Hier finden Sie einen Auszug von "Alles willkommen heißen mit Jon Kabat-Zinn" von Ursula Gramm, aus Ursache\Wirkung №. 129: „Kraftquellen".
Eine Woche mit dem Pionier der modernen Achtsamkeitsbewegung Jon Kabat-Zinn und seinem Sohn Will in Salzburg. Zeit, um alles willkommen zu heißen und im stillen, offenen Gewahrsein zu verweilen.
Voller Vorfreude fahre ich Ende März 2024 nach Salzburg zu einem Retreat mit Jon Kabat-Zinn, das er gemeinsam mit seinem Sohn Will abhält. Bereits vor einem Jahr habe ich mich angemeldet und gehöre nun zu den 180 Glücklichen, die per Los einen Platz ergattert haben.
Jon Kabat-Zinn ist einer der bekanntesten Vertreter der Achtsamkeitsbewegung.
Als Begründer von MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction, Stressbewältigung durch Achtsamkeit) hat er Achtsamkeit und Meditation säkularisiert und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In den letzten Jahren spricht er vermehrt auch von den buddhistischen Wurzeln dieses Programms, das in den Anfängen vor allem im Gesundheitssektor angewandt wurde.
Was und wie unterrichtet er heute? Warum erreicht er so viele Menschen? Und wie ist er so als Mensch? Besonders neugierig bin ich auf das Zusammenspiel mit seinem Sohn, der selbst auch ein erfahrener Dharma-Lehrer ist.
Die 180 Teilnehmenden stammen aus allen möglichen Ländern. Jon und Will sprechen Englisch und achten darauf, dass alle sie verstehen. Mühelos schaffen sie eine vertrauensvolle und freundliche Atmosphäre. Schnell merkt man, dass sie ein eingespieltes Team sind, das sich die Bälle locker zuspielt.
Zu Beginn geben sie die Frage „Was führt dich hierher?“ in den Raum. Sogleich scheinen viele Themen auf: persönliche Krisen, Sorge um die Lage der Welt aufgrund der Kriege und der Klimakatastrophe, Neugier auf die beiden bekannten Lehrer. Schnell wird klar, dass viele der Teilnehmenden Jon von seinen Onlineretreats kennen, die er in der Anfangsphase von Corona kostenlos abgehalten hat und an denen teilweise mehr als 1.000 Menschen teilgenommen haben. Für diese Unterstützung sind ihm viele noch immer unendlich dankbar.
Kein Plan, keine Agenda
Mit den inzwischen berühmt gewordenen Worten „Es gibt nichts zu tun, nichts zu erreichen“ laden Jon und Will alle ein, sich auf ihre direkte, unmittelbare Erfahrung einzulassen, ganz ohne Plan oder Agenda. „Ihr müsst noch nicht mal gute Meditierende sein“, fügt Jon mit einem Augenzwinkern hinzu. Stattdessen sollen alle „den Willkommensteppich ausbreiten“ für das ganze Spektrum der menschlichen Erfahrung. Sich für all das, was im gegenwärtigen Moment geschieht, und sei es noch so banal, unerfreulich oder gar unangenehm, öffnen, statt es weghaben zu wollen.
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Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 129: „Kraftquellen"
Die Anleitungen entsprechend denen einer klassischen Achtsamkeitsmeditation: sich im Körper und seinen Empfindungen verankern. Bemerken, wie schnell wir in Gedanken abschweifen und beurteilen – und dass das völlig normal ist. Bemerken, wie der Geist, sobald es ihm langweilig wird, damit beginnt, Geschichten zu erfinden, in denen das Ich der Hauptdarsteller ist.
Wenn Menschen zu meditieren beginnen, denken sie häufig, Gedanken loswerden zu müssen. Doch Gedanken sind immer vorhanden, denn es ist die normale Funktion des menschlichen Gehirns, unablässig Konzepte zu produzieren. Entscheidend ist, sie als mentale Vorgänge zu erkennen, die nicht unbedingt wahr sein oder werden müssen.
Gelingt es, Gedanken einfach neugierig zu betrachten? Kann man sich möglicherweise sogar darüber amüsieren, welche Kapriolen sie schlagen? Und vor allem: Können wir sehen, wie die Geschichte, die wir uns selbst darüber erzählen, die Wahrnehmung beeinflusst?
Ich finde gut in die Meditation hinein. Ich werde schnell ruhiger, und vor allem die Geräusche, die vielen Vogelstimmen, die durch die geöffneten Fenster dringen, und der sanfte Wind, der mir über das Gesicht streicht, unterstützen mich dabei, den inneren Raum auszudehnen und mich selbst als Teil darin wahrzunehmen.
Nur morgens bei Frühstück falle ich aus meiner meditativen Stimmung. Lange Schlangen bilden sich an den Kaffeeautomaten. Nur drei für 180 Teilnehmende! Mein kritischer Geist schreit laut nach Optimierung des Frühstücks-Workflows. Gleichzeitig grinse ich innerlich über mich selbst, denn während ich anstehe, könnte ich doch ungestört den Anblick der von der Morgensonne angeleuchteten Berge genießen. Aber wenn es um den Morgenkaffee geht, kenne ich kein Pardon!
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