kraft. Das Gesetz verwehrte für über acht Jahrzehnte Chinesen, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, die Migration in die USA, nachdem schon zuvor die Rechte der bereits in den USA lebenden Chinesen drastisch eingeschränkt wurden. Weniger als 25 Jahre später wurde auch der Zuzug von Japanern begrenzt.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Situation für japanischstämmige Amerikaner noch schwieriger. Japan und Deutschland waren mit den USA im Krieg. Aber während deutschstämmige Amerikaner kaum behelligt wurden, wurden von 1942 bis 1945 schätzungsweise 120-000 japanischstämmige Amerikaner in Internierungslager gesperrt. Japanische buddhistische Tempel wurden zerstört und geplündert.

Auch der deutschsprachige Raum hat eine lange Geschichte antiasiatischer Gewalt. In den 1930ern haben die Nationalsozialisten hier lebende Chinesen vertrieben, und manche wurden sogar in Zwangslager gesperrt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands stieg die rassistische Gewalt gegen Asiaten erneut stark an. Vor allem die vietnamesische Gemeinde in Deutschland sah sich in den 1990er-Jahren Hass und Feindseligkeiten ausgesetzt, die in den Pogromen von Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen kulminierten.
Die Gedenkveranstaltung „May We Gather“ wird im mittlerweile wieder hergerichteten Higashi Honganji Buddhist Temple begangen und per Internet in alle Welt übertragen. Die Teilnahme ist kostenlos und eine Registrierung ist nicht erforderlich. Die Teilnehmer werden gebeten, eine Kerze, ein Räucherstäbchen oder eine Blume für die Zeremonie bereitzuhalten. Für diejenigen, die aus zeitlichen oder anderen Gründen nicht teilnehmen können, wird eine Aufnahme der Veranstaltung ein paar Tage später auf der Webseite hochgeladen.

www.maywegather.org
4. Mai 2021 um 16 Uhr PDT (5. Mai, 1 Uhr morgens, mitteleuropäische Zeit)
#maywegather #StopAsianHate #IchBinKeinVirus

Blog Jens MayWeGatherGraphic

 

Jens Reinke ist Research Associate am Ostasiatischen Institut der Universität Leipzig. Er forscht zur Entwicklung zeitgenössischer Buddhismen in sinophonen Gesellschaften unter Berücksichtigung globaler Dynamiken. Sein Buch über die globale Verbreitung des taiwanischen buddhistischen Ordens Fo Guang Shan mit dem Titel „Mapping Modern Mahayana: Chinese Buddhism and Migration in the Age of Global Modernity“ ist diesen Januar bei De Gruyter erschienen.

 

 

 Illustrationen © Rob Sato
instagram.com/robsato/ | robsato.com

Kommentare  
# Adalbert Batmunkh 2021-04-28 20:51
Ich unterstütze die Aktion "my we gather".
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