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Achtsamkeit & Meditation

Wie Meditation durch fünf einfache Schritte zur Routine im Alltag wird. Vorsätze sind eine Herausforderung. Eine tägliche Meditation wäre doch eine gute Sache, haben sich sicher viele schon gedacht. Und haben begonnen, sich täglich Zeit dafür zu nehmen.

Zum Beispiel morgens, gleich nach dem Aufstehen. Doch dann steigt einem beim Aufwachen der Kaffeeduft in die Nase, der Partner hat ein Frühstücksei gekocht. Oder aber es ist der innere Schweinehund, der einen noch ein bisschen weiterschlafen lassen will. Es gibt viele Ablenkungen, die den Weg auf die Meditationsmatte verstellen. Und irgendwann stellt man fest: Ich bin am Vorsatz gescheitert, obwohl er eigentlich doch so klar und so stark war.

Fast wünscht man sich dann, man hätte keine Wahl. Wäre ein Mönch oder eine Nonne in einem Kloster. Der Gong würde morgens erschallen und wir würden so wie alle anderen auch in die Meditationshalle eilen und es gäbe gar kein Entkommen. Wer allein auf sich gestellt ist, dem fallen Vorsätze schwerer.

Auch die Motivation selbst ist wankelmütig. Beim ersten Meditationsversuch sind sie noch zuversichtlich. „Ich fühle mich großartig“, höre ich immer wieder von Menschen in unserem Zen-Zentrum, die gerade meditiert haben. Die Meditation tut ihnen von Anfang an gut, die meisten wollen eigentlich dranbleiben. Doch dann ist es die Regelmäßigkeit, die Integration in den Alltag, die schwerfällt.

Es gibt also diesen seltsamen Widerspruch: Da ist etwas, das einem guttut, und trotzdem schafft man es nicht, sich dazu durchzuringen. Der Alltag ist für die meisten schon ohne Meditation voller Aktivitäten. Vertraute Routinen gehörten verändert, vielleicht sogar Gewohnheiten aufgegeben. Oder morgens früher aufstehen. Es ist schwer, Neues auszuprobieren. Da ist Willenskraft also auch ein Thema.

Jahrelang denke ich also schon darüber nach, warum es manchen gelingt, ihre Vorsätze umzusetzen, und anderen nicht. Kann Willenskraft unterschiedlich stark sein? Geht es um Konsequenz, Talent oder Disziplin? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es immer auch um die Stolpersteine geht, die einem einen Strich durch die Rechnung machen. Die wenigsten machen sich über die Hindernisse Gedanken, die sich einem Vorsatz in den Weg stellen können.

Denn es gibt Beispiele dafür, wie es funktionieren könnte, Dinge zur Gewohnheit werden zu lassen. Putzen Sie sich täglich die Zähne? Die meisten von Ihnen können diese Frage wohl mit Ja beantworten. Und freuen Sie sich drauf? Ziemlich wahrscheinlich nicht. Allerdings: Wer nicht putzt, dem fehlt doch etwas. Der Schlüssel scheint also in einer Form des Automatismus zu liegen. Insofern lässt sich vom Zähneputzen lernen, wie tägliches Meditieren funktionieren könnte.

Voraussetzung dafür ist die Entscheidung, einer neuen Gewohnheit eine Zeit lang oberste Priorität einzuräumen. Es ist eine Art Pakt mit sich selbst. Vorbild für diese Verhaltensregel sind Eltern, die ihren Kindern das tägliche Zähneputzen verordnen. Jeden Morgen, jeden Abend. Keine Ausnahmen. Genauso entschlossen könnte man es mit der Meditation angehen. Es geht darum, sie fix im Alltag zu verankern.

