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Zuerst einmal „Danke“ für die vielfältigen Rückmeldungen auf meine Zeilen der vergangenen Woche. Es ist beruhigend, jemanden zur Seite zu haben, auch wenn man selbst nicht so genau weiß, wo die Reise hingeht.


Und tatsächlich ist es so, dass wir nicht nur eine finanziell mangelhaft geschichtete Gesellschaft zu haben scheinen, sondern auch eine, die sich in „Ich weiß, wo's lang geht“ und „Keine Ahnung, aber ich mache einfach mal“ teilt. Das stelle ich immer wieder fest, wenn ich mich in total durchmischte Gruppe begebe. Für die einen scheint es zu laufen, die anderen schauen ihnen beim Erzählen mit einem leicht zweifelnden, aber auch hoffnungsvollen Blick dabei zu. Und wenn man sie fragt, was sich bei ihnen gerade so tut, bekommt kam oft die Antwort „Nichts Besonderes.“
Vor kurzem war ich mit einer Freundin beim Mittagessen, und sie hat mir viele interessante Dinge erzählt, die sich gerade in ihrem Leben abspielen. Zum Beispiel von einem Bioacker, den man pachten und sich so mit dem eigenen Gemüse versorgen kann – falls man sich auch angemessen um das Gepflanzte gekümmert hat. Das sei nämlich Voraussetzung dafür, dass man so einen Acker überhaupt bekommt. Ich fand das großartig, weil ich das Gefühl hatte, dass Geld doch nicht alles regelt, sondern ethische Grundsätze mindestens ebenso wichtig (geworden) sind.
Irgendwann kam dann ihre Frage nach meinem Wohlbefinden, und ich stellte binnen Sekunden fest, dass ich keine Anekdoten zum Besten geben konnte. Also sagte ich, was Sache ist: „Ich spüre den Wandel und weiß gerade gar nicht, wohin mein Weg geht.“ Sie hob leicht ihre Augenbrauen, was ich der Überraschung zuschrieb, doch sie fragte nach. Und daraus entwickelte sich ein wohlwollendes Gespräch, das mich sehr bestärkte auf meinem Weg ohne offensichtliches Ziel. Und als ich nach der Abschiedsumarmung leichte Zweifel verspürte, ob ich sie mit meinen Unspektakeln gelangweilt haben könnte, folgte innerhalb kurzer Zeit eine Nachricht: „Die Zeit mit Dir ist immer viel zu kurz.“ Das machte mir eines klar: Ich bin nicht meine Anekdoten.

Wissen
Das stelle ich auch wiederholt in den Gesprächen mit meinem Ältesten fest, der gerade auf einem sehr spirituellen Weg ist. Was mir wahnsinnig gut gefällt und die Treffen mit ihm bereichernd machen. Nicht dass er mich nicht fragen würde, was sich in meinem Leben tut – es geht meistens um ihn und seine Entwicklung, was mir nach wie vor wichtiger ist als mit meinen Erlebnissen zu punkten. Auf jeden Fall hat er mir einen indischen Yogi und Mystiker vorgestellt, mit dem er sich gerade befasst. Und weil ich ja alles, was die Kinder ins Haus bringen, mit Freude entdecke, folge ich diesem Yogi jetzt auch auf Instagram. Zusätzlich bekomme ich Links von meinem Sohn zugeschickt, die mich aus dem täglichen Allerlei kurzfristig zurücksetzen. So auch heute morgen. Da ging es in dem zeitlich überschaubaren Video des Mystikers um „Desire“. Seine „Sessions“ laufen meist so ab, dass Fragen aus dem Publikum kommen, die er dann auf unerwartet humorvolle Art und Weise beantwortet. Und während er in seinem indischen Englisch Antworten darauf gab, ob der Umgang mit Wunsch/Begierde/Sehnsucht/Verlangen das Karma beeinflussen könne, dachte ich mir, wie wohltuend es ist, sich jetzt ausschließlich darauf konzentrieren zu dürfen. Und dass ich aus solchen Momenten viel zu wenig mache. Nicht weil mir die Kreativität fehlen würde – ich bin einfach viel zu schnell damit, weiteres Wissen in meinen Kopf hinein zu schaufeln.
Also beschloss ich, es heute anders zu machen. Nicht auf der Toilette das „Zeit“-Magazin zu lesen, nicht während der Morgenhygiene das Radio aufzudrehen, nicht während des Schreibens dieser Zeilen gesungene Musik zu hören. Sondern wirklich nur das nachwirken zu lassen, was ich als allerersten Input nach meinen Morgenseiten bekommen habe. Das ist jetzt noch einmal etwas anderes als das Simple Tasking, über das ich kürzlich gesprochen habe. Etwas Externes fern zu halten, geht inzwischen ganz gut. Doch mir selbst eine Freundin zu sein, die geduldig ist mit dem eigenen, leicht bis mittelschwer überforderten Informationsverarbeitungsprogramm – das ist noch einmal etwas gaaaanz anderes. Dieses essentielle Dasein gefällt mir. Drücken Sie mir die Daumen, dass es zumindest eine Zeitlang anhalten möge.

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Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Evelyn 2019-05-19 19:50
Heißt es nicht so schön: Der Weg ist das Ziel? :)
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# magclaudiadabringer 2019-06-07 12:25
definitiv, liebe evelyn!
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