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Ich wache auf, und die Nachrichten auf meinem Handy stapeln sich.

Ich soll mit einer Million anderer Menschen am 5. April um 4:45 früh meditieren. Ich soll dabei meine Absicht zum Ausdruck bringen, diese Meditation als ein Werkzeug zu verwenden, um das Coronavirus vollständig zu entfernen. Ich soll mir eine Säule aus strahlend weißem Licht vorstellen, die von der kosmischen Zentralsonne ausgeht und dann zu den Zentralsonnen aller Galaxien in diesem Universum verteilt wird, und wie dieses Licht alle auf der Erde verbliebenen Coronaviren umwandelt.
Wissenschaftliche Studien hätten die positiven Auswirkungen von Massenmeditationen und -aktivierungen auf die menschliche Gesellschaft bestätigt.

In der nächsten Mail werde ich dazu aufgefordert, meinen Job zu kündigen, da ich ab jetzt durchschnittlich 450,00 €/Tag verdienen könnte. Ich bräuchte nur einem neuen Untergrund-Bankensystem beitreten. Eine kleine Eizahlung, die ich leisten soll, würde unglaublich rasch zu einem Vermögen heranwachsen.

In einer dritten Mail erklärt mir ein Naturmediziner, es wäre alles nicht so schlimm, ich bräuchte mich nicht zu sorgen.

Danach wird Corona als harmlose Grippe beschreiben, und in einer weiteren stapeln sich in Italien und Spanien die Särge.

Fühlen, Denken und Handeln werden durcheinandergewirbelt.

Der uns auferlegte Rückzug geht in die dritte Woche. Eine fünfzehnminütige Kontemplation kann helfen, Bilanz zu ziehen: Was war gut im bisherigen Leben und was soll geändert werden?

Anleitungen zur Kontemplation und zum Umgang mit Gedanken und Gefühlen finden Sie hier

Vom Fühlen und Denken in der Krise

Denken und Fühlen – Woche III/2
Wir wissen viel, aber im Augenblick der Entscheidung nützt das oft nichts. Sonst würden wir uns weniger dafür entscheiden, was uns stresst, und mehr dafür, was uns nicht stresst.

Wer glaubt: „Mich regen aber nur die anderen auf“, irrt. Nichts würde einen aufregen, ließe man das nicht selbst zu.

Diese Aussage stimmt zwar, entspricht jedoch nicht unserer Erfahrung. Entsprechend dieser scheinen es ja doch die Umstände zu sein, etwa die Coronakrise, die aufregen.

Trotzdem – durch genaues Hinschauen wäre zu erkennen: Nicht die Krise regt uns auf und ängstigt uns, sondern wir nehmen die Krise zum Anlass, um uns zu erregen und Angst zu haben.

Man kann prüfen, ob das stimmt.

Und wenn ja, warum?

Weil wir weder unsere Gedanken noch Gefühle wirklich im Griff haben. Wir handeln im Affekt. Nicht wir haben unsere Emotionen wie Ärger, Wut und Angst unter Kontrolle, sondern unsere Emotionen haben uns unter Kontrolle.

Das hat mit dem Zusammenhang zwischen Wahrnehmung, Fühlen, Denken und Handeln zu tun.

Ich möchte rauchen. Ich weiß zwar, dass ich das nicht tun sollte, aber ich habe Stress und der ist mir unangenehm. Das unangenehme Gefühl lässt nach, wenn ich rauche. Das nennt man Suchmechanismus oder „süchtiges Verhalten“. Das gibt es in vielen anderen Varianten. Ich sehe billiges Gemüse, ich denke, das sollte ich nicht kaufen, es ist unter schlechteren Umweltbedingungen gewachsen als das Qualitätsprodukt daneben. Der Preis bewirkt ein angenehmes Gefühl in mir, das ich nicht bemerke, das mir nicht bewusst ist. Ich greife zu der Billigware, ausschließlich aufgrund des Gefühls, das der geringe Preis bewirkt. Das geht ganz schnell, in Millisekunden. Die Wahrnehmung des Preisangebotes, also das Sehen des Preisschildes, ruft automatisch ein Gefühl hervor. In den Prozess kann man nicht eigreifen. Erst nach der Entstehung des Gefühls kommt die Handlung, und die ist durch das Gefühl bedingt. Es ist kaum möglich, sich gegen das Gefühl zu entscheiden, vor allem dann nicht, wenn es einem nicht bewusst ist.

Es kommt auf mein Bewusstsein an, wie ich mich verhalte, und mein Bewusstsein habe ich, weil ich bin, wie ich bin. Ich müsste ein anderes Bewusstsein haben, um mich anders zu entscheiden. Das Bewusstsein zu ändern, ist ähnlich schwer, wie den Charakter zu ändern.

Irgendwo muss man aber anfangen, wenn man sich ändern möchte. Und ändern wird man sich erst wollen, wenn man Leiden spürt. Wir leiden, wenn wir unter Stress stehen.

Wir hängen so lange in sich wiederholenden Endlosschleifen gleicher Denk- und Handlungsgewohnheiten, bis wir sie ändern.

Der uns allen auferlegte Rückzug in dieser Krise ist eine gute Gelegenheit, um zu beginnen, Denk- und Handlungsgewohnheiten zu hinterfragen.

Der österreichische politischer Aktivist und Kabarettist Rudi Fußi stellt auf Youtube wichtige Fragen: Macht es Sinn, wenn ein Prozent der Menschen fünfzig Prozent besitzen, wenn Arbeitskraft hoch und Spekulationsgewinn gar nicht besteuert wird? Macht es Sinn, dass einheimische Firmen Steuern zahlen und Amazon keine, macht es Sinn, dass Flugtickets billiger sind als Bahnkarten? Das sind wichtige Fragen, und auch sie verändern unser Bewusstsein, doch was nützt das, wenn uns Fliegen ein angenehmeres Gefühl bereitet als Zugfahren? Vor allem, wenn uns das Gefühl nicht bewusst ist und wir nicht merken, wie es uns beeinflusst?

Krisen bieten als positive Kehrseite eine Gelegenheit, sich zu ändern. Jetzt kann man anfangen, Fragen zu stellen, Verhaltensmuster achtsam anzuschauen, den Geist zu üben. So gelingt es, dass nach der Krise nicht alles weitergeht wie davor.

Ohne das Bewusstsein zu ändern, sich die eigenen Gedanken und Gefühle bewusst zu machen, fallen wir allzu leicht in alte Bahnen zurück. Sie sind im Hirn tief eingebrannt, ähnlich wie Lastwagenspuren im Schlamm.

Achtsamkeit und Meditation sind Bewusstheits- und Konzentrationsmethoden. Durch sie kann man lernen, mit dem Denken und Fühlen weiser umzugehen.

Kontemplation
Die Methode der Meditation mit Konzentration auf dem Atem hat es im Abendland vor den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts kaum gegeben – andere Formen der Meditation, vorwiegend in christlichen Klöstern praktiziert, sehr wohl. Eine abendländische Methode der Meditation ist die Kontemplation. Man stellt eine Frage oder ein Thema vor sein geistiges Auge und erwägt es, betrachtet es, ohne zu bewerten.

Auf diese Weise kann man das eigene Leben untersuchen. Diese Form der Untersuchung ist nach Meditation und Achtsamkeit die dritte Methode des Geistestrainings. Die vierte ist die Anstrengung. Sie werden im Übungsweg W. I. S. D. O. M. beschrieben.

Übung: Geleitete Kontemplation „Wie geht es weiter? – fünfzehn Minuten 

Anleitung zum Sitzen:

Einen geeigneten, ungestörten Ort suchen. 

Auf ein Kissen oder einen Stuhl setzen.
Den Rücken bequem aufrecht halten, nicht anlehnen. 

Die Hände in den Schoß oder auf die Knie legen. 

Am Boden sitzend, sollen die Knie den Boden berühren.Ist das im Schneidersitz nicht möglich, im Kniesitz auf ein Kissen oder auf einen Stuhl setzen. In diesem Fall die Beine nicht überschlagen, sondern parallel halten.

Den letzten Blog von Peter Riedl finden Sie hier.

Univ.-Prof. Dr. Peter Riedl

Univ.-Prof. Dr. Peter Riedl

Peter Riedl ist Universitätsprofessor für Radiologie und seit über 30 Jahren Meditations- und Achtsamkeitslehrer. Er ist Gründer und war bis Juni 2019 Herausgeber der Ursache\Wirkung, hat W.I.S.D.O.M., die Wiener Schule der offenen Meditation und das spirituelle Wohnheim Mandalahof gegründet. S...
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