Ich spreche schon einmal prophylaktisch eine Warnung aus, denn ich bin derzeit richtig schlecht gelaunt. Und das hängt nicht nur mit dem Wetter zusammen, das mich mit seiner Grauheit richtig runterzieht.
Ja, ich weiß, dass ich normalerweise eine große Freundin der 256 Graustufen bin, die dem Leben Facetten jenseits des reinen Schwarz und Weiß verleihen. Doch aktuell reißt mich nicht einmal das aus meinem Grau.
Mein Ex meinte einmal, sobald mich auch nur der Hauch eines Zipperleins anflöge, würde ich unleidlich. Klar, das Instrument hat zu funktionieren und der Seele Klang zu verleihen. Oder sehen Sie das anders? Jetzt ist es aber gerade so, dass mir nur der halbe Klang zur Verfügung steht, weil ich seit mehreren Tagen ein linkes Ohr spazieren trage, das verschlagen ist. So wie bei Starts und Landungen von Flugzeugen, nur eben dauernd. Als hätte mir jemand eine Superpackung Wattebäuschchen ins Ohr gestopft. Doch wenn ich danach fische, lande ich nur dort, wo normalerweise Wattestäbchen ihren Dienst versehen.
Interessanterweise höre ich objektiv gesehen ganz normal – telefonieren geht eigentlich. Ab Mittag, wenn sich meine Stimme im gewohnten Klangbereich eingeschwungen hat. Und nein, ich fröne nicht dem exzessiven Alkoholkonsum. Auch wenn mir manchmal danach wäre, schon alleine deshalb, weil ich hoffe, dass sich die Wattebäuschchen damit ansaugen mögen und ich sie dann leichter aus dem linken Ohr ziehen könnte. Mir fehlt einfach die Stimme, zusätzlich zum linken Ohr-Wohl-Gefühl und meinem stabilen Stand nach dem Aufstehen. Besonders schwindlig bin ich im Sitzen. Ab Mittag geht’s wieder. Sehr interessante Zustände und sehr nervige Zustände.
Nun ist es so, dass ich einem ziemlich medizinischen Haushalt entstamme und es ein Leichtes wäre, mir die diversesten Pillen einzuwerfen, damit das alles so schnell wie möglich verschwindet. Doch in meiner sturen Art bin ich der Meinung, dass mir das alles etwas sagen will. Dass mir mein Körper etwas sagen will. Nicht umsonst spricht der Volksmund davon, dass sich beispielsweise etwas auf den Magen schlägt oder man die Nase voll hat. In diesem Sinne fasse ich zusammen: keine Stimme, das Gefühl eines verstopften linken Ohrs, Schwindel.
Wenn der Volksmund sagt, dass man seiner inneren Stimme folgen soll, bedeutet das in meinem Fall vielleicht, dass ich diese Schwingungen verloren habe. Wenn der Volksmund von tauben Ohren spricht, auf die man stößt, dann kann ich das für die vergangenen Tage unterschreiben. Und dass das Ganze links verortet ist, zeigt, dass es sich um emotionale Themen handelt. Wecken Sie mich aus dem Tiefschlaf auf und ich setze meinen Sanctus mit geschlossenen Augen. Und nachdem Schwindel nichts anderes als Gleichgewichtsstörungen sind, würde ich auch das abnicken, dass mich etwas aus demselben gebracht hat. Alles ganz klar, oder?
Die Frage ist, ob man sich nun gestattet, diese Angelegenheiten in Ruhe zu bearbeiten, oder mit den medizinischen Hämmern drauflosdrischt. Mir ist ehrlich gesagt nach Kahlschlag, doch ich weiß auch, dass das nur ein Vertagen der Themen ist, die das alles verursacht haben. Und da erscheint es mir nachhaltiger, einen Rückzug anzutreten und geduldig mit mir zu sein. Mich zu nähren und mit allem zu versorgen, was in so einer Situation angemessen erscheint. Und ja, Vater, Zigaretten gehören nicht dazu! Oder doch? Dieses Fass lasse ich jetzt lieber zu.