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Hast du ein eher starkes oder schwaches Über-Ich? Und gar ein ‚buddhistisches‘? Heutzutage hat fast jedeR, die/der ein paar Jahre zur Schule gegangen ist, eine Idee davon, was gemeint sein könnte, wenn von einem starken Über-Ich gesprochen wird.

Ich halte viel davon, dass wir erst einmal in uns selber hineinschauen, wenn es um Definitionen geht. Im Lexikon nachschauen und nachplappern ist leicht, bringt aber wenig. Also, was verstehe ich darunter – ohne jeglichen Anspruch auf die eine Wahrheit?
Eine kontrollierende Instanz. Die so mächtig sein kann mit ihren Vorschriften und Verboten, dass sie uns nicht nur dazu dient, uns vor uns selber und anderen zu schützen („Du sollst nicht stehlen“), sondern uns leider auch so drangsalieren und dressieren kann, dass wir nicht tun können, was wir erstreben, ersehnen, erwünschen. Innere Saboteure füttern uns mit Glaubenssätzen, die meist früh eingepflanzt wurden, mit mehr oder weniger angekündigten Strafaktionen bei Nichtbefolgen. Es gibt andere Spielarten von Kontrolle, die uns definierten („Du kommst auf deinen Großvater, diesen Lumpen“), abstempelten („Guck dich doch an!“), emotional banden („Ich werde depressiv, wenn du nach XY ziehst“) oder manipulierten („Deine Tante hätte nicht gewollt, dass du ihr Erbe in ein Kunststudium steckst“).

Oft ist es so, glücklicherweise nicht immer, dass diese Stimmen zusammen mit den anerzogenen Konditionierungen der Gesellschaft, die einst von außen gesprochen wurden (gerne auch von Lehrerinnen und Lehrern, Priestern und anderen Respektspersonen), zu inneren werden, die unsere Vitalität in Schach halten. Und so geht manch eine in Therapie, wo ihr hoffentlich so der Rücken gestärkt wird, bis der aufrechte Gang wieder möglich wird.
Es ist nämlich nicht so, wie oft im Volksmund, aber auch von sogenannten Eliten behauptet wird, man könne der oder die werden, wenn man nur wolle. Schön wär’s. Wenn es keine Blockaden, inneren Konflikte, strukturelle Gewalt, wie zum Beispiel die Gewalt mangelnder finanzieller Ressourcen, geben würde.
So, und jetzt kommt der Buddhismus ins Spiel mit seiner Botschaft ultimativer Befreiung und Emanzipation. Wenn frau dann noch im Zen-Buddhismus landet und die sogenannten Gelübde ‚genommen‘ hat, können sich alte Zwänge im neuen Gewand melden. Die Angst, Fehler zu machen. Die Angst, Gelübde zu verletzen. Die Sorge, andere zu verletzen. Der Ehrgeiz, ein guter Buddhist zu sein. Der Ehrgeiz, keinen Ehrgeiz, keine Anhaftungen mehr zu brauchen. Bedürfnisse ausradieren zu wollen … und … und … und … Wie können wir anspruchsvoll sein, bleiben und werden, sicher in unserem Urteil, wenn es um Entscheidungen auf der relativen Ebene geht – und mit ‚anspruchsvoll‘ meine ich Qualitäten wie ‚authentisch‘, ‚offen‘, ‚ehrlich‘, ‚interessiert‘, ‚verfügbar‘, ‚fundiert‘ … –, und gleichzeitig daran arbeiten, unseren Geist (‚Mind‘) ständig zu beobachten und ehrlich über unsere Untiefen Auskunft zu geben?
Es wird richtig schwer oder unmöglich werden, flexibel und fließend die Anforderungen des Lebens zu beantworten, wenn die Angst vor Kontrolle und vor Kontrollverlust stark ist und bleibt. Wenn ich nicht sehen kann und darf und auch keine Hilfestellung darin erfuhr, dass Verständigungsbereitschaft, Freundlichkeit, Selbstfürsorge, Vergebungsbereitschaft, Entspannung und vieles mehr so wichtige Zutaten sind, um der Strenge der Vorschriften als Mensch begegnen zu können.
Um liebevoll zu den Mitmenschen, ob Buddhisten oder nicht, bleiben oder werden zu können. Um klar, freundlich und unmissverständlich Grenzen ziehen zu können, auch und gerade gegenüber Lehrern und Lehrerinnen.
Statt für mehr Spaltung von unserer inneren Wahrheit, für mehr Entfremdung von unseren vitalen Bedürfnissen plädiere ich für Integrität, umfassende Akzeptanz, einen Weg des Heil- und Vollständigwerdens in einem sehr umfassenden Sinn.
Allerdings nie nur für mich gedacht.
Stets alle Wesen einschließend. Und schon bin ich nicht mehr wichtig, kann alles viel leichter nehmen, auch die buddhistischen Vorschriften. Es sind ja schließlich nur Richtlinien: Nicht mehr und nicht weniger.

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
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