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Ich fände nichts schön, hörte ich kürzlich, und ehrlich gesagt, überrascht mich das. Meine Fotoalben auf Laptop und Handy sagen etwas anderes. Doch da Kritik mitunter durchaus zur Persönlichkeitsbildung beitragen kann, denke ich darüber nach.

Als ich also vorgesetzt bekam, dass ich mich in puncto Schönheit so selten exponieren würde, verschlug es mir zuerst einmal die Sprache und mein Denker-Sixpäck schob sich nach oben. Mein erster Gedanke war, dass ich meiner Begeisterung über das Leben und die Reisen allgemein sowie die kleinen Freuden zwischendurch offensichtlich zu wenig Ausdruck verleihe. Andererseits: Würde ich meine Freunde oder auch meinen Vater befragen, würden die mich bestimmt nicht in die Kategorie des rhetorischen Mauerblümchens stecken, sondern bestätigen, dass ich ein durchwegs positiv gestimmter Mensch bin, der selbst in einem stinkenden Kuhfladen den indischen Brennstoff sieht. Mein Selbstbild folgt dem Motto: Denke an das Schöne, Gute, Angenehme und es wird sich dir eröffnen. Und meine Erfahrung hat dieses Motto immer wieder bestätigt. Pippi Langstrumpf eben. Wahlweise naiv.

Insofern habe ich allen Grund, mit einem Lächeln durch die Gegend zu laufen. Und das tue ich auch, wenn ich nicht zu Hause bin. Hey, ich kann wegfahren – großartig! Doch muss ich das auch immer so sagen? Kürzlich erzählte mir eine Freundin, dass ihre Energetikerin eine strahlende Zukunft für sie eröffnet hätte und dass es ihr mehr als gut gehen würde in diesem Jahr. Dann kam der Zusatz: „Aber sagen Sie es nicht jedem, denn manche vertragen das nicht.“ Nach einer ersten inneren Schnappatmung und dem Impuls, ich würde über Schönheit in meinem Leben nicht reden, überlegte ich kurz, ob es da vielleicht einen Konnex geben könnte. Rede ich nicht darüber, weil ich Angst vor Neid habe? Weil ich nicht möchte, dass Menschen ob meines großen und kleinen Glücks in die Depression abrutschen? Oder weil ich es ganz egoistisch nur für mich behalten möchte, auch wenn ich weiß, dass es sich vergrößert, wenn man es teilt?

Einer, den sie ‚Pop-Titan‘ getauft haben, meinte einmal, dass man sich Neid erarbeiten muss. Und hat damit dieser katholischen Hauptsünde eine andere Wendung gegeben. Nichtsdestotrotz: Ich möchte nicht beneidet werden. Denn das würde bedeuten, dass ich oder meine Existenz in anderen ein ungutes Gefühl hervorruft. Nicht dass ich das gänzlich vermeiden könnte – schließlich ist jeder für seinen emotionalen Haushalt selbst verantwortlich. Aber wenn ich kann, versuche ich doch, die Freude im anderen zu aktivieren. Und da fiel mir auf, dass ich sehr wohl von den interessanten, auch schönen Momenten in meinem Leben spreche, damit andere aber lieber zum Lachen bringe. Weil das dann das wirklich Schöne daran ist.

Ich empfinde vieles in meinem Leben als schön: Muscheln am Strand von Gammarth, einen Kuss, mit der Katze zur Trafik spazieren. Doch das bedeutet in meiner Welt nicht, dass es andere auch als schön empfinden müssen/sollen. Mein Empfinden für Schönheit ist höchst subjektiv und damit bar jeder Allgemeingültigkeit. Wer bin ich also, jemandem zu erzählen, wie wunderbar ich den ersten Blick aufs Meer finde, wenn der beispielsweise Angst vor Haien hat? Wie sehr ich die orientalische Gastfreundschaft genieße, wenn jemand schon Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen hat? Wie bezaubernd ich gefrorene Blätter finde, wenn jemand noch nicht einmal Schnee kennt? Vielleicht kommt das auch vom Schreiben, denn gute Schreiberlinge bevormunden ihre Leser nicht, sondern verfassen ihre Texte so, dass eine eigenständige Meinungsbildung möglich ist. „Showing, not telling“, lautet die Fachphrase dazu.

Und vielleicht gehe ich deshalb mit einem Lächeln aus dem Haus, weil ich genau das zeigen möchte – dass es mir gut geht. Wer wissen will, warum, der kann fragen. Der Rest begegnet zumindest hin und wieder einem Menschen, der keine Angst davor hat, seine Zufriedenheit zu zeigen. Von denen gibt es ohnehin viel zu wenige. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, denn mit jedem Lächeln, das ich ausschicke, bekomme ich mit 95-prozentiger Sicherheit eines zurück. Und das ist dann schon wieder ein weiterer Mensch, der an diesem Tag gelächelt hat. Schön!

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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