Kürzlich habe ich ja von meiner Mutter gehört, dass sie meine Entscheidungsfreude als signifikant für mich empfindet. Vor zwei Tagen habe ich entschieden, dass ich jetzt mal nichts mehr entscheide.
Man ist seines eigenen Glückes Schmied – eines meiner wenigen Mantras. Und dieses Glück hängt nicht selten damit zusammen, welche Entscheidungen wir treffen. Immer wieder beschäftigt mich dieses Thema, und genauso oft überlege ich mir, welchen Leuchttürmen man in solchen Situation folgen sollte. Vor einiger Zeit hatte ich ja gelesen, dass man auf sein Bauchgefühl hören soll, ob es Mmmmmmh oder Nnnnnnnhmmmmh oder Nnnnnnnh macht. Das habe ich seitdem praktiziert, und ich kann nicht wirklich sagen, dass es nur Positives in mein Leben gebracht hat. Obwohl: Wenn man Fehler als Erfahrungen euphemisiert, dann hat es ganz gut geklappt.
Normalerweise geißle ich in meinem Inneren immer jene, die sich schwer entscheiden können. Und nicht selten hat meine Erfahrung gezeigt, dass es die sensiblen Fische sind, die so lange um eine Seerose herum schwimmen, bis dieselbe verblüht ist. Mein Jüngster ist im Aszendenten Fisch, und Sie haben keine Ahnung, wie lange ich vor Regalen mit Matchbox-Autos gestanden bin und ihn beraten habe, weil er sich einfach nicht für ein einzelnes erwärmen konnte. Ich fände jetzt noch weitere Beispiele aus meinem Verwandtschafts- und Freundeskreis, weil ich nämlich die Seerose eines großen Fischteichs bin. Und damit meine ich nicht die goldenen, die sich gerade in meinem Garten auf den Winter vorbereiten. Ich bin praktisch von ihnen umzingelt, und irgendwann einmal werde ich mir überlegen, warum das so ist. Doch nicht heute.
Heute ist Tag 2 meiner Entscheidungslosigkeit. Eine Freundin hat mir nach dieser Ankündigung geschrieben, wie das funktionieren solle, wenn man jung, frei und Single ist. Sie ist in meinem biologischen Alter, doch genau wie ich erscheint uns das als Fußnote des Lebens. Es funktioniert – denke ich – vor allem, wenn man jung, frei und Single ist. Gerade weil man meint, für alles selbst verantwortlich zu sein. Bespaßung, Fitness-Studio-Termine, Arbeitszeit – wer „selbst ständig“ ist, gewöhnt sich schnell daran, das eigene Leben zu organisieren. Hat man dann auch noch jenes verflixte Gen, das einen Chancen nutzen lässt, wenn sie vor die Füße fallen, dann kann es eng werden. Mit der Zeit, mit Schlaf, auch mit dem gesundheitlichen Wohlbefinden.
Mir ist in letzter Zeit so einiges vor die Füße gefallen, von dem ich dachte, dass es eine Chance wäre. Doch bei längerem Hinsehen hat es sich noch nicht einmal als Chancechen entpuppt, eher als gravierende menschliche Unfähigkeit. Genau während solcher Prozesse bin ich unglaublich schwer von Begriff, weil ich einfach nicht glauben will, wie jemand NICHT die beste Version von sich selbst Version von sich selbst sein mag. Und da verschenke ich Chance um Chance, um dem Anderen die Möglichkeit zu bieten, es sich doch noch einmal anders zu überlegen. Unnütz zu sagen, dass es auch in diesem Fall wieder schief gegangen ist. Und weil ich immer wieder auf meinen Bauch gehört, aber schlussendlich doch die falsche Entscheidung für mich und meinen Seelenfrieden getroffen habe, lasse ich das jetzt.
Wie das geht? Man macht einfach sein Ding, das man sich vorgenommen hat. Konkret habe ich mir genau für diese Stunde vorgenommen, Ihnen diese Zeilen zu schreiben. Bekomme ich jetzt Mails oder Nachrichten mit Bitten oder Anfragen, beachte ich sie nicht mehr. Weil ich ja für Sie schreibe. Und wenn ich die Inputs von außen später anschaue, werde ich warten, bis sich die Antwort von selbst einstellt. Quasi als Eingebung von oben. Und so lange mir von oben nichts gemeldet wird, tue ich so, als hätte ich keine Frage empfangen.
Das hat nichts damit zu tun, dass ich keine Termine mehr wahrnehme oder meine Urlaubsplanung auf Eis lege. Ich schütze mich im Grunde nur vor den vielen Kleinigkeiten, die so häufig „zwischendurch“ daher kommen. Sie freuen mich zwar meist, doch sie bringen mich oft auch davon ab, was ich mir wirklich vorgenommen habe. Weil mir irgendwann einmal tatsächlich die Zeit dafür ausgeht. Und das schreibe ich, die weit-nach-Mitternacht-ins-Bett-Gehende. Ja, ich habe aufgehört, um weitere acht Stunden für meine Tage zu bitten. Anstatt dessen versuche ich, meinen sozialen Horizont ein wenig zu verengen (das ist schwer genug, glauben Sie mir!) und mich nicht mehr von jedem Torero durch die Arena jagen zu lassen. Und sollte sich doch wieder einer vor mir aufpflanzen, werde ich nichts entscheiden und auf eine Eingebung von oben warten. Sollte das dauern, wird sich relativ schnell die Steherqualität herausstellen. „Gut so!“ sagt mein Seelenfrieden.