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Achtsamkeit & Meditation

Im Rhythmus Tanzen und Singen können spirituelle Erfahrungen sein. Seit den 1960er-Jahren gibt es „Friedenstänze“ – ihr Gründer war Levi Strauss, ein Erbe der Jeans-Dynastie.

Ein junger Mann aus wohlhabendem Elternhaus beschließt, im San Francisco der 1910er-Jahre den vorgezeichneten Karriereweg nicht zu beschreiten. Sein Vater ist Vizepräsident des Textilunternehmens Levi Strauss, die Mutter eine geborene Rothschild. Der Sohn geht andere Wege, er begibt sich auf eine spirituelle Suche.

Zunächst fühlt sich Samuel Lewis von der Theosophischen Gesellschaft angezogen, insbesondere von deren Prämisse, dass alle Religionen derselben Wahrheit entspringen. Im Jahr 1919 wird er vom Mönch Nyogen Sensaki ins Rinzai-Zen eingeweiht, 1923 vom Meister Inayat Khan in die Sufi-Mystik eingeführt. Lewis kommt mit Ruth St. Denis, einer westlichen Pionierin esoterisch-exotischen Ausdruckstanzes in Berührung, geht als anerkannter Zen-Lehrer nach Asien, trifft heilige Menschen, studiert beim Swami Ramdas. Er wird als Lehrer des Bhakti Yoga (Yoga der Hingabe) und als Murshid, Sufi-Lehrer, autorisiert, beschäftigt sich mit der Kabbala sowie christlicher Mystik und ist Initiator des Ordens Sufi Ruhaniat International (Ruhaniat, von „ruh“, dem arabischen Wort für „Atem“) in der Nachfolge von Hazrat Inayat Khan.

Spirituell im Rhythmus sein

Ein spiritueller Tausendsassa, könnte man sagen, der sich nicht entscheiden konnte und die einschlägigen Praktiken und Titel sammelte wie seine Verwandten die Aufsichtsratsposten. Aber Samuel Lewis hatte anderes im Sinn, nämlich die verschiedenen Traditionen auf ihren gemeinsamen Ursprung zurückzuführen. Alle Wege, meinte er, würden auf diesen gemeinsamen Ursprung weisen, Weltreligionen seien verschiedene „Strahlen“ oder Ausdrucksformen ein und derselben Wahrheit.

Seine eigene Synthese fand Lewis schließlich im „spirituellen Tanz“, wie er es nannte. Und das kam so: Ab Mitte der 1960er-Jahre war die Bucht von San Francisco das Epizentrum der Hippie-Bewegung. Auch Lewis hielt sich immer wieder unter ihnen auf. Die Hippies waren damals Feuer und Flamme für asiatische Lehren wie Zen, Meditation oder Yoga, und er bot neben seinen Dharma- und astrologischen Lektionen auch solche über die Sufi-Gathas (die Sufi-Weisheiten nach Inayat Khan) sowie Tanzklassen an. Letztere wurden zum durchschlagenden Erfolg und Teil seines „Friedensplans für die Welt“, der darin bestand, „gemeinsam zu essen, zu tanzen und zu beten“.

Rhythmus

Für Lewis kristallisierte sich heraus, dass alle Ansätze, die er in jahrzehntelanger Suche gesammelt hatte, im Tanz ihre adäquate Ausdrucksform fanden. Der Tanz war es auch, der eine Breitenwirkung entfaltete, die bis heute, in Form der „Dances of Universal Peace“, auf Deutsch „Tänze des Universellen Friedens“, anhält. Gruppen finden in aller Welt zusammen, autorisierte Tanzleiterinnen und -leiter halten Tanzcamps, Workshops und regelmäßige Veranstaltungen ab, und zusammengehalten wird das Ganze von der Organisation Dances for Universal Peace und Vereinen auf nationaler Ebene wie Tänze des Universellen Friedens, der den deutschsprachigen Raum betreut.

Welcher Art sind die Friedenstänze? Die Wiener Tanzleiterin Dorothea Ziegler erklärt: „Es sind traditionelle Tänze, die auf heiligen Texten und Mantren unterschiedlichen Ursprungs basieren. Die Leitidee der Friedenstänze ist ihre Universalität, denn wir sehen die einzelnen Überlieferungen als gleichwertig.“ „Universal“ ist durchaus buchstäblich gemeint, denn es wird aus Überlieferungen des Buddhismus und Hinduismus, des Christen- und Judentums, des Sufismus und des Aramäischen – der Sprache Jesu – geschöpft, aber auch, beispielsweise, des Zoroaster- oder Keltentums, Afrikas sowie der amerikanischen Ureinwohner.