Meditation

Dabei gilt es fünf Punkte zu beachten:

Erstens: Bereiten Sie sich vor
So wie Eltern dafür sorgen, dass Zahnbürste und Zahnpasta bereitstehen, genauso gilt es, Bedingungen fürs Meditieren zu schaffen. Es geht darum, sich einen Ort einzurichten, an dem eine Matte oder ein Sitzkissen liegt. Und es gilt auch, eine genaue Uhrzeit für die Meditation festzulegen. Ich benutze gerne den Begriff des ‚Gewohnheitssandwichs‘. Ein Sandwich besteht aus zwei Scheiben Brot, dazwischen die Füllung. Genauso besteht ein Gewohnheitssandwich aus zwei fixen Routineabläufen, zwischen die sich die Meditationszeit hinein platzieren lässt. Ein Beispiel: Sie stehen jeden Tag auf, putzen sich die Zähne und schalten danach die Kaffeemaschine ein. Insofern könnte zwischen Zähneputzen und Morgenkaffee eine gute Zeit für die Meditation sein.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Meditation am Morgen besser als abends funktioniert. Morgens gibt es bei den meisten fix etablierte Abläufe. Am Abend können ein Kinobesuch, eine Verabredung mit Freunden oder Überstunden im Büro eine Routine über den Haufen werfen. Wer morgens zwischen Zähneputzen und Kaffeetrinken meditiert, behält ein Morgenritual bei.

Es ist hilfreich, die Familie in die Pläne einzubeziehen, sie um Unterstützung zu bitten. So könnte man den Partner bitten, das Frühstücksei so zu kochen, dass sich die Meditation ausgeht. Auf diese Weise verankern sich neue Routinen leichter und die Umgebung weiß, dass man es wirklich ernst mit dem Vorsatz meint.

Zweitens: Fangen Sie klein an
Der Anfang ist die größte Hürde. Deshalb sind kleinstmögliche Einheiten empfehlenswert. Etwa so: Nehmen Sie sich vor, am ersten Tag nur zu Ihrem Meditationskissen hinzugehen und sich in der richtigen Haltung hinzusetzen. Spüren Sie, wie sich das Sitzen anfühlt – eine Minute lang, nicht länger. Am nächsten Tag steigern Sie das Sitzen auf zwei Minuten, am dritten auf drei Minuten. Dann bleiben Sie eine Woche lang bei fünf Minuten. In der zweiten Woche steigern Sie wieder um eine Minute täglich, bis Sie zehn Minuten erreicht haben. Bleiben Sie dann zwei Wochen lang bei zehn Minuten.

Drittens: Genießen Sie es
Richten Sie Ihren Meditationsplatz so ein, dass Sie sich darauf freuen. Wenn Sie Räucherstäbchen mögen, zünden Sie eines an. Stellen Sie eine Vase mit einer Blume neben das Kissen. Auch Belohnung funktioniert. Eine gute Tasse grüner Tee nach Abschluss zum Beispiel. Wenn Sie Gedichte mögen, dann lesen Sie jeden Tag eines nach Abschluss. Oder Sie erfreuen sich ganz einfach an der wunderbaren Stille nach einer Meditation.

Viertens: Bauen Sie Kontrolle ein
Ein Beispiel vom Zähneputzen: Wenn es ans Zähneputzen geht, sind Eltern meist in der Nähe. Auch meine Mutter. Ich erinnere mich aber, dass ich einmal keine Lust auf Zähneputzen hatte und schnell ins Bett ging. Meine Mutter schimpfte, ich konnte mir aber nicht erklären, warum sie mein Nichtputzen bemerkt hatte. Mein Bruder verriet mir, dass sie stets fühlte, ob die Zahnbürste nass war.

Was ich sagen will: Kontrolle von außen ist ein Faktor. Gerade beim Meditieren kann es hilfreich sein, sich einer Gruppe anzuschließen oder sich einen ‚Buddy‘ zu suchen und mit ihm Vereinbarungen zu treffen. Etwa jene, sich zehn Wochen lang zu einer verabredeten Zeit in einer Meditationsgruppe zu treffen. Es gibt aber auch neue Wege: So könnte man den Vorsatz, zu meditieren, auf Social-Media-Kanälen posten.

