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Achtsamkeit & Meditation

Zunächst denkt man bei ‚Sangha’ an den gesamten buddhistischen Orden, vor allem an die Mönche, aber auch an die Nonnen. Zu diesem Sangha kann man vernünftigerweise keine Zuflucht nehmen, hat doch der buddhistische Orden nach dem Zeugnis der kanonischen Schriften von Anfang an, also schon zu Buddhas Zeit, massenhaft Gesindel angezogen.

Buddha sah sich darum schrittweise genötigt, immer neue Ordensregeln zu erlassen, weil irgendwelche Schlaumeier wieder ein Schlupfloch gefunden hatten, um sich wenig würdig zu benehmen. Aber auch nach dem Erlass aller 227 oder mehr Ordensregeln ist der Orden eine Brutstätte für unwürdiges Gesindel geblieben. Die Privilegien der Ordensangehörigen sind einfach so, dass sie zum Missbrauch einladen. Es ist wie in allen Religionen: Wenn es Funktionäre gibt, die von der Religion leben, ist es zum Nachteil der Religion.

So kann ich nicht zum Gesamtorden Sri Lankas Zuflucht nehmen, der nicht gegen die hohen Mönche vorgeht, die Hassprediger gegen die Tamilen sind. Der Orden Burmas ist keine Zuflucht, da er sich mit allen Mitteln gegen Reformen und Beseitigung von Missbräuchen wehrt. Der Orden Thailands leidet unter der schwachen Führung durch Reaktionäre, denen Streitigkeiten über den Besitz von Tempeln wichtiger sind als die in den letzten dreißig Jahren rapide zunehmende Korruption vieler Mönche. Der Zen-Orden Japans war ein übler Kriegshetzer im Zweiten Weltkrieg. Viele Orden Nordamerikas sind vor allem durch Sex-Skandale und Guruismus bekannt geworden. Ich könnte die Liste beliebig weiterführen.

Sangha

Ja, es gibt Mönche und Nonnen, zu denen ich Zuflucht nehmen könnte. Es gibt Klöster, in denen ich Zuflucht suchen würde. Es gibt Mönche, denen ich sehr viel verdanke. Der schlichte Abt des thailändischen Klosters, in dem ich 1978 Mönch war, hat mir in acht Monaten durch seine Lebensweise mehr Einsichten über den Buddhismus vermittelt als mein jahrzehntelanges Studium. Doch nein, der buddhistische Orden als Ganzes ist keine Zuflucht für mich.

Als Sangha wird auch jede Versammlung von mindestens vier Mönchen oder Nonnen bezeichnet. Da es unzählige solche Sanghas gibt, ist das viel zu unbestimmt, um Inhalt der dritten Zufluchtsformel zu sein.

Was bedeutet hier also Sangha?

Die Antwort gibt die Saṅghānussati, die ‚Vergegenwärtigung des Sangha’. Dort wird der in der Zufluchtsformel gemeinte Sangha definiert als ‚die vier Menschenpaare, die acht einzelnen Menschen’. Diese zunächst geheimnisvoll erscheinende Formulierung ist für Kundige ganz eindeutig. Vereinfacht gesagt: ‚Sangha’ bedeutet hier die Menschen, die eines der vier Stadien der Erlösung verwirklicht haben, also diejenigen, die den Weg Buddhas gegangen sind und zu Recht Heilsgewissheit haben. Es sind dies: Stromeingetretene (sotāpanna), Einmalwiederkehrer (sakad-āgāmī), Nicht-Wiederkehrer (an-āgāmī) und restlos Erlöste (arahanta). Für Kenner: Da jede dieser Stufen aus Weg (magga) und Ziel (phala) besteht, sind es 4 x 2 = 8 Einzelmenschen.

So verstanden macht die dritte Zuflucht Sinn. Buddha (die erste Zuflucht) mag mir als noch so imponierende Lehrerpersönlichkeit erscheinen und seine Lehre (die zweite Zuflucht) mag mich noch so überzeugen, ich könnte trotzdem zweifeln, ob die Methode Buddhas etwas für normale Sterbliche wie mich ist. Ich bewundere Einstein und die Relativitätstheorie, doch das ist für mich zu hoch. Darum die dritte Zuflucht: die Überzeugung, dass Menschen wie du und ich mit der Methode Buddhas so weit gekommen sind, dass sie der Beendigung des Leidens sicher sein können. Glücklich, wer solche Menschen kennt, ohne den Illusionen des Guruismus verfallen zu sein! Sonst sollte man die dritte Zuflucht ehrlicherweise weglassen.

 

Lesen wir nun die Saṅghānussati, die ‚Vergegenwärtigung der Gemeinschaft der Erlösten’:

„Die Gemeinschaft der Jünger des Ehrwürdigen hat (die Lehre) gut praktiziert, geradeaus praktiziert, in rechter Weise praktiziert, richtig praktiziert hat die Gemeinschaft der Jünger des Ehrwürdigen, nämlich die vier Menschenpaare, die acht einzelnen Menschen.“

So weit, so gut. Was jetzt folgt, spekuliert wohl darauf, dass man Sangha auch als buddhistischen Orden im Allgemeinen versteht:

„Diese Gemeinschaft der Jünger des Ehrwürdigen ist würdig der Opfergaben, würdig der Gastlichkeit, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtvollen Grußes, ein unübertreffliches Verdienstfeld für die Welt.“

Stimmt ja, aber warum muss man das so herausstreichen? Das führt doch dazu, dass man denkt: Ihr Mönche und Nonnen seid genauso auf eure Vorteile bedacht wie alle Menschen. Ginge es nicht etwas bescheidener?

Denn leider gilt entsprechend auch für viele buddhistische Ordensangehörige, was Nikolaus Lenau (1802-1850) über den ‚Geldgierigen Pfaffen’ (1832) gedichtet hat:

„Der Pfaffe weiß mit Dampf, Gesang und Glocken,
Mit Mummerei, Gebärd und schlauem Segen
Den Pöbel zum Guckkasten hinzulocken,
Worin sich Höll und Himmel bunt bewegen.
Derweil, entzückt, der Pöbel, und erschrocken,
Ans Wunderloch nun tut das Auge legen,
Umschleichet ihn der Pfaffe, aus den Taschen
Die schweißgetränkten Kreuzer ihm zu haschen.“

„Wer mit einem Finger auf andere zeigt, zeigt mit drei Fingern auf sich selbst“ (Gustav Heinemann). Als ich vor einiger Zeit einen raffgierigen buddhistischen Abt erlebte, dachte ich mir: „Loisl, an seiner Stelle könntest du sein, wenn du buddhistischer Mönch geblieben wärst. Wärst du wirklich anders als dieser? Hättest du den Versuchungen durch wohlhabende Verehrer widerstehen können? Wärst nicht auch du allmählich in das Fahrwasser der Korruption geschlittert?“ Meine Antwort war ziemlich pessimistisch.

 

Bilder © Unsplash

Alois Payer

Alois Payer, geboren 1944, studierte und lehrte an verschiedenen Universitäten und Hochschulen Indologie, Buddhologie und Religionswissenschaften
Kommentare  
# Uwe Meisenbacher 2018-01-13 18:12
Hallo Herr Payer,
das ist eine sehr gut gemachte, Realität entsprechende Analyse und Aufklärung, über heilsame und nicht heilsame buddhistische Orden und deren Mönche und Nonnen.

Mit freundlichen, aberglaubensfreien, heilsamen, buddhistischen Grüßen
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