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Wer von uns hätte nicht gerne einen Wunschbaum, am liebsten im Garten stehen? Ein Nussbaum eignet sich besonders, habe ich kürzlich erfahren, der einfach zum Wunschbaum erklärt wurde. Der Versuchung, an dieser Stelle das Universum konzentriert ansprechen zu können, konnte ich unmöglich widerstehen.

Ein idyllischer Bauernhof mitten in der bayrischen Einschicht. Viel Recyling-Kunst, entspannte junge Menschen, die sich dorthin zurückgezogen und einen kleinen Seminarbetrieb aufgezogen haben, weil man dort nicht viel anderes machen kann, um sein Leben zu finanzieren. Und die Lage war genau dafür wirklich perfekt, weil nicht einmal Autos von irgendwas ablenken konnten. Die kamen nämlich nur sehr sporadisch vorbei und stellten damit schon wieder eine kleine Sensation für das Gänsepaar dar, das sich durch die Margeriten-Inseln pflügte.

Ich hatte mich angeboten, meinen Ex dort abzuholen und die Fahrt mit kleinen Abstechern zu Sehenswürdigkeiten am Wegesrand zu verbinden. Warum immer über das Mittelmeer schielen, wenn die Seen wie Perlen auf der Strecke liegen? Hat für mich gepasst, und ich konnte all das tun, was mich nährt: spazieren gehen, essen, fotografieren, aufs Wasser schauen. Ich kam also ganz entspannt auf diesem Seminarbauernhof an. Und während mein Ex noch seine Siebensachen zusammensuchte, schlenderte ich über das Gelände. Vorbei an weißen Blütenteppichen von uralten Hortensien und einem Kräuterhügel, warf einen Blick in den atmosphärischen Yoga-Raum und setzte mich auf einen alten, aufs Minimum reduzierten Holzstuhl. Und während ich mir die Sonne ins Gesicht scheinen ließ, fiel mein Blick auf einen Wegweiser zum Wunschbaum. Wärme oder Wunscherfüllung? Sie können sich vorstellen, was meine Neugierde mehr geweckt hat.

Das Holzschild wies zu einem knorrigen Walnussbaum, an dem eine Schaukel hin und her wehte, weil ein Gewitter im Anmarsch war. Jemand hatte eine Kette an einen Ast gehängt. Ich fuhr mit der Hand der Rinde entlang und überlegte mir, was ich mir wünschen könnte. Zuerst fiel mir nichts ein, doch ich dachte mir, dass sich das bestimmt noch ändern würde. Ich befummelte weiter den Baum, schaute mir das Laubdach von unten an und freute mich an den Sonnenstrahlen, die ihren Weg durch die Blätter fanden. Irgendwann war kein Zentimeter Borke mehr unberührt, und ich stand immer noch da und suchte nach Wünschen.

Dass mein Reizhusten vielleicht endlich ein Ende finden möge. Doch ein wenig ist noch in meiner Ingwersaft-Flasche und bevor die fertig ist, hat er sich bestimmt verabschiedet. Zur Not könnte ich – wie von meinen Vater angeregt – noch ein paar Antibiotika nachschießen, doch das entscheide ich dann. Zyniker würden jetzt sagen, dass das Rauchen vielleicht auch nicht gerade zuträglich ist, aber ich bin ja nach wie vor der Meinung, dass mir gut tut. Doch das ist ein anderes Thema.

wunschbaum

Ich könnte mir eventuell eine Aufstockung meiner Tage von 24 auf 36 Stunden wünschen, damit ich alles unterbringen kann, was ansteht. Andererseits: Dann müsste ich auch um eine Verstärkung meiner Lebensenergie ansuchen, denn ob die für 36 Stunden täglich reicht, weiß ich nicht. Doch, weiß ich schon. Sie würde reichen. Doch ich habe die Hoffnung ja immer noch nicht aufgegeben, dass ich nur das für mich passende Zeitmanagement-System finden muss – dann klappt es auch mit den 24 Stunden.

Vielleicht auch, was sich viele alleinstehende Frauen meines Alters wünschen: einen Mann. Wäre er der Schlüssel zu meinen Zeitmanagement, schon alleine deshalb, weil er mir das eine oder andere abnehmen würde? Oder zu meinem Reizhusten, weil er mir seine Hände auflegen und irgendwelche Zauberformeln murmeln würde, um mich von der Plage zu befreien? Antwort 1: Eventuell, aber ich zweifle. Antwort 2: Eventuell, aber ich zweifle erst recht. Abgesehen davon bin ich ja der Meinung, dass Bedürftigkeit ein ganz schlechter Motivator für die Partnersuche ist. Und PartnerSUCHE allgemein ja sowieso.

„Und, hast Du was gefunden, was Du Dir wünschen kannst?“ hörte ich meinen Ex von hinten rufen. Ich verneinte aus vollem Herzen, weil ich plötzlich merkte, dass ich tatsächlich und wirklich wunschlos glücklich bin. Solche Einsichten kommen einem wirklich nur in der Einschicht, denn dort, wo es laut, bunt und lebendig ist, tauchen stets Sachen und Dinge aus, die die Ruhe für das Wesentliche rauben. Sie haben auch ihre Berechtigung, doch das andere ist mindestens gleich wichtig. Gönnen Sie sich hin und wieder eine Portion Einschicht – die Einsicht wird grandios sein.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Peter Pichler 2018-05-24 16:35
Die Einsicht, dass man alles hat und nicht nach mehr strebt - ist meiner MEinung nach die reinste und höchste Form des Glücks.
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# magclaudiadabringer 2018-05-27 07:14
da stimme ich ihnen absolut zu, lieber peter pichler!
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# Renni 2018-06-06 12:45
Wunschlos glücklich einfach wunderschön!
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# magclaudiadabringer 2018-06-22 15:21
hallo renni, ich danke fuer die freundlichen worte!
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