„Herr Doktor, Sie sind meine letzte Hoffnung!“ Dann packt sie einen Stapel Befunde aus. Alles wurde bereits untersucht: von oben bis unten und von unten bis oben, von innen nach außen und von außen nach innen. Wunderschöne Bilder von Kopf bis Fuß, die Blutzellen abgezählt, der Harn analysiert, einfach alles. Die Diagnose: „Sie haben nichts! Wir haben nichts gefunden, also sind Sie gesund!
Vielleicht sollten Sie zum Psychologen gehen?!“ Pflichtbewusst blättere ich durch den Stapel. Wie gesagt, alles in bester Ordnung. „Was haben Sie denn schon alles probiert, um Ihre Beschwerden loszuwerden?“, frage ich. „Ich bin von Doktor Pontius zu Doktor Pilatus gelaufen. Ich war überall. Sogar beim Psychologen. Der hat gesagt, dass es ja kein Wunder ist, dass ich depressiv bin, bei all den Schmerzen, all die Jahre lang“, sagt sie. „Aber ich meine, Sie selbst, was haben Sie selbst schon probiert?!“, frage ich. „Ich habe Globuli geschluckt, ich habe Kräuter geschluckt, Bachblüten, Vitamin D und B12 (beides gerade sehr modern!), Omega-3-Fettsäuren und Coenzym A bis Z, Kalzium und Magnesium. Ich habe auch die Schulmedizin durchgekostet mit Schmerzmitteln, Antibiotika, Antidepressiva und Cortison. Die Schmerzen haben nicht einmal gezuckt. Ich habe mir das Amalgam aus den Zähnen entfernen lassen (auch gerade sehr beliebt ...), habe all meine Narben entstören lassen, habe mehrere Entgiftungen und Ausleitungen gemacht. Ein Pendler war da, nach dessen Anweisungen wir die Wohnung umgeräumt und das Bett neu positioniert haben, welches ich zuvor neu gekauft hatte. Ich habe mir Akupunkturnadeln überall hineinstechen lassen. Ich war beim Heiler, beim Handaufleger, bei der Kräuterfrau, beim Energetiker. Ich habe eine Familienaufstellung gemacht, ich bin sogar nach Lourdes gefahren, aber nichts hat geholfen“, sagt sie.
„Was haben Sie denn schon in Bezug auf die Ernährung probiert?“, frage ich. „Warum Ernährung? Alle Ärzte haben gesagt, dass das nichts bringt! Ich soll einfach essen, was ich will!“, sagt sie. „Ja, aber Sie haben doch Bauchschmerzen, unter anderem. Glauben Sie, dass die mit bestimmten Lebensmitteln, die Sie essen, zusammenhängen?“, frage ich. „Ich habe alle Tests auf Lebensmittelunverträglichkeiten gemacht. Und ich habe alle Allergietests durchführen lassen. Nichts ist dabei herausgekommen!“, sagt sie. „Sie müssen mir helfen! Machen Sie etwas!“ Je mehr sie redet, desto stiller werde ich. Sie beschreibt mir dann noch ganz genau ihre Beschwerden, wann es begonnen hat, wann es auftritt, scheinbar ohne Zusammenhang mit irgendwelchen Ereignissen und Tätigkeiten ihres Lebens. Ich höre zu und beobachte, verstehe aber auch gar nichts. Die Erwartung der Patientin lastet schwer auf meiner Seele.
„Lassen Sie mich einmal Ihren Puls fühlen“, sage ich. Wenn ich den Puls eines Menschen fühle, ist es, als ob ich mit dem Körper direkt spreche. Manchmal werden meine Augen feucht, weil ich das Leid des Körpers im Puls richtig spüren kann und empfinde, wie es sich anfühlt, in einem Körper zu stecken, der so einen Puls hat. Auch bei dieser Patientin ist auf einmal alles klar, alles so einfach und ich erzähle ihr die Geschichte ihres Körpers: „Ich finde es großartig, was Sie schon alles auf sich genommen haben, wen Sie schon alles aufgesucht haben, um endlich von Ihren Schmerzen geheilt zu werden. Aber darum geht es nicht. Es ist wichtig, und das haben Sie wunderbar gemacht, alles Böse, was da so im Körper lauern kann, einmal grundsätzlich mit den schulmedizinischen Betrachtungsmethoden auszuschließen. Und Gott sei Dank ist dabei nichts herausgekommen. Wenn Sie das alles noch nicht gemacht hätten, hätte ich Sie genauso auf die Reise zu den Bildermachern der westlichen Medizinwelt geschickt. Das können wir also abhaken. Aber darum geht es jetzt nicht. Es geht nicht darum, was andere für Sie tun können, sondern darum, was Sie selber für sich tun können. Nicht ich kann Sie heilen. Sie müssen sich selber heilen. Viele Menschen wie Sie kommen zu mir und diese erinnern mich an einen Käfer, der auf dem Rücken liegt und alle sechs Füßchen in die Luft streckt. Ich nenne das scherzhaft ‚das Käfer-Syndrom‘. Der Käfer glaubt in dem Moment, dass er Hilfe braucht, dass er sich selbst nicht aus dieser misslichen Lage befreien kann. Doch das stimmt nicht! Nur die Füßchen in die Luft zu strecken ist zu wenig. So viel hat er noch nicht probiert, so viele Möglichkeiten können sich ihm genau in dieser Lage offenbaren, in der er sich deshalb befindet, weil er vorher etwas Falsches gemacht hat. So ist es auch bei all den Menschen. Fast immer sind Beschwerden die Rechnung für unsere Lebensführung. Natürlich gibt es Krankheiten, die wir nicht im Griff haben, die scheinbar Schicksal sind oder genetisch vorprogrammiert. Aber mit diesen fangen wir nicht an! Wir fangen dort an, wo Sie sich selbst aus Ihrer verhängnisvollen ‚Käfer auf dem Rücken liegend‘-Position befreien können.
