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Kurz vor Weihnachten möchte ich heute einen meiner Lieblingsdichter vorstellen, den kanadisch-amerikanischen Autor, Übersetzer und Zen-Lehrer Peter Levitt, der in den Vereinigten Staaten geboren wurde und heute in Kanada lebt.

Im vergangenen Jahr haben er und ich daran gearbeitet, Levitts englische Überarbeitung des "Versprechens", das anscheinend alle US-Schüler jeden Morgen rezitieren, ins Deutsche und in andere europäische Sprachen zu übersetzen. Wenn ich mich an die Nachrichten über Greta Thunberg in den letzten Monaten erinnere, und dabei vor allem an die Reaktionen einiger Journalisten und Politiker auf ihre emotionale Rede in New York und dann in vielen anderen Städten, dachte ich an die Verse des Dichters. Dieser bezieht sich auf den folgenden Ursprungstext:

Das Original:
"Ich schwöre Treue zur Flagge
der Vereinigten Staaten von Amerika,
und der Republik, für die sie steht,
eine Nation unter Gott,
unteilbar, mit Freiheit
und Gerechtigkeit für alle."

Ich weiß nicht, ob es eine Überschrift für den Text gibt, wenn ja, entschuldigen Sie bitte ihr Fehlen hier. Ich denke, wir können uns gut vorstellen, wie sich diese Zeilen in die weichen Seelen der Kinder einbrennen, während sie auf Ihre Nationalfahne schwören. Wenn wir dann weiter von Freiheit und Gerechtigkeit für alle hören bzw. lesen, können wir vielleicht unseren Augen nicht trauen oder etwas zynisch denken: Wenn es zumindest so wäre, dann könnten wir uns möglicherweise mit der Flagge anfreunden.
Lesen Sie nun die Überarbeitung durch Peter Levitt:

"Mein Versprechen an die Welt
Ich widme meinen Körper, meine Sprache, meinen Geist
der Befreiung aller Wesen,
für die wir einstehen,
ein Leben, verwoben mit allem, was ist,
mit Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit
und Mitgefühl für alle."

Während ich diesen eindringlichen Text schreibe, sehe ich vor meinem geistigen Auge Greta Thunberg auf dem ersten Foto, das wir alle kennen, wie sie alleine neben ihrem Schild "Schulstreik" sitzt, Freitag für Freitag. Erst im Nachhinein erkenne ich, wie genial und radikal im Sinne von "zur Wurzel gehen" ihre zunächst stille Aussage ist. Was ich höre, ist: "Die Schule hat mir zu wenig zu bieten, aber ich respektiere die Regeln und die Lehrer. Deshalb gehe ich viermal pro Woche dorthin, um zu lernen und mich ernsthaft um meine Ausbildung zu kümmern. Aber ich frage mich und alle: 'Was nützt mir eine Schule, wenn die Existenz des Planeten und damit meine Existenz, unser aller Existenz gefährdet ist? Wenn wir uns am Ende, und viel früher als wir dachten, Sorgen um das nackte Überleben in heißen, überschwemmten Regionen unseres Landes und anderer Länder machen müssen? Wenn weitere Tierarten aussterben, von denen wir gnadenlos abhängig sind, wie zum Beispiel Bienen und viele andere Insekten? Was nützt mir mein Abitur, wenn ich von Wissenschaftlern höre, dass es schon nach 12 Uhr ist, was bedeutet, dass wir nur noch um viele Wesen trauern können, denn tote Arten werden nie zurückkehren! Wir können die Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern bereits nicht bewältigen, haben Angst und lassen viele im Mittelmeerraum oder in Lagern anderer Länder sterben. Wie wird es sein, wenn es noch viel mehr Flüchtlinge gibt, die ihre ausgetrockneten, zerstörten Länder verlassen mussten und weiterhin müssen? Wenn wir selber fliehen müssen, wovor auch immer?

