In dem Buch von Anam Thubten „Choosing Compassion“ hat mich mehr als ein Satz angesprochen. Man könnte direkt ein zweites Buch, ein Antwortbuch, schreiben, so anregend sind die dargelegten Empfehlungen, Reflexionen und Einsichten.
Die im Titel genannte Empfehlung „Warte noch ein bisschen“ ist so unscheinbar wie genial. Deshalb habe ich gerade diese ausgewählt. Wenn wir nicht wissen, was wir angesichts einer unaushaltbaren Situation tun sollen – eine, die uns oder ein Mitwesen betrifft –, dann können wir (uns) sagen: „Warte noch ein bisschen.“
In diesem Satz ist alles Wichtige enthalten: das Wissen um Vergänglichkeit (morgen kann alles schon ganz anders aussehen), der Appell an Geduld (wahrscheinlich erträgst du mehr, als du jetzt denkst). Im Warten können sich kreative Möglichkeiten auftun (Praxis von Nicht-Wissen). Bitte probiere es mit Rezeptivität (Geistesruhe mag dich dabei erfassen). Lass dich von Mitgefühl leiten (und nicht zum Beispiel von Empörung).
Ich kann mir vorstellen, dass dies ein häufig angewandter Zaubersatz (Mantra, sehr frei übersetzt) wird. Er lässt den Wesen maximale Freiheit und verwickelt die Zuhörenden nicht. Natürlich sind wir uns bewusst, dass manchmal umgehend gehandelt werden muss. Dann ist diese Empfehlung nicht weise. Und doch ... Dieser manchmal winzige Zwischenraum des Wartens lehrt uns, unsere Reaktivität in verantwortliches, angemessenes Handeln umzusetzen.
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