In dieser Woche begingen wir den Weltfrauentag. Ursprünglich aus dem Kampf um Gleichberechtigung und das Wahlrecht entstanden, zirkulieren an diesem Tag alles andere als politische Botschaften. Und Zeit für Reflexion, ob wir diese Ziele von damals erreicht haben, bleibt sowieso keine.
Mein Tag beginnt mit einer Frau, die sich neben ihrer beruflichen Tätigkeit in einer sozialen Einrichtung ‚alleinerziehend mit Mann‘ um ihre Kinder kümmert. Sie erzählt mir, dass sie den Alltag ganz gut hinbekommt, außer wenn ihr Mann von seiner Auslandsarbeit zurückkommt. Und Sand fürs Getriebe mitbringt, weil sie ihn zwar in den Familienalltag integrieren will, er das aber ablehnt. Sie schaut gestresst und wünscht sich, das Angebot einer Seilbahn annehmen zu können, das an diesem Tag Frauen extragünstig in luftige Höhen hievt. Stattdessen räumt sie einen Messie-Haushalt aus. Nein, nicht ihren.
Und während ich sie noch bedauere, weil ich glaube, ausreichend Zeit zu haben, um an dieser Stelle etwas Sinnvolles unter die Menschen bringen zu können, kommt das Leben auf mich zu, konfrontiert mich damit, dass ich innerhalb von zwei Stunden einen Zeitungsartikel abzuliefern habe, zeitgleich mit meinem Jüngsten Mittagessen gehen sollte und zwei Seminarkonzepte verfassen müsste. Und das alles vor einem Konzert, das der legendären Geschichtenerzählerin Scheherezade gewidmet ist. Das besuche ich mit einer anderen gestressten Frau, die neben ihrer Karriere auch noch Teile meines Lebens auf die Bühne bringen möchte. Wann, bitteschön, sollte ich da über mein Dasein als Frau reflektieren?
Dabei ist es wichtig, vor allem wenn ich beim Frühstück höre, dass sich halb Deutschland aufregt, wenn eine 50-jährige Frau mit einem 34-jährigen Mann ein Kind bekommt. Im Einzelfall ziehe ich mich oft mit der Bemerkung aus der Affäre, man möge doch zuerst vor der eigenen Haustüre kehren, bevor man sich über den Dreck im Vorgarten anderer echauffiert. Doch die Menge der teilweise bösartigen Reaktionen, mit denen diese Schauspielerin (und ich hege keine ausgesprochenen Sympathien für sie) konfrontiert ist, gibt mir doch zu denken. Ging es ursprünglich um die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, so scheint mir fast, als kämpften Frauen untereinander um eine Daseinsberechtigung verschiedener Lebensmodelle. Natürlich wird die Mutter alt sein, wenn das Kind ins eigene Leben startet. Natürlich ist die Gefahr groß, beim Elternabend als Oma angesprochen zu werden. Doch mit 50 sollte man sich dieser Konsequenzen bewusst sein. Und wenn man sich trotzdem für ein Kind entscheidet, dann ist das eben so. Wenn ich den Tiraden über Verantwortungslosigkeit lausche, denke ich mir, weshalb manche einem 20-jährigen Menschen die Fähigkeit absprechen, Verantwortung für sein Leben übernehmen zu können. Zweifellos möchte man seine Eltern als Berater und Begleiter ein Leben lang haben, doch Entscheidungen kann man selbst treffen. Erfahrungsgemäß achten Schauspielerinnen ihr Leben lang darauf, dass sie gesund und ansehnlich bleiben – diese eine wird das bestimmt auch schaffen, nicht zuletzt ihrer Kinder willen (sie hat noch einen siebenjährigen Sohn). Und falls nicht, hat das Kind ja auch noch einen Vater. Nein, ich werde jetzt nicht die Schublade öffnen und nach der Verantwortung derer fragen, die Kinder kriegen, weil ihnen die Accessoires ausgegangen sind. Das ist eine andere Geschichte.
Angesichts dessen entspannen mich die kleinen Videos von Komplizinnen. Da schlummert ein Teddybär mit einer Margerite in einem roten Stöckelschuh und ich lese: „Die tollsten Frauen sind immer ein bisschen verrückt!“ und schmunzle über „Wir Frauen sind Engel! Und wenn man uns die Flügel bricht, fliegen wir eben weiter – mit dem Besen!“ Natürlich sind da auch Sprüche über Männer dabei. Was mir zeigt, dass die Gleichberechtigung noch auf sich warten lässt. Denn für mich persönlich bedeutet das vor allem ein tolerantes Miteinander jenseits von Machtkämpfen – egal, ob zwischen den Geschlechtern oder innerhalb desselben. Das wäre ein erster Schritt.