Es sind überwiegend Kreistänze, „von Hand zu Hand, von Herz zu Herz“, wie es heißt. Aber was unterscheidet sie von Gesellschafts- oder Volkstänzen, bei denen man sich schließlich auch glänzend unterhalten und an der Bewegung und Gemeinschaft erfreuen kann? Im Grunde alles, wenn man vom gemeinsamen Tanzen absieht. Nichts gegen Spaß – aber die Friedenstänze sind eine Praxis, bei der es um tiefe Selbst- und Gemeinschaftserfahrung geht. „Die einfachen Tanzbewegungen, Melodien und mantraartig kurzen Texte werden an Ort und Stelle erlernt. Tanz und Gesang sind weniger dazu gedacht, nach außen gezeigt beziehunsweise getragen zu werden, sondern dienen eher als Vehikel, um die Mantren innerlich zum Klingen zu bringen“, erklärt Dorothea Ziegler.


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 113: „Grenzen überschreiten"

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Die Friedenstänze sind eine Art bewegte Meditation, eine Praxis, die den Körper – Bewegung, Stimme, Atem – mit einbezieht. Samuel Lewis erklärte es so: „Was tut der Tanz für uns? Vor allem gibt er uns einen Sinn für Rhythmus, und darin liegt zugleich auch unsere Reaktion auf das Leben selbst. Er macht uns lebendiger und damit auch spiritueller. Er bringt Schönheit der Formen und Bewegung hervor, die uns erfreuen. Er trägt uns über uns selbst hinaus.“ Die Sammlung ist auf über 500 Tänze angewachsen, die alle ihre je eigene Schwingung und Stimmung haben. So können die Leiterinnen und Leiter ihr Gefühl bestimmen lassen, welcher Tanz hier und jetzt für die jeweilige Gruppe passt.

Können die Friedenstänze als „Grenzerfahrung“ gesehen werden? Dorothea Ziegler: „Mit Sicherheit – wenn man Grenzerfahrung so versteht, dass sich durch die Verbindung von Tanz, Musik, Text und Wiederholung auch neue Erlebens- und Erfahrungsräume in Richtung der eigenen Wahrhaftigkeit erschließen lassen. Auch Erfahrungen der Einheit – in der Begegnung mit der Gruppe und darüber hinaus – sind möglich. Man tanzt gemeinsam, schaut sich in die Augen – die Herzen und Seelen begegnen sich! Das kann sehr berührend sein. Nach dem Tanzen spüren wir noch eine Weile der Stille nach. Die Stille nach dem Tanz: Das ist der magische Raum.“

Die Tanzgruppe finden
Termine, Lehrer, Events und Tanzcamps im deutschsprachigen Raum findet man auf der Website der Tänze des Universellen Friedens NdL e. V. www.friedenstaenze.de

Das Camp des Tanznetzwerks befindet sich auf dem Hof Ruckhardtshausen im baden-württembergischen Öhringen. Dort werden neben Friedenstänzen auch Meditation, Frauen- und Männergruppen und weitere Formen des Miteinanders geboten. Es gibt eigene Kinder- und Jugendprogramme. Die Aktivitäten finden in einem großen Zelt statt, die Teilnehmer wohnen in ihren Zelten, im eigenen Wohnmobil oder in einer Unterkunft vor Ort. www.hof-ruckhardtshausen.de

Wer sich im Netzwerk der Friedenstänze auf internationaler Ebene umsehen, wer eine Ausbildung machen oder bei Aktionen teilnehmen will, findet alle Informationen auf: www.dancesofuniversalpeace.org

Bewusstsein üben, Tanzen und Singen in Wien bietet die Tanzleiterin Dorothea Ziegler. Infos auf www.koerpergeistundseele.net

Das Tanzwerk veranstaltet Camps in der Natur, allerdings erst 2021 wieder. www.unicorncamps.de

Tanzen für Spiritualität

Dynamische Meditation: Eine von Osho entwickelte fünfstufige Morgenmeditation, um einengende Muster des Geistkörpers zu durchbrechen. Von Phasen mit chaotischer tiefer Atmung und körperlicher „Explosion“ inklusive Schreien bis zu Abkühlpasen. Schaut wild aus – aber Osho stellt klar, dass man dabei jederzeit Zeuge des Geschehens bleiben sollte.

Derwischtanz:
Zu den Sufi-Zeremonien gehören auch die Drehtänze, die die Derwische in religiöse Ekstase versetzen sollen.

Beispiele von Mantren:
„Gesegnet sind die, die zu jeder Jahreszeit Frieden pflanzen.“
„Om Mani Padme Hum: Heil dem Juwel im Lotus.“
Herangezogen werden häufig auch Zeilen aus dem aramäischen „Vater Mutter Unser“, einer neu übersetzten und „erweiterten“ Fassung des Vaterunsers. 

 

Bild Teaser /Beitrag © friedenstaenze.de
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Harald Sager

Harald Sager

Mag. Harald Sager studierte an der Universität Wien und schreibt seit gut zwanzig Jahren vornehmlich im Lifestyle-Bereich. Aktuelle Schwerpunkte sind Reiseberichte für nationale und internationale Blätter sowie Design und spirituelle/yogische Themen.  
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