Ja, ich gebe es zu: Ich bin reif für die Hollywood-Schaukel. Genau für die, auf denen wir in den späten 1970er Jahren geschwungen sind und die wir später als den Inbegriff alles Biederen angesehen haben. Doch jetzt bin ich soweit.
Eigentlich ist mein Koffer gepackt, der mich für einige Tage in den Süden begleiten wird. Bis auf ein Stück Ingwer und das Kabel für meine mobile Lautsprecherbox ist alles schon drin, was ich aktuell dort brauche. Ingwer, weil mich ein spezieller Husten plagt, der aber sehr gut auf diese Wurzel reagiert und mir das Antibiotikum erspart. Das Kabel brauche ich, um die Musik von meinem Mobiltelefon in den Raum zu bringen, in dem ich in den kommenden Tagen übernachten/wohnen werde. Ja, ohne Musik geht gar nix, auch beim Reisen nicht.
Insofern könnte alles ganz easycheesy sein, wie das eine Freundin ausdrücken würde. Doch nicht in meiner Welt. Zum einen weiß ich jetzt, warum ich nicht mehr reisen, sondern nur mehr daheim bleiben wollte. Nicht, weil ich das Fernweh verlernt hätte, sondern weil sich immer alles zusammenschiebt, je näher der Tag der Abreise rückt. In solchen Momenten scheint mein Zeitmanagement samt Listen vollständig zu versagen, denn plötzlich taucht von hinten durch die Brust ins Auge eine neue Herausforderung auf. Die Buchhaltung zum Beispiel. Nicht, dass ich nicht wüsste, dass sie fällig würde. Noch dazu habe ich eine überaus gewissenhafte Steuerberatungskanzleimitarbeiterin, die mich schon Wochen im Voraus daran erinnert. Doch irgendwie rutscht ihr Mail in meinem Account immer Zeile für Zeile nach unten, bis es dann aus meinem Blickfeld verschwunden ist. Bei Männer, die nicht auf Nachrichten antworten, kann das ja eine Erleichterung sein, weil man sich nicht mehr ärgert. Aber bei den finanziellen Dingen wird das ärgerlich – vor allem, wenn Fristen drohen. Genau wie jetzt. Vor meinem Kurzurlaub.
Also habe ich versucht, das Beste daraus zu machen, mich mit dem Laptop auf die Terrasse gesetzt und mir beim – verzeihen Sie meine Ausdrucksweise – Korinthenkacken wenigstens die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen. Jetzt steht mein Tisch unter einer Trauerweide, die mir normalerweise sehr beim Entspannen hilft. Nix Schöneres, als dem Wind dabei zuzuschauen, wenn er die Äste durch die Gegend wuppt. Doch sitzt man darunter, versucht sich auf Zahlen und Buchungszeilen zu konzentrieren und gleichzeitig eben diesen wedelnden Zweigen zu entgehen, platzt einem schon mal der Bikiniträger. In so einem Fall kann man von Glück sprechen, wenn die Trauerweide dann doch einen gewissen Sichtschutz gewährt.
Und während ich in der Eile versuche, Belege zu finden, wahlweise zu sortieren, fällt mein Blick auf die Schaukel. Wie sie so vor sich hin schaukelt. Unbehelligt. Ungerührt. Ohne mich. Und ich imaginiere mich auf sie, obwohl ich nur fünf Schritte entfernt sitze. Doch drauflegen – das kann ich mir im Moment nicht leisten. Es ist 20 Minuten vor sechs, meine reisebegleitenden Eltern sind auf dem Weg zu mir, das Gästezimmer ist noch immer nicht ausreichend präpariert und die Papierbelege sollten auch noch auf die Post. Zudem gehen die Zigaretten aus, und die Küche, auf deren Sauberkeit meine Mutter und mein kleiner Nachbar großen Wert legen, sieht aus wie S...
Und ich? Ich klaube mir mit unwirscher Geste die Trauerweidenzweige aus den Haaren, z'widere die Sonne an und denke mir, dass ich an meiner Prioritätensetzung arbeiten muss. Doch wie, wenn das Leben einfach von vorne bis hinten so was von spannend ist? Bin für Tipps mehr als offen. Danke!