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Als ich während meines Workshops ‚Die Meditation des Schreibens‘ heute früh über ‚kleine, achtsame Rituale‘ sprach, fielen mir meine eigenen Experimente wieder ein.

Eine Kerze ernst und gesammelt anzuzünden kann eine Handlung sein, die eine Familie am Tisch oder einen Freundeskreis berührt und beruhigt. Wenn ich dann noch den ‚Dienst‘ jemand anderem anvertraue, vielleicht einem jungen Mitglied der Familie, oder jemandem, der oder die von sich glaubt, nichts Besonderes für Gemeinschaften beitragen zu können, kann das eine heilsame Wirkung entfalten.
Seit fast drei Jahrzehnten, seit ich als Gruppenleiterin oder Moderatorin, Rednerin oder Trainerin unterwegs bin, habe ich beide Requisiten dabei, Kerze und Gong und oft auch ein Tuch.
Aus meiner Sicht ist es die niederschwelligste und wirksamste Intervention.
Vor circa fünfzehn Jahren wurde ich gefragt, ob ich ein Mädchenprojekt im sozialen Brennpunkt übernehmen würde. Neugierig sagte ich zu. Neben Gong und Kerze hatte ich kleine Schreibblöcke und Stifte dabei.
Bis wir beim Schreiben ankamen, sollten jedoch einige Treffen vergehen. Ich traf auf Mädchen von neun bis 13 Jahren, manchmal kamen auch etwas ältere, was dann besondere Probleme aufwarf, manchmal brachte eine Mutter ihre Tochter vorbei und holte diese wieder ab.

Wiederholt lümmelten sich Jungen in demselben Alter entweder zu Beginn oder am Ende der Gruppensitzung rund um die Eingangstür zum Hochhaus, in dem unten ein Apartment für Soziales zur Verfügung stand. Ich konnte gut verstehen, dass die Jungen sich ausgeschlossen fühlten, und regte an, dass auch ein Angebot für diese quirlige Gruppe gemacht würde, am besten draußen und mit einem Sozialarbeiter, so stellte ich es mir vor.
In meiner Gruppe setzten wir uns als Erstes auf die Erde, fanden genügend Kissen auf den Stühlen, um das zu machen, bildeten einen Kreis und stellten Glocke und Kerze in die Mitte auf ein Tuch.
Sofort ging es los: Jede wollte die Glocke erklingen lassen, ihr voller, lang tönender Klang übte einen großen Reiz auf die Gruppe aus. Ich ging dazu über, Dienste zu vergeben: Kreis gestalten, Kerze anzünden, Glocke erklingen lassen. Redestücke in die Mitte legen. Ein eigenes Redestück in die Mitte legen. Tee kochen und ausschenken. Bis das alles so weit war, war die Hälfte der Zeit verstrichen. Das machte aber nichts, denn es gehört dazu, dieses Lernen, das Ernstgenommenwerden, eine Aufgabe haben und diese erfüllen, etwas, das erfüllbar ist für alle und ebenso erfreulich für alle.
Danach begann die Runde: Ein Mädchen fing an, ein Redestück aus der Mitte zu nehmen und zu erzählen, was sie beschäftigte. Zu Beginn ging es allen gut. Später hörten wir Einzelheiten von einigen. Andere wollten nur mit mir alleine sprechen. Noch später machten wir kleine Ausflüge, es war Sommer, wir veranstalteten den Kreis auf einer Wiese, und wir begannen zu schreiben. Nach kurzen Impulsen. Auch hier versuchte ich, Angst vor Versagen, Konkurrenz weitgehend draußen zu lassen, indem ich erfüllbare Aufgaben stellte. Jede wurde gewürdigt, wie sie war.
Manchmal meditierten wir einige Minuten, die Kinder lernten, wie man es macht.
Alle meine Klienten und Klientinnen, Gruppenteilnehmerinnen werden mit Tuch, Kerze und Glocke erfreut, die Meditations-, Schreib- und Pausenzeiten werden strukturiert, manchmal kommt ein Räucherstäbchen dazu, für frisches Wasser und für Blumen zu sorgen. Für das Öffnen und Schließen von Fenstern und Türen, Ordnung und Sauberkeit im Raum, Tee kochen. Oft kommen Menschen aus dysfunktionalen Familien, schwierigen Verhältnissen, in Krisen, mit depressiven Verstimmungen oder nicht mehr arbeitsfähig beziehungsweise gerade pensioniert oder nach langer Krankheit.
Ich darf die Erfahrung machen, dass gute Gruppenarbeit zu dem Gefühl führt, sich wieder zugehörig fühlen zu können, zu dürfen. Dass Gefühle von Einsamkeit, Scham, Isolation geteilt, im Schreiben gestaltet, in der Gruppe gehalten und transformiert werden können.
Einfache Rituale erheben die Seele. Und wenn ich mich selber verantwortungsvoll und aktiv an ihrem Gelingen beteiligen kann, dann wächst mein Lebensmut, ein Gefühl von Sinn und Bedeutung mag sich einstellen.
Das betrifft, wie wir gehört haben, Kinder und Jugendliche, Menschen mit seelischen Störungen, geflüchtete Menschen (ja, auch mit ihnen habe ich es ausprobiert, und sie sprachen Arabisch, und es war sehr bewegend für mich) und ganz alte gleichermaßen.
Stille Räume gestalten, außen und innen, dazu tragen meine Requisiten und meine reichen Erfahrungen bei.
Wer möchte mit mir sitzen?

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
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