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Der Bardo des Sterbens - Dieser Tage habe ich mich intensiv mit der internationalen Bewegung „Extinction Rebellion“ befasst.

Seit ich zum ersten Mal darüber las, übten die Ernsthaftigkeit und Kreativität, die Bereitschaft, unerschrocken Fakten zu analysieren und bis zu Ende zu durchdenken sowie die Bereitschaft, sich an anspruchsvolle Leitlinien wie Gewaltfreiheit, Inklusion, Recht auf Erholung, Dezentralisation, partizipatorisches Miteinander in kleinen Orts- bzw. Untergruppen einen starken Reiz auf mich aus. Aus London erreichten uns Fotos und Life-streaming-Videos, die von dem tiefen Wunsch nach Achtsamkeit, Erkenntnis, aber auch tiefer Sorge - aus unserer Sicht berechtigter Sorge - um die schon bezeugten tödlichen Auswirkungen des Klima-Notstandes wie um die zu erwartenden katastrophalen globalen Notstände beseelt sind. „Extinction Rebellion“ möchte darauf unmittelbar, mit direkten Aktionen zivilen Ungehorsams antworten und hat dies offenbar in über 40 Staaten dieser Welt schon getan. Oft tun sich demonstrierende Klima-Rebellen mit der Bewegung „Fridays for Future“ zusammen, und, wie ich unlängst in unserer Ortsgruppe Bonn hörte, gibt es nun auch eine Gruppe, die sich „Parents for Future“ nennt, die sich ebenfalls zum Handeln aufgerufen fühlt. Viel Energie haben wir der Unerschrockenheit und Geistesgegenwart von Greta Thunberg zu verdanken. Ich denke und fühle es bis in meine Knochen hinein: Es ist höchste Zeit. Wofür? Für entschiedenen Protest. Als Buddhistin und langfristig Denkende füge ich hinzu: Für ein kollektives Erwachen. Wir träumen uns hinein in unsere Nischen des Wegsehens, die heissen: „Nachrichten ertrage ich nicht mehr“. „Ich weiss nicht, wohin das alles noch führen soll.“ „Es ist alles masslos übertrieben, schon zu Buddhas Zeiten hiess es, die Welt würde brennen.“ „Ich muss sehen, dass ich gesund bleibe.“ „Die Politiker sind an allem schuld.“ „Die Flüchtlinge und die gewährende Politik; die Überbevölkerung; die Medien; Angela Merkel; der amerikanische Lebensstil... irgendjemand muss schuld sein oder irgendetwas, und wir können uns als unschuldige und ohnmächtige Opfer begreifen einer drohenden oder schon manifesten enormen Ungerechtigkeit. Ich glaube jedoch, dass die jungen Leute, und, da diese unsere Kinder sind, wir, beziehungsweise ein Teil von uns selber, es besser wissen. Unsere Leidenschaften, ungezähmt vor allem in den westlichen, kapitalistischen Ländern, haben uns seit Langem motiviert, die Welt aufzuteilen und Länder wie Menschen wie Lebewesen, wie die konkrete Erde selber als sachdienliche Objekte zu sehen und sie uns möglichst einzuverleiben, auszupressen, dienstbar zu machen. Was nicht mehr taugt, kommt auf den Müll. Systeme, Konzerne, Waffenlobbies und Regierungskörper sind wie materialisierte Leidenschaften, gierig, gefrässig und niemals zu sättigen. Daher sagen XR-Rebellen zu recht: Hier sind keine einzelnen Menschen anzuklagen und zu beschuldigen, sondern tödliche Systeme, denen wir die Herrschaft entziehen müssen. Der ungeschminkten Wahrheit muss wieder Vorrang vor allem Anderen gegeben werden - das ist die Diagnose -, und Gesetze müssen erlassen werden, die die weitere Ausbreitung der Krankheit verhindern, eindämmen, stoppen -, das ist die Medizin. Früher, als wir es uns je gewünscht hätten, müssen sich unsere Kinder mit dem Sterben, Massenflucht und Massenverelendung befassen. Wie es die Kinder in den Kriegsgebieten unserer Erde und auf dem Mittelmeer, aus den durch Hunger und Armut Gebeutelte in vielen Regionen schon lange tun müssen. Tun wir es ihnen gleich! Beziehen wir täglich und in unsere liebenden Aktionen bewusst mit ein, dass neben schon zahllosen Tierarten ebenso zahllose Babies, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ihr Leben lassen mussten und müssen, während ihre Mütter weinen und die Väter verbittern. Meditieren wir über das Sterben und wie wir ihm möglichst geschickt, achtsam und wach, mitten im Leidvollen, begegnen und Jüngeren, Schwächeren, Sterbenden helfen können, den letzten grossen Übergang zu vollziehen. Gehen wir mit den Verzweifelten auf die Strassen, stehen wir ihnen zur Seite!

Der Bardo des Sterbens ist Überall. Und Jetzt.

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Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
Kommentare  
# Peter Karrer 2019-04-30 09:32
Schöner Beitrag diesen Morgen.
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