Auch Eigenkontrolle und die Dokumentation von Erfolgen ist wichtig. Schreiben Sie täglich auf, dass Sie es geschafft haben. Ich habe zwei Jahre lang jeden Tag in meinen Kalender eingetragen, wie lange ich meditiert habe. Am Ende des Jahres habe ich die Stunden, Tage und Wochen zusammengezählt – und war ganz zufrieden. Das Ergebnis des folgenden Jahres wiederum fand ich weniger toll. Es gibt auch schon Apps, die einem helfen, bei der Sache zu bleiben. Ein ernst gemeinter Vorsatz zeigt sich, wenn er zum festen Teil einer Person geworden ist.

Fünftens: Wiederholen Sie
Noch einmal will ich den Vergleich mit dem Zähneputzen bemühen: Die meisten putzen ihre Zähne auch dann, wenn sie spätabends und hundemüde nach Hause kommen. Wer nicht putzt, dem fehlt etwas. Es waren die unzähligen Wiederholungen, die etwas zur Gewohnheit gemacht haben.

Die Psychologin Philippa Lally vom University College London hat untersucht, wie lange es dauert, eine tägliche Gewohnheit zum Automatismus werden zu lassen. Ihr Ergebnis: Es sind 66 Tage. Es geht also darum, zwei Monate und eine Woche lang durchzuhalten und dabei keinen Tag auszulassen.


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 101: „So schaffen wir Frieden"

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Kalkulieren Sie allerdings auch Unterbrechungen ein. Es gibt Situationen, in denen Meditation einfach nicht möglich ist, ein krankes Kind zum Beispiel. Der Kompromiss könnte dann sein, sich wenigstens ein paar Minuten auf das Meditationskissen zu setzen. Auch Urlaube können einen aus dem Konzept bringen. Insofern ist eine genaue Planung im Voraus empfehlenswert. Und weil Urlaub immer anders als Alltag ist, sollte man sich auch auf einer Reise überlegen, wann eine gute Zeit für die Meditation sein könnte. Und der Reisepartner sollte informiert sein, um Rücksicht nehmen zu können.

Das Fazit: Wer wirklich meditieren will, sollte sich hundertprozentig dafür entscheiden und dann die eben skizzierten fünf Schritte einhalten: „Bereiten Sie sich vor, beginnen Sie klein, genießen Sie, bauen Sie Kontrolle ein und wiederholen Sie.“ Eines kann ich aus Erfahrung sagen: Mit diesem Programm ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das Ziel zu erreichen.

Tipp zur Vertiefung: Fleur Sakura Wöss, Innehalten. Zen üben, Atem holen, Kraft schöpfen. Kösel Verlag 2017

Bilder © Pixabay

Dr. Fleur Sakura Wöss

Dr. Fleur Sakura Wöss

Dr. Fleur Sakura Wöss ist Leiterin des Zen-Zentrums Mishoan in Wien, sowie Coach und Japanologin. Sie schreibt den Blog www.fleurszenblog.com
Kommentare  
# Sebastian 2019-05-03 11:56
Danke für diese Tipps!
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# Maria 2022-01-20 13:38
Sehr gute Tipps ! Danke!
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# Katja 2023-04-26 12:40
Ich finde es sehr hilfreich, nicht mehr zwischen der Meditation und dem Alltag zu unterscheiden. Also, hier ist mein MeditationsKissen und dort ist der Alltag. Das ganze Leben ist Meditation. Es ist keine Technik, die man anwendet. Ich versuche z.B. mich so oft wie möglich einmal daran zu erinnern, einen Atemzug bewusst wahrzunehmen und mir (gemäß Thich Nhat Hanh ) beim Einatmen zu sagen „I have Arrived“, beim Ausatmen „ I’m home“. Das erinnert mich daran, dass ich nirgendwohin kommen muss, es nichts zu erreichen gibt. Oder beim Karotten schälen ganz präsent sein, die Schale zu bestaunen, den Geruch riechen, die Füße auf dem Boden dabei spüren.
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