Die Sehnsucht des Menschen nach Leichtigkeit erfährt sich immer wieder neu im Schatten der Schwere, bis der Mensch auch die Schwere in seinem Bewusstsein befreit.
Wer Licht und Schatten heilsam in sich vereint, der ist gelassen und im inneren Frieden, auch mit der Schwere des Lebens, so schwer einem dieser Weg zwischendurch auch fällt. Doch manchmal fallen uns auf unserem Weg eben solche Gefühle zu, die wir nicht wollen, die in der Tiefe schwer und schmerzhaft sind. Schmerzen veranlassen uns dann, den Sinn solcher Gefühle zu hinterfragen.
Die Sinnfrage ist der Weg bewusster Selbsterkenntnis, wenn der Mensch bereit dazu ist. Der Weg der Erkenntnis ist, auch im Yoga, kein zufälliger Weg. Wenn dem Menschen etwas richtig schwerfällt, dann kann er nicht mehr so tun, als ob es ihm leichtfällt. Die Schwere bleibt. Er kann versuchen, sich die Schwere im Leben leicht zu denken oder er kann danach streben, die schweren Gefühle mit all ihren Facetten lichtvoll im Herzen zu durchdringen und als bewusste Seelenanteile zu erkennen.
„Sich im Verstand leicht oder still zu denken“ funktioniert dann nicht mehr, wenn die Seele andere, eben schwerere und bewusstere Erfahrungen machen will. Depressionen, Schwermut, Antriebslosigkeit und Schwerfälligkeit sind kein Zufall. Den Sinn seiner Erfahrungen kann sich der Mensch erst dann bewusstmachen, wenn er erfahren hat. Erfahrungen lassen ihn reifen, wachsen und wieder ganz werden, wenn Ganzheit sein bewusster Weg der Rückverbindung mit dem Göttlichen ist. Einheit will tief im Herzen erfahren.
Die Schwere als Grundgefühl in sich anzunehmen oder einzulösen fällt schwer in einer Gesellschaft, die sich mit der Polarität des Lebens schwertut und in ihrer Ablehnung von Yin und Yang so tut, als gäbe es nur die eine, die leichte, die positive, die beschwingte, die freudvolle Seite. Sie verdrängt die dunkle Seite in den Schattenbereich, wo sie sich unbewusst entfaltet. Der Körper spiegelt die unterdrückte Seite wider. Energetisch drückt der Mensch das ja irgendwo hin, was er innerlich verdrängt. Das Verdrängte offenbart sich dann eines Tages, auch in Form von Krankheiten.
Die verdrängte Seite will mit Licht erfüllt werden, sie will bewusst integriert werden. Bewusst kann immer nur das werden, was dem Menschen vorher unbewusst war. Bewusstsein entwickelt sich.
Wenn der Mensch die Schwere nicht wahrnehmen könnte, dann könnte er auch die Leichtigkeit nicht suchen. Wenn alles vorhanden wäre, dann könnte er sich nach nichts mehr sehnen. Wenn es nur Leichtigkeit gäbe, dann könnte der Mensch das Leichte im Leben gar nicht bewusst wahrnehmen, weil ihm der Spiegel zur Erkenntnis und Suche fehlt. Wo reines Licht ist, da kann nichts außer Licht erfahren, nichts gesucht, nichts erkannt werden. Menschen haben nicht zufällig Sehnsucht nach Suche, nach Erkenntnis, nach Erfahrungen und eben auch nach Leichtigkeit.
Wer es schwer hatte, der kann es anderen bewusst leichtmachen, weil er selbst erfahren hat, dass Schwere wahrlich schwer, nicht aber unbedingt schön ist. Wer macht es anderen im Leben bewusst leicht und wer erschwert anderen den Weg?
Viele Eltern wollen ihren Kindern den Weg möglichst erleichtern und wundern sich dann manchmal, wenn sie es als Elternteil so schwer haben. Sie bekriegen dann oftmals diejenigen, die ihren Kindern den Weg erschweren. Dabei wollen sie sich doch darin erfahren, anderen den Weg erleichtern zu können. Die Sucht nach Leichtigkeit will sich erfahren.
Nicht wenige Menschen erachten Leichtigkeit und Großzügigkeit für selbstverständlich und tun sich mit gegensätzlichen Herausforderungen schwer. Wer es nie schwer hatte, wem immer alles leicht und der Erfolg in den Schoß gefallen ist, der tut sich schwer mit dem Verstehen der Schwere, bis er selber harte Nüsse im Leben zu knacken hat. Manche Nüsse sind eben auch verdammt hart. Das macht sie aus. Weich denken ist nicht.