„Irgendetwas können Sie in Ihrem Leben nicht verdauen!“
Ich bin kein Wunderheiler, wie Sie sich vielleicht erhoffen, und die Werkzeuge meines Handwerks sind die gleichen wie die der Kollegen. Sehen Sie mich mehr als einen Übersetzer Ihres Körpers. Über Ihren Puls habe ich die Möglichkeit, Ihrem Körper zuzuhören und Ihnen dann zu erklären, was er Ihnen bereits seit Jahren versucht zu sagen. Sie haben es zwar gehört, und das sind all die Beschwerden und Schmerzen, die Sie nun schon so lange begleiten, doch nicht verstanden. Wenn ich IHREN Puls fühle, fallen mir zwei Dinge auf: Erstens: Sie haben keinen Shen, keine Lebensfreude, was aber auch nicht verwunderlich ist nach all der Zeit mit all den Beschwerden. Und zweitens: Da ist so viel Kraft in Ihrem Puls, aber Sie nutzen diese Kraft nur dazu, sich anzuspannen. Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit dem Auto und stehen gleichzeitig auf Gas und Bremse. Sie wollen losfahren und müssen so viel Gas geben, damit Sie nur ein bisschen vorankommen. Und dann, nach ein paar Metern, läuft der Motor schon heiß durch das viele Bremsen, sodass Sie stehen bleiben müssen. Und durch die viele Hitze ist auch schon die Kühlflüssigkeit Ihres Autos deutlich reduziert, sodass Ihr Auto nach einiger Zeit alleine bei der Andeutung, auf das Gaspedal zu steigen, heiß läuft.
„Alles, was im Magen ankommt, sollte eine körperwarme Suppe sein!“
Die große Frage ist: Warum ist Ihr Puls und damit Ihr gesamter Körper so angespannt? Sind das alleine die Schmerzen? Nein, das glaube ich nicht. Die Antwort gibt uns die Niere. In der Chinesischen Medizin ist die Niere Symbol für all Ihre Speicher im Körper, Ihren Energiespeicher, Ihr Yang, und Ihren Substanzspeicher, Ihr Yin. Dabei steht das Yin auch für die Kühlleistung, wie die Kühlflüssigkeit Ihres Autos, und die Entspannungskapazität Ihres Körpers. Und Ihr Puls sagt: Yin ist leer. Bitte seien Sie nicht entsetzt, egal, was ich Ihnen von Ihrem Körper und Ihrem Puls erzähle! Sehen Sie es positiv: Wenn ich etwas finde, dann kann ich Ihnen helfen! Blöd ist nur, wenn ich nichts finde, weil ich dann auch nicht weiß, was im Körper los ist, weil der Puls mir ja nichts sagen möchte. Aber das ist bei Ihnen ja nicht der Fall! Zurück zu Ihrem Puls und Ihrem Körper: Die Speicher sind leer und so kann ich mir den Rest, vor allem, weil Sie mir ja auch Ihre Zunge gezeigt haben, welche neben Rötungen am und Rissen im Zungenkörper viel Feuchtigkeit und Schleim in Form eines dicken Zungenbelages aufweist, zusammenreimen: Irgendetwas können Sie in Ihrem Leben nicht verdauen! Und ‚gut verdauen können‘ müssen Sie, damit Ihre Mitte genug Qi und Blut herstellt, um alles im Körper gut am Fließen zu halten. Wenn wenig da ist, fließt wenig, und das wenige lässt sich sehr leicht blockieren und schon haben Sie all Ihre Schmerzen. Ihr Puls und damit Ihr Körper sind so angespannt, weil SIE sich so zusammenreißen, um ‚weiterzumachen‘. Und diese Spannung macht dann auch wieder Schmerzen. Und weil Ihnen alles so wehtut, spannen Sie sich noch mehr an und verzweifeln zunehmend und das wiederum verstärkt Ihre Anspannung, erhöht Ihre Erschöpfung und mehrt Ihre Schmerzen: ein Teufelskreis. Aus dem kommen wir dann heraus, wenn wir herausfinden, was Sie nicht verdauen können! Das muss nicht das Essen sein, das können auch Emotionen, Gefühle sein.
