In dieser Woche kann ich mich über mangelnden Input nicht beklagen. Und auch wenn ich mich anfangs wirklich nahe an der Schädeldeckensprengung befand, ergab am Ende doch alles einen Sinn.
„We should all be feminists“ – damit begann meine Woche, und meine Arbeitsumstände erlauben es, dass ich mir ein Theaterstück auch am Vormittag anschauen kann, wenn ich für das Abendticket zu spät dran bin. Das Positive: Ich befinde mich inmitten von jugendlichen Schulklassen, die sich mehr oder weniger freiwillig mit diesem Thema zu beschäftigen haben. Vier junge Schauspieler beiderlei Geschlechts zeigten dabei die verschiedenen Klischees auf, machten deutlich, wie weit und wie unbedacht wir alle dieselben mit uns herumtragen. Und sie eben erst dann auflösen, wenn wir mit der Nase darauf gestoßen werden. Das betrifft jetzt nicht nur das Miteinander der verschiedenen Geschlechter, sondern auch den Umgang innerhalb einer Spezies. Während Männer sich hauptsächlich dann untereinander gut zu verstehen scheinen, wenn sie erfolgreich sind, und sich abwenden, falls einer mal schwächelt, gibt es unter Frauen beispielsweise die allseits bekannte Stutenbissigkeit. Die Autorin, die dieses Theaterstück inspiriert, meinte einmal, dass diese Welt voll von Männern UND Frauen sei, die keine mächtigen Frauen mögen. Dabei muss Macht ja nichts Negatives sein, sondern kann durchaus und idealerweise dazu genutzt werden, etwas Positives in diese Welt zu bringen. Aber das ist wohl wieder ein anderes Thema.
Etwas Positives in die Welt bringen? Ein Ende des Misstrauens etwa. Darum ging es bei einer Buchpräsentation am nächsten Tag. Ein christlicher Mönch hatte sich die islamischen 99 Namen Gottes vorgenommen, weil er das Gefühl hatte, dass er sich in Zeiten wie diesen mehr mit dieser Religion auseinandersetzen wollte. Er regte an, dass man mehr aufeinander zugehen sollte, in ganz kleinen alltäglichen Situationen wie den jeweiligen Feiertagen. Und er erinnerte daran, dass wir alle – egal, ob und welcher Religion wir anhängen – spirituelle Wesen sind, die ihre Kraft aus derselben Quelle schöpfen. Er verglich Religionsstifter wie Buddha, Jesus oder Mohammed mit Brunnenbauer, die alle diese Quelle angebohrt hätten. Auch wenn das zu unterschiedlichen Zeiten und unterschiedlichen Kontexten passiert sei – im Grunde fördern alle das Gottvertrauen oder, wie es der Mönch ausdrückt, das Lebensvertrauen.
Alles, was uns täglich passiert, können wir unter dem Blickwinkel betrachten, dass es für uns eine Anregung beinhaltet. Und ja, es kam auch die Frage, warum Gott Krieg, Gewalt und Ungerechtigkeit zulassen könne. Mit der Weisheit eines 94-Jährigen antwortete der Mönch: „Gott ist kein Marionettenspieler.“ Das gefiel mir sehr. Denn warum sonst wären wir mit einem freien Willen ausgestattet worden? Was mich zum dritten Input bringt, der sich damit beschäftigte, wie man verhindern kann, sich zu ärgern. Hier hörte ich, dass es eine Entscheidung ist, sich zu ärgern. Weil der Mechanismus nämlich so läuft, dass wir auf die Schwingungen der Ärgerursache aufspringen, wenn wir impulsiv handeln. Wenn wir uns allerdings der Tatsache bewusst sind, dass unser Gegenüber selbst eine Entscheidung für seine Reaktion trifft, ganz einfach, weil es in seiner oder ihrer Eigenverantwortung steht, dann können wir alles dort lassen. Wir müssen uns nicht ärgern, wenn wir nicht wollen. Das empfand ich als ziemlich hilfreich.
Und es schließt den Kreis meiner gewonnenen Erkenntnisse. Unterminiert ein Gegenüber meine Weiblichkeit oder mein Menschsein als Gesamtheit, kann ich aus meiner Mitte heraus ruhig darauf reagieren, maximal Bedauern empfinden, aber auch weggehen. Hadere ich mit etwas, das mir zugestoßen ist, kann ich durchatmen und darauf vertrauen, dass es dafür einen Sinn geben wird.
Gestern hatte ich es eilig, mit dem Auto von A nach B zu kommen. Und wie es halt so ist zwischen 17 und 18 Uhr – alle wollen das. Zugegeben: Ich war verspätet aufgebrochen, und trotzdem saß ich am Steuer und klopfte mit meinen Fingern aufs Lenkrad, als der Autofahrer vor mir sich streberhaft an die 30-km/h-Beschränkung hielt. Abgesehen von der Tatsache, dass ich an der Situation durch mein mangelndes Zeitmanagement eine gewisse Teilschuld trug: Ich hätte mich unglaublich leicht für Ärger entscheiden können, für Hupen und Toben. Doch dann entschied ich mich dafür, dass mich dieser Autostreber von etwas Negativem anhielt, das ich dank seiner Fahrweise nie erfahren würde müssen . Ich kündigte meine Verspätung an und lehnte mich zurück. Das hatte zwei Vorteile: Ich kam nicht hippelig bei meiner Freundin an, und meine Freundin musste sich nicht mit meinen negativen Energien beschäftigen. Das ist es wohl, was man unter einer Win-win-Situation versteht. Versuchen Sie es doch auch einmal!