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In einem Meer von BloggerInnen gibt es immer wieder welche, die meine Aufmerksamkeit erregen – manche durch ihre Abgründe, manche durch ihre spirituellen Zugänge. Seit einiger Zeit folge ich einer Britin. Und sie hat kürzlich die Frage aufgeworfen, warum es immer noch die Unterscheidung zwischen Miss und Misses, auf deutsch Fräulein und Frau gibt. Männer haben diese Qual der Wahl nicht.


Bei uns gilt „das Fräulein“ ja inzwischen vielerorts als veraltet, obwohl es immer wieder Männer gibt, die gerade in der Gastronomie aus mangelnder Kreativität oder auch nur Gewohnheit nach einem solchen rufen, wenn sie etwas bestellen oder bezahlen wollen. Mein Vater zum Beispiel, weshalb ich bei einem gemeinsamen Mittagessen immer wieder froh bin, wenn uns ein Kellner bedient. Da fällt ein Gender-Thema schon mal weg. Nicht, dass er ein Ignorant wäre oder Frauen jemals etwas in den Weg gelegt hätte – ich bin das beste Beispiel dafür, dass er seiner Tochter beigebracht hat, wie Frauen selbstbewusst ihren Weg gehen können. Was aber nicht bedeutet, dass wir uns nicht immer wieder in Diskussionen wiederfinden, in denen es darum geht, ob Männer oder Frauen die besseren Holzfäller sind. Früher konnte das über Stunden gehen, inzwischen ermüden wir relativ schnell – er, weil er acht Jahrzehnte auf dem Buckel hat und ich, weil ich meine Zeit lieber harmonisch mit ihm verbringe, weil er acht Jahrzehnte auf dem Buckel hat.

Ich kann mich ja schon gar nicht mehr erinnern, wann bei mir der Übergang vom Fräulein zur gnädigen Frau vonstatten gegangen ist. Vermutlich war ich in meinen Mittdreißigern, als ich telefonisch einen Tisch bestellte und der Kellner das Gespräch mit „Wir freuen uns auf Sie, gnä' Frau“ beendete. Ich bin trotzdem hingegangen, auch wenn ich mich um Jahre gealtert fühlte. Doch wenn ich einen Flug buche, werde ich oft wieder zum Fräulein, nämlich zur englischen Miss. Interessant, wie ich finde.
Fräulein
Der Duden definiert dieses Wort mit „kinderlose, ledige Frau“. In Klammer steht noch „junge“, doch darüber kann ich zur Abwechslung hinweg sehen. Selbst mir ist klar, dass rein zahlenmäßig 52 nicht mehr als jung gilt. Und doch: Welche Relevanz hat es, wenn man weiß, ob eine Frau kinderlos und ledig ist oder das Gegenteil? In einem orientalischen Land ist es meiner Erfahrung nach von Vorteil, wenn man darauf hinweist, dass man Familie hat. Genauer wissen will es meist eh keiner, aber das Standing ändert sich ins Positive mit diesen Informationen. Aber das Gros der Frauen fährt jetzt nicht alleine in den Orient, würde ich einmal vermuten.

Was was ändert sich hierzulande an meinem Menschsein, weil ich ledig und kinderlos bin? Zu ersterem fallen mir zwei Möglichkeiten ein: dass ich zu abgedreht, wahlweise zu wenig abgedreht bin, um einen Mann zu kriegen. Zwei Schubladen, in die ich meiner Meinung nach nicht passe, auch wenn das andere vielleicht differenzierter sehen. @kinderlos: Erstens bin ich es nicht, nur weil ich keine selbst auf die Welt gebracht habe. Zweitens war es für mich immer eine Abwägung wert, welches Umfeld ich etwaigen Kindern bieten könnte. Und es war halt einfach nie so, dass ich es mit gutem Gewissen bejahen hätte können. Lieber so als einfach zu „produzieren“ und dann zu hoffen, dass sich schon alles fügen wird.

Welchen Unterschied macht es im Flugzeug, ob auf einem Platz eine Miss oder eine Misses sitzt? Vielleicht haben die Gesellschaften Angst, dass es zu unangemessenen Anbahnungen zwischen den Passagieren kommt. Weil wir Singles ja so offensiv sind und unbedingt Anschluss suchen. Weil wir es ja nie freiwillig und deshalb ständig auf der Suche sind. Und zugegebenermaßen: Ich kenne einige, bei denen das so ist. Meinereiner ist allerdings froh, wenn sie ihre Schuhe ausziehen, die Ohren zustöpseln und in den Wolkenteppich starren kann. Man möge mich bitte nicht ansprechen, was nicht nur für's Flugzeug gilt. Allerdings klappt das nicht so wirklich, und ich überlege mir, was ich denn ausstrahlen könnte. Vielleicht die Aura der noch antiquierteren Version des Fräuleins, die der alten Jungfer. Irgendwelche Hinweise, wie ich das anstellen könnte? Sie würden mir sehr helfen. Ich danke im Voraus. Herzlich, Ihr Fräulein Dabringer.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Susi Blaunsteiner 2018-10-22 10:32
Meine Mutter meinte immer " Sei was du willst. Sei alt, sei jung, sei schön oder lass es sein. Egal wie man dich nennt, dich beschreibt, sei einfach was du sein willst". Vielen Dank für die Erinnerung, Fräulein Dabringer!
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# magclaudiadabringer 2018-11-09 16:33
ihre mutter ist/war eine sehr kluge und vorausschauende frau und hat ihnen das wesentlichste fuer ein wuerdevolles leben mitgegeben - ich freue mich fuer sie!
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