Die Chinesen sagen: Zwei Drittel aller Erkrankungen entstehen aus einem Ungleichgewicht der Gefühle: zu viele wie Aggression, Wut, Trauer und Ängste oder zu wenige wie Liebe, Lebensfreude aus Glück und Sicherheit. Und wenn dieses Ungleichgewicht viele Jahre besteht und Sie sich dessen nicht bewusst sind oder es im Gegenteil bewusst verdrängen oder leugnen, reißen Sie sich viele Jahre in Ihrem Körper zusammen – denken Sie an das gleichzeitige Stehen auf Gas und Bremse! –, was Sie erschöpft und verhindert, dass alles im Körper gut fließt. Das ist nämlich die Definition von Gesundheit in der Chinesischen Medizin: „Alles muss gut fließen!“ Vielleicht hat Ihre Krankheitsgeschichte schon in der Kindheit begonnen, zum Beispiel bei einem Konflikt mit den Eltern, über den dann nie wieder geredet wurde, wodurch Sie ihn nie verdaut haben, oder nach einer Ihrer Geburten, bei der Sie viel Blut verloren haben und sich von der körperlichen und emotionalen Erschöpfung nie ganz erholt, dafür aber gelernt haben, wie man sich zusammenreißt und wie man mit all der Belastung – dem Alltag mit den Kindern und dem Haushalt, dann noch ein Ehemann, dann noch ein Beruf und immer lächeln – umzugehen hat. Vielleicht haben Sie aber auch, ganz banal, einfach einen schwachen Verdauungsapparat und konnten noch nie gut verdauen. Dadurch, dass Sie darauf nie Rücksicht genommen haben, weil Sie es ja nicht besser wussten und auch die Ärzte gesagt haben, dass wenn alle Tests unauffällig sind, Sie essen können, was Sie wollen, haben wir heute das ganze Unverdaute in Ihrem Körper herumliegen, was wir eben Feuchtigkeit und Schleim nennen, was Sie zu einer Art Gummibärchen macht und Sie können sich sicher vorstellen, dass in einem Gummibärchen nicht wirklich alles gut fließt!“, sage ich. „Ja, aber wie komme ich aus dem heraus? Wo fange ich an?“, fragt sie. „Gut gefragt!“, sage ich. „Es geht darum, dass Sie ANFANGEN! Wir machen es so wie ich mit meinem Computer: Wenn ich mich nicht mehr auskenne, warum er nicht gut funktioniert, drehe ich ihn ab und starte ihn neu: Reset! So machen wir es bei Ihnen! Wir lassen einmal die Vergangenheit ruhen, weil diese und eine Psychotherapie könnten Sie jetzt eh noch nicht verdauen, und konzentrieren uns auf das Jetzt und das Morgen.
„Ich bin nur der Wegweiser, der die Richtung zeigt. Gehen müssen Sie selber!“
ALSO, ab sofort ein warmes, gekochtes Frühstück, ab sofort drei Mal täglich warm essen, am besten immer etwa zur gleichen Zeit – Sie brauchen Struktur! –, ab sofort gut Zeit lassen beim Essen und gut kauen, ab sofort abends nicht mehr spät essen („Umso später, desto Suppe!“).
Denken Sie an meinen Ausspruch: Alles, was im Magen ankommt, sollte eine körperwarme Suppe sein! Entweder fabriziert Ihr Mund diese Suppe oder Ihr Topf auf dem Herd! Und dann lassen wir immer probeweise eine Komponente der möglichen Unverdaubarkeiten Ihrer Nahrung weg: Beginnen wir einmal mit den Milchprodukten: Die lassen Sie ganz weg, außer Butter, die lassen wir gelten! Dann lassen Sie probeweise Gluten für drei Wochen ganz weg und beobachten, wie es Ihnen geht und ob Ihr Zungenbelag weniger wird. Wir können das Gleiche noch mit Histamin und Fructose und allem Tierischen machen. Aber aus meiner Erfahrung hat das Gluten seit ein paar Jahren bei uns ständig seine Finger im Spiel. Und denken Sie daran: Das Wichtigste ist nicht, was Sie essen und zu sich nehmen, sondern was Sie NICHT essen und NICHT zu sich nehmen! Und damit alles ein bisschen schneller geht, bekommen Sie noch ein paar chinesische und westliche Kräuter von mir. Sehen Sie diese als ‚Substral‘ für Ihren Körper! Und damit es gleich ein bisschen besser fließt und hoffentlich Ihre Schmerzen weniger werden, bekommen Sie noch eine Akupunktur auf meine Art!“ Und so rede ich tagein, tagaus mit meinen Patienten und seit ich vor Jahren das Prinzip der Selbstheilung endlich verstanden habe, nämlich, dass es wirklich um das SELBERMACHEN geht, passieren die Wunder wirklich. Ich bin nur der Wegweiser, der die Richtung zeigt. Gehen müssen Sie selber!
Ihr
Kräuterdoktor Georg Weidinger