Es gibt ja Menschen, mit denen plagt man sich. Nicht weil sie konträr zur eigenen Lebenswelt oder Persönlichkeit wären, sondern weil man aufgrund von empathischer Disposition ganz schwer zuschauen kann, wenn SIE sich plagen.
Kürzlich wurde ich damit konfrontiert, dass es meinem Gegenüber körperliche Schmerzen verursachen würde, wenn ich mir eine Zigarette ins Gesicht stecke. Aufgrund einem Übermaß an Empathie. Da wusste ich: Man(n) kann Empathie falsch verstehen. Oder übertreiben. Oder einfach anders interpretieren. Einer dieser Punkte wird es wohl gewesen sein, dass ich diese Zeilen nach wie vor mit einer Zigarette im Aschenbecher schreibe. Unter Zwang geht bei mir nämlich gar nix. Sagt schon meine Mutter, und die muss es wissen.
Ich habe eine Freundin, die ebenfalls leicht überfließt vor Empathie. Weil sie ein unglaublich freundlicher und mitfühlender Mensch ist. Und weil sie sich auch leicht mit anderen verbinden, sich in sie hineinversetzen und Wege finden kann. Und weil sie ein sehr intuitives Wesen ist. So haben wir uns auch kennen gelernt. Weil wir intuitiv gespürt haben, dass wir einander etwas zu geben haben, uns gemeinsam nach vorne bringen können.
Eine gemeinsame Basis waren Männer. Also bei ihr ursächlich einer, bei mir seitdem in unterschiedlicher Besetzung. Doch die Herausforderungen waren auf beiden Seiten die gleichen. Nämlich die, dass wir in einer unglaublich kreativen Art und Weise ständig Begründungen dafür gesucht und gefunden haben, warum die Herren dies oder jenes einfach nicht tun konnten. Sie haben sich nicht gemeldet? Wahrscheinlich kein Handyempfang. Etwas Blödes geschrieben? Bestimmt ungeschickt ausgedrückt, weil sprachlich wenig begabt. Unfreundlich reagiert? Jeder hat schließlich einen schlechten Tag. In dieser Art haben wir uns über Wochen und Monate hinweg gegenseitig über die mangelnden Interaktionsfähigkeiten von unseren Männern hinweg getröstet. Und nein, es lag nicht daran, dass diese Männer nichts von uns wollten.
Irgendwann fiel bei uns der Groschen (für jüngere LeserInnen der Cent). Und wir begannen, vor Lachen zu weinen. Das andere Extrem hatten wir schließlich lange genug praktiziert. Frei nach dem Motto: „Immer wenn wir lachen, stirbt irgendwo ein Problem.“ Wir begriffen plötzlich die Skurrilität, die uns im Umgang mit den Männern begegnete. Und langsam, aber zielsicher befreiten wir uns von diesen Verhaltensweisen. Jenen, die uns in die Situation gebracht hatten, aufgrund von innerer Verbundenheit für das Glück anderer die Verantwortung übernehmen zu wollen. Man kann schließlich niemanden leiden sehen, nicht? Falsch. Jeder ist mit der Chance auf die Welt gekommen, Problemlösungskompetenz zu entwickeln. Bei den einen geht es schneller, andere brauchen ein Leben lang dafür. Doch meine Freundin und ich haben inzwischen begriffen, dass jeder sein selbstgefülltes Packerl zu tragen hat. Gescheiterte Ehe? Dazu gehören immer zwei. Unglückliche Ehe? Ändern. Einsamkeit? Rausgehen. Bedürftig? „Selfcare comes first.“
Das bedeutet nicht, dass wir den „Hell Boys“ nicht mehr mit dem angemessenen Respekt zuhören oder den Kontakt abbrechen. Empathie kann man sich nur schlecht abtrainieren. Und es ist ja auch bedauerlich, dass manche so gar kein Talents fürs Glück haben. Doch Humor hilft ungemein. Meine Freundin und ich lachen seitdem so unbändig, dass wir vom Sofa fallen. Heute schrieb sie mir, dass sie Robbie Williams mag. Und sein „Let me entertain you“ wurde umgehend zur Hymne der „Hell Boys“ ausgerufen. Das bringt Schwung in die Sache und in die weniger guten Tage, an denen wir versucht sind, wieder zu Packerlträgerinnen zu werden. Hilft!
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