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Man soll vorsichtig sein, was man sich wünscht. Nein, das lerne ich beim Gespräch über den Zaun. Und wieder lerne ich von der Jugend.

Bald hat mein kleiner Nachbar Geburtstag. Auf die Frage, wie alt er wird (nicht, dass ich es nicht wüsste, doch Männer kann man nicht früh genug in den Redefluss bringen), streckt er mir seine Hand entgegen und spreizt alle Finger. Das kann man jetzt nicht unbedingt als gewaltiges verbales Statement betrachten, doch die Antwort auf die Frage nach seinen Wünschen umso mehr. Ein rotes Auto mit Wohnwagen für sich, dann ein Spielhaus mit einem kleinen Trampolin und vieles mehr. Seine Wünsche, erklärt er mir, liegen in kleinen Briefen in seinem Bauch. Dort gibt es Fenster, durch die der Postbote schaut und dann liefert. Seine Mutter ist bemüht, Enttäuschungen zu vermeiden, und versucht, die Anzahl der ersehnten Geschenke einzudampfen und ihren Kleinen dahingehend einzuschwingen, dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen müssen. Der bald Fünfjährige widerspricht vehement. Und ich versuche mich in Diplomatie, werfe über den Zaun, dass Wünsche ihre eigene Geschwindigkeit haben.

Dabei fällt mir ein, dass mir kürzlich der Satz „Wünschen darf man aber schon“ gesagt wurde. Er folgte auf meine Aussage, dass ich mich in meinem Leben so gut wie nie um einen Mann bemüht habe. Genauer: einen in mein Leben zu ziehen. Ich erinnere mich noch an meine Gymnasialzeit, als einer meiner Mitschüler plötzlich damit begann, mich während der Stunden anzustarren. Ich fand das hochgradig irritierend und dieses Gefühl wurde noch dadurch verstärkt, dass er mir seine Zuneigung schrieb und dann auch noch mit mir spazieren gehen wollte. Nicht dass er unansehnlich gewesen oder sich unangemessen verhalten hätte: Ich verstand einfach nicht, was er suchte und an/in mir fand. Was er bezweckte. Leider kam er nie über das Starren hinaus, auch beim Spaziergang nicht. Doch eines hatte er geschafft, nämlich dass ich Zeit mit ihm verbrachte. Und das habe ich in den vergangenen 40 Jahren immer wieder getan, mit unterschiedlichem Erfolg. Doch gewünscht habe ich mir eine Beziehung eigentlich selten. Es passierte halt. Vermutlich waren die Hormone im Spiel, auch die eine oder andere Beweisführung, dass ich „es auch konnte“. Und das Gefühl des Verliebtseins hatte ich schon ganz gerne.

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Allerdings kam damit natürlich auch die innere und äußere Ruhe abhanden. Wenn man einen Freund hatte, bedeutete das Kümmern, Klamüsern, Kompromisse. Kuscheln natürlich auch, aber hauptsächlich die ersten drei. Aus heutiger Sicht stelle ich fest, dass ich da wohl einiges missverstanden oder mir vieles falsch abgeschaut habe. Meine Beobachtungen sind und waren: Um Männer muss man sich kümmern. Inzwischen weiß ich: Männer können sich ganz gut um sich selbst kümmern, wenn man sie nur lässt. Klamüsern lag eher in meinem Bemühen, mein Gegenüber kennenzulernen und es verstehen zu lernen. Inzwischen weiß ich: Verstehen ist nur eingeschränkt möglich, Akzeptanz für die Eigenheiten des anderen vorteilhafter. Und das mit den Kompromissen? Einer meiner Onkel sagt immer, dass ihn Kompromisse nicht interessieren. Denn wenn seine Frau glücklich ist, ist er es auch. Unnötig zu betonen, dass ich mit ihm darüber diskutiert habe, um ihm auch sein Recht zu verdeutlichen. Doch verändert hat das nichts. Er versucht nach wie vor, seine Frau zu beglücken, was nur beschränkt klappt, da sie sehr viel von Kompromissen hält.

In den vergangenen Jahren habe ich immer wieder versucht, eine dieser Listen fürs Universum zu schreiben, wie es eine meiner Freundinnen getan hat. Sie beschrieb bis ins kleinste Detail ihren Wunschmann – und siehe da: Das Universum hat geliefert. Bei mir hat das nur mangelhaft geklappt, vor allem weil ich eines außer Acht gelassen hatte: meine Intention. Und die war eben auch mangelhaft. Mir war beim Listenschreiben eher die Neugierde wichtig, ob das klappt, als die Tatsache, dass Mr. Right vor meinem Tor von seinem weißen Schimmel abgeworfen wird. Manchmal wollte ich auch nur irgendwem beweisen, dass Männer in meinem Leben durchaus Platz haben. Auch Schwachsinn. Doch jetzt weiß ich: Ich habe keine Ahnung, ob ich mir einen Mann wünschen soll oder nicht. Und deshalb wünsche ich mir eben gar nichts. Im Grunde ist nämlich alles schon da – vielleicht nicht in der traditionellen Verteilung, aber trotzdem.

Von meinem kleinen Nachbarn kann ich lernen, dass man unbeschwert wünschen kann. Und vertrauen darf, dass diese Wünsche in Erfüllung gehen. Tun sie das nicht, solange man Kind ist, wächst man glücklicherweise heran und kümmert sich irgendwann selbst um seine Sehnsüchte. „Gib deinem Wunsch Maß und Grenze, und dir entgegen kommt das Ziel.“ Gemäß dieser Worte von Theodor Fontane wünsche ich mir das Maß von rund 9.000 Kilometern Luftlinie, die Überquerung der Grenzen von Italien, Libyen, Niger, Tschad, der Zentralafrikanischen Republik, des Kongo, von Angola, Namibia und Südafrika. Auf dieser Strecke kommt mir auch das Ziel entgegen, mein geliebtes „Beach House“. Wenn es leicht geht, liebes Universum, heuer noch. Bis dahin wünsche ich mir Gesundheit und Zufriedenheit für alle Menschen, die mir am Herzen liegen, und Frieden im Herzen der Restpopulation des Planeten. Das Universum hat einiges zu tun.

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Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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