Wie gehen wir effektiv mit der Notlage um, in der wir uns bereits befinden? Zählt Effektivität überhaupt noch, und auf welches schlimmste Szenario müssen wir uns vorbereiten? Warum werden wir wie Kleinkinder belogen, warum wird uns vorgetäuscht, dass alles in Ordnung und unter Kontrolle sei, von ein paar Schönheitskorrekturen abgesehen? Warum reden Politiker immer nur vom Geld?".

Peter Levitt

Irgendwann schwieg Greta Thunberg nicht mehr, sondern sprach in ihren eigenen Worten und berührte viele ihrer Altersgenossen in ihren Herzen, aber auch zunehmend Eltern und Großeltern und andere Erwachsene. Doch sie fuhr fort: Als sie sah, dass viele von ihrem Bemühen, der Wahrheit ihrer Worte und ihrer Gradlinigkeit, gepaart mit sachlichem Wissen, berührt waren, wusste sie, dass sie noch mehr Opfer bringen musste. Damit sich etwas entscheidend bewegt, sind immer Opfer notwendig, das scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben. Warum wissen junge Erwachsene das, aber viele meiner eigenen Generation nicht?

Greta plante, die Schule für ein Jahr zu unterbrechen. Viele können nicht glauben, dass dies ein Opfer für sie bedeuten könnte, sie denken lediglich, wie mutig, kühn, vielleicht sogar unverschämt sich dieser Teenager verhält, um die Gesetze einfach auf ihre eigene Weise zu interpretieren und nach Übersee und von dort nach Madrid zu reisen, um an äußerst wichtigen globalen Klima-Konferenzen teilzunehmen. Greta wusste bereits, dass nicht nur sie da sein würde, sondern mit ihr Tausende und Abertausende engagierte junge Menschen und Junggebliebene in der Welt, mit denen zusammen sie sich einsetzt für konkrete Rettungsmaßnahmen, für uns und alle, für unsere Zukunft.

Was Greta tut, wird in der poetisch-spirituellen Bearbeitung durch meinen Freund Peter Levitt in allen Einzelheiten beschrieben: Greta meint es ernst, sie gibt ihr Versprechen an die Welt UND: Sie hält es ein. Damit verkörpert sie bereits die Zukunft, für die sie steht.

Nicht nur Sprache und Geist, sondern von Anfang an setzt sie auch ihren Körper ein, nicht nur für die Befreiung der jungen Menschen, sondern auch für die Zukunft, also für alle Wesen. Nicht nur für menschliche Wesen, sondern für alles, was lebt, was uns heilig war und ist und sein sollte.

Sie weiß und bezeugt, indem sie vegan lebt und versucht, Konsumismus und Flugzeuge zu vermeiden, dass es nur EIN Leben gibt, dass alles mit allem verwoben ist. Sie weiß und bezeugt, dass sie es noch immer gut hat, dass es aber andere Länder gibt, in denen seit Längerem große Klima-Ungerechtigkeit herrscht. Ebenso weiß sie und bezeugt, dass Gleichheit für uns aus kapitalistischen Ländern bedeutet, für die "Nicht-Gleichen" zu sprechen. Greta richtet sich danach. Sie weint, weil sie Mitgefühl hat, wo andere dies vermissen lassen. Das tut besonders weh.

Was ich sage, ist sehr subjektiv, und ich weiß nicht, ob Greta Thunberg diese persönliche Interpretation ihrer Absichten und Handlungen schätzen würde. Ich hoffe aufrichtig, dass sie sich durch meinen Text in keiner Weise ausgebeutet oder sonstwie verletzt fühlen würde. Natürlich hoffe ich, dass sie sich gesehen fühlt. Lasst uns ihr zur Seite stehen und den Mut finden, uns ebenfalls für eine lebenswerte Zukunft voll und ganz einzusetzen.

Mögen sich alle Wesen von Gretas und unserer Liebe berührt fühlen, heute und immer.
Mögen alle Wesen genug zu essen und zu trinken haben, und mögen sie stets ein sicheres Dach über ihrem Kopf finden.
Mögen alle Wesen Unterstützung finden und vielleicht ein Wunder, wenn es gebraucht wird.

